Herbert Otterstädt an Gottscheer Volksgruppen u. SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter(1), 03.03.1938.

   


Otterstädt(2)
Ulm, DJH

19/38
Ulm, den 3.3.38

Kam.
Willi Lampeter

Hohenheim
Studentenschaft


Lieber Willi!

Nachrichten aus Gottschee besagen folgendes: Die Pflüge sind noch nicht angekommen und werden drüben erwartet.

Dein Brief an Sophie Kren hat böses Blut verursacht. Er wird als Unverschämtheit angesehen, nachdem Du 11/2 Jahre nichts hören liessest und nun in einem Ton redest, als ob Du Schulbuben vor Dir hättest, die man nach Belieben "von oben herab" loben kann, und deren Meinung aus "Hitzköpfen" stammt. Man erwartet, dass Du Dich etwas mehr in die gegebene Lage drüben hineinversetzt, um zu verstehen, dass es einem drüben "heiss" werden kann und man knüpft daran die Frage, wann Du kommst, damit Du "endlich" einmal spürst, wie sich die fetten Jahre gründlich geändert haben. Man lehnt vor allem eine Beurteilung der gegenwärtigen Lage von hieraus ab und ist der Meinung, dass der am besten die Lage beurteilen könnte, der mit beiden Beinen selbst im Kampfe steht. Verantwortung kann nur der tragen, sagt man, der an Ort und Stelle steht.

Ich habe Dir die Stimmung wiedergegeben, die man mir schildert. Inwieweit man recht hat, kann ich nicht beurteilen. Aber ich halte es für angebracht, Briefe an Menschen, die seit Jahren im Kampfe stehen und mit den Nerven tatsächlich allmählich aufgerieben werden, möglichst sachlich und so abzufassen, dass sie Kraft und Mut geben, statt neuerliche Belastung zu werden. Du musst Dir klar sein, dass sich hier Menschen einsetzen, die täglich unter der drückenden Last von grossen Aufgaben und Verantwortung stehen und die dann keinesfalls gewillt sind, sich vom kommenden "Führer" wie man spöttisch bemerkt, übers Maul frisieren lassen. Man legt bei aller Reizbarkeit dann solche Dokumente leicht als "Grössenwahnsinn" aus, selbst wenn von Dir aus ernster Wille vorhanden ist. Ich habe kein Interesse daran, an Kompetenzstreitigkeiten teilzunehmen, aber es würde von vornherein für Dich eine Belastung bedeuten, wenn man Dir auf Briefe hin mit Misstrauen begegnen würde. Du verstehst mich bitte recht. Du musst Dir klar, dass nicht alle drüben Bauern sind, die man schieben kann und dass nicht jeder Bauer blindlings folgt.

Ich bin ausdrücklich gebeten worden, Dir obige Nachricht und obige Wünsche nach Herstellung eines anständigen Briefverkehrs zu übermitteln.

Mit kameradschaftlichen Gruss.




  Heil Hitler!




Anmerkungen:

(1) Der Gottscheer Volksgruppen u. SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter (*22.01.1916), hatte bereits 1931/32 in der Gottschee eine sog. "Geheime Schülergruppe" gegründet, die in die bäuerliche Jugend hinaus, das nationalsozialistische Gedankengut verbreiten sollte. Mit Arbeits-, und Zeltlagern wurde die Jugend zum Nationalsozialismus den "Glauben an den Führer" verführt.

Gerd Simon, Uni-Tuebingen -
http://homepages.uni-tuebingen.de/gerd.simon/gottschee.pdf.: ... wir finden ihn in der Folgezeit in einer SS-Einheit in Buchenwald. Am 1.1.1945 wird er ins SS-Hauptamt versetzt. Nach dem 2. Weltkrieg war er nichtsdestoweniger preisgekrönter Professor für Agragwissenschaft in der DDR.

Lampeter schreibt unter anderem in seinem Bericht
"Die Gottscheer Volksgruppe 1930 - 1942":
... mit dem Jahrgang 1938 gelang es nach zähem Ringen die Leitung der "Gottscheer Zeitung" zu übernehmen, um auch auf diesem Wege dem Gottscheer allseits beeinflussen zu können. Bis dahin wurde das dreimal im Monat erscheinende Blatt von der Geistlichkeit geführt, die es verständlicher Weise nur ungern aus der Hand gab. Der erst ein Jahr später unternommene Versuch, ihr auch den "Gottscheer Kalender" zu entreissen, misslang an der Zähigkeit der alten Pfarrer, die in der Jugend die Vertreter des deutschen "Neuheidentums" witterte. Ein sprechender Beweis für die immer einheitlichere Ausrichtung der Volksgruppe ist die Feier des 50. Führergeburtstages (Adolf Hitler) in der Nacht vom 19.-20. April 1939. Nach vorheriger stiller Verabredung entflammten am 19. abends auf allen Bergen weitleuchtende Höhenfeuer, ihr Widerschein spiegelte in den Augen aller Gottscheer und brachte die Gegner in ohnmächtigen Zorn. All das Rennen und Bergsteigen der Gendarme konnte die Zeichen der Treue zum Führer nicht wegfegen .... usw.

... Am Ostersonntag, den 13. April, wurden auf Befehl des Volksgruppenführers die Hakenkreuzfahnen im Gottscheerlandes gehisst! Schon Monate vorher sind sie von bebenden Frauen- und Mädchenhänden genäht worden und mussten versteckt gehalten werden. Am gleichen Tage wurde die kommissarische Leitung der Bezirkshauptmannschaft vom Mannschaftsführer Wilhelm Lampeter übernommen. Die Volksgruppe wartete stündlich auf das Erscheinen der deutschen Truppen, sie kamen nicht. Als die Ordnung im Lande hergestellt war, marschierten die verbündeten italienischen Truppen ein. Am 20. April wurde die zivile Gewalt den Vertretern des italienischen Staates übergeben. Für die Volksgruppe gab es in diesen Tagen nur die einzige brennende Frage: was wird mit uns? Bei seinem Besuch im befreiten Marburg (26.04.1941) wurden dem Führer auch die Vertreter der Gottscheer Volksgruppe vorgestellt. Der Führer bestätigte ihnen, die vom Reichsführer-SS (Heinrich Himmler) bereits am 20. April gemachte Mitteilung über das zukünftige Schicksal der Volksgruppe. Somit hatte die 600-jährige volksdeutsche Sendung dieses deutschen Vorpostens ihre Aufgabe erfüllt. Neue Aufgaben warten die Gottscheer Deutschen im südöstlichstem Kreise Grossdeutschlands. Der Sommer des vergangenen Jahres galt der Vorbereitung auf die kommende Zeit. Über die praktischen Vorarbeiten für die Umsiedlung im Herbst ging eine grosse geistige Umstellung vor sich. In gut gestalteten ganztägigen Sonntagsfeiern auf den höchsten Bergen der Heimat richteten alle Heimkehrer beim Hissen der Hakenkreuzfahne ihren Blick auf Deutschland ..... usw.

Prof. em. Dr. Wilhelm Lampeter ist Ehrenmitglied der Gottscheer Landsmannschaft und erhielt 1996 den Theodor-Roemer-Preis der Gesellschaft der Freunde der Landwirtschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg e.V.

(2) Herbert Otterstädt, geb. 12. Februar 1912 in Berlin. Starb 26. November 1963 in Wiesbaden. Gattin Hilde, (verehelicht 1938), Tochter von Josef Erker, Gottscheer, Lehrer in Masern (Grcarice) 1912-1914. Zwei Kinder. Otterstädt durch Gattin mit Gottscheer Volksgruppe verbunden. Besuchte "Winterschule" für Gottscheer Jungbauern in Ulm in 1938. An dieser "Winterschule" waren gleichzeitig 60 junge Gottscheer unter Gottscheer Volksgruppen u. SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter.

Verfasser von:
- Deutscher Besitz in Krain - nationalsozialistisches Südostdeutsches Institut, Graz, 1940.
- Vom deutschen Blutsanteil in Krain, 1941. Gottschee, eine deutsche Volksinsel im Südosten, 1941.
- Gottschee, Verlorene Heimat deutscher Waldbauern, 1962.

Ehrenringträger der Gottscheer Landsmannschaft.

 
www.gottschee.de