Kirchen- und Pfarrgründungen im Gottscheer Gebiete, Josef Erker, Pfarrer in Mösel, 1930.


Nach den Ergebnissen der Geschichtsforschung sind die Gottscheer dem Hauptteile nach bajuwarischer, fränkisch-thüringischer und schwäbischer- alemannischer Herkunft, und wurde das Gottscheer Gebiet daher mit deutschen Kolonisten vorwiegend aus Bayern, Schwaben, Kärnten, Tirol, Franken und Thüringen besiedelt. Wie stand es in diesen Ländern in kirchlich- religiöser Hinsicht zur Zeit der Gottscheer Einwanderung?

Zum besseren Verständnis der damaligen kirchlich- religiösen Verhältnisse diene ein kirchengeschichtlicher Rückblick. Am linken Rheinufer bis nach Belgien hatte das Christentum schon im 3. Jahrhundert Wurzel gefaßt. Von da an sind die Kirchen von Speyer, Mainz, Trier, Köln, Tungern erhalten geblieben. Die Pflanzungen des Christentums aber am rechten Rheinufer, das ist im eigentlichen Deutschland, sind durch die Völkerwanderungen größtenteils zerstört worden. Diese Länder im eigentlichen Deutschland nun sind im 6. und 7. Jahrhunderte von mehreren Glaubensboten wieder christianisiert worden.

Der größte Glaubensbote deutscher Lande war der hl. Bonifatius. Und wahrlich ein Bonifatius oder Wohltäter ist dieser tatkräftige, erleuchtete und für alles Wahre, Gute und Schöne hochbegeisterte Ordenspriester für die deutschen Volksstämme geworden, indem er bei den Friesen, Sachsen, Thüringern, Hessen, Bayern usw. mit gewaltigem Erfolge predigte, dann in Rom zum Bischofe geweiht, zur erzbischöflichen Würde erhoben und mit der Gewalt eines apostolischen Delegaten ausgestattet, neue Bistümer gründete und die Kirche von Mainz zum geistlichen Mittelpunkte für Deutschland vermöge päpstlicher Vollmacht erhob. Nicht weniger als 14 Diözesen hat der hl. Bonifatius zu einer Kirchenprovinz vereinigt und hiermit die erste große und feste Einigung deutscher Stämme zum Segen des werdenden deutschen Volkes glücklich vollzogen. Diese Bistümer waren nach der Weltgeschichte von Dr. Weiß: Mainz als Metropole, dann Passau, Eichstädt, Regensburg, Salzburg, Augsburg, Konstanz, Chur, Straßburg, Speyer, Worms, Würzburg, Utrecht und Tungern.

Zur Förderung der Wissenschaft und Kunst hatte der hl. Bonifatius im Jahre 744 das berühmte Kloster Fulda gegründet, welches bald mit dem vom hl. Gallus gestifteten Stifte St. Gallen in Pflege der geistlichen und weltlichen Wissenschaften, der Musik und des Gesanges, der Malerei, Bildhauerei, Goldschmiedekunst usw. wetteiferte und ein Mittelpunkt deutscher Kultur wurde. Aber nicht nur für Wissenschaft und Kunst waren die Klöster von St. Gallen, Reichenau, Fulda und eine Reihe anderer Mittelpunkte tätig, sondern ebenso für den Fortschritt im Ackerbau und in allen übrigen Zweigen der Landwirtschaft, so daß der berühmte Nationalökonom Roscher gesteht: Aller gebildetere Ackerbau im Mittelalter ist von Kirchen und Klöstern ausgegangen; wie sie Pflanzenschulen geistlicher Belehrung waren, so auch wirtschaftlicher Kultur."

Dem heiligen Bonifatius verdankt Deutschland in religiöser und politischer Beziehung mehr als irgend einem anderen seiner ausgezeichnetsten Männer; denn diese bauten nur auf dem Boden, welchen er ihnen bereitet hatte, weiter fort, und wie ein Geschichtsschreiber sagt: "Alles, was später in kirchlicher, politischer und geistiger Beziehung in Deutschland erwachen ist, steht auf dem Fundamente, welches Bonifatius gelegt hat."

Und an all diesen Wohltaten hat seinen großen Anteil auch das Gottscheer Volk, dessen Bewohner aus den deutschen, durch Bonifatius Zeiten zwei altehrwürdige, kirchliche Zentren, das Erzbistum Salzburg und das Patriarchat von Aquileja, deren Grenze nach der Entscheidung Karls des Großen seit dem Jahre 811 die Drau bildete. Das Erzbistum Salzburg war weit ausgedehnt bis zur Donau, Raab und Drau mit vielen Suffragan-Bistümern in Kärnten, Steiermark und Tirol, ein mächtiges kirchliches Gebiet.

Nach der Anordnung Karl des Großen vom Jahre 811 standen somit unter der Jurisdiktion des Patriarchen von Aquileja alle Länder südlich der Drau bis zum Adriatischen Meere. Im Jahre 1077 erhielten die Patriarchen auch noch die weltliche Macht über diese Länder bis 1365, wo sie an die Habsburger überging. Die geistliche Gewalt blieb ihnen bis 1751.

So waren im 14. Jahrhundert, zur Zeit der Gottscheer Einwanderer überall in deutschen Landen wohlgegründete, kirchlich fest organisierte Bistümer, in denen das christlich-religiöse Leben in schönster Blüte stand. Demnach ist der Schluß berechtigt, daß die Einwanderer gute Christen waren, erfüllt mit großer Frömmigkeit im Herzen und Begeisterung für alle edlen Bestrebungen der Kirche.

Die Grundherren im 11., 12., 13. und 14. Jahrhunderte, geistliche und weltliche, hatten das Bestreben, auf ihren weit ausgedehnten Gütern und Landgebieten, welche damals spärlich oder gar nicht bevölkert waren, soviel als möglich Kolonisten anzusiedeln. So haben z. B. die Freisinger Bischöfe in Bischoflack in Oberkrain und an der Gurk und Kulpa im Pöllander Tale in Unterkrain schon um das Jahr 1000 aus ihren Gebieten viele Kolonisten angesiedelt und zugleich auch für deren religiöse Bedürfnisse durch Kirchenbauten und Gründungen von Seelsorgestationen aufs beste gesorgt. Durch den Deutschen Ritterorden kamen deutsche Ansiedler in die Gegend von Tschernembl und Möttling. Darum treffen wir in allen diesen Ansiedlungsgebieten schon frühzeitig viele schöne Kirchen und blühende Pfarren.

Die Grafen von Ortenburg waren im 12. und 13. Jahrhunderte Grundherren von einem großen Teile von Kärnten, wo ihr Stammschloß Ortenburg an der Drau stand, und von Ober- und Unterkrain. So waren die Gebiete von Zobelsberg, Ortenegg, Pölland und Reifnitz, Kostel und Laas unter ihrer Herrschaft. Unter ihnen und durch sie ist Reifnitz schon im Jahre 1221 Pfarre geworden. Und schon im Jahre 1248 belehnt der Patriarch Berthold von Aquileja den Grafen Hermann von Ortenburg mit dem Patronatsrechte der Pfarrkirche Pölan-Altenmarkt bei Pölland. Können wir nun annehmen, daß die Grafen von Ortenburg für die Kultivierung und Besiedlung ihres Waldgebietes zwischen Reifnitz und Pölland von 1221 bis 1339, wo das erste Kirchlein in Mooswald erwähnt wird, nichts getan haben? Werden sie nicht wenigstens Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts aus ihren schon dicht bevölkerten Gütern in Oberkrain und Kärnten Kolonisten nach den Grenzen der Pfarrei Reifnitz, in Mitterdorf und in Mooswald geschickt haben?

Reifnitz war ein wichtiger Ort. Da hatten der Archidiakon, d. i. der Stellvertreter der Patriarchen von Aquileja, wie Valvasor sagt, allezeit seinen Sitz. In Reifnitz wohnten auch die Ortenburger und hatten die Verwaltungszentrale für ihren krainischen Besitz. Von Reifnitz wurde durch gräfliche ortenburgische Beamten die Kolonisierung geleitet.

www.gottschee.de




Inhaltsverzeichnis