2. Lampeters Beschwerden an Himmler und das Verfahren gegen ihn

LAMPETERS ungewöhnliches Verhalten während der Versammlung am 3. Januar 1942 ist eher zu verstehen, wenn man die Maßnahmen berücksichtigt, die er einige Tage vorher, am 29. Dezember 1941, eingeleitet hatte. An diesem Tage war er mit seinem Stabsführer LACKNER von Rann, dem Mittelpunkt des Ansiedlungsgebietes, nach Marburg gefahren, um beim Stabsleiter der RKF-Dienststelle die untragbaren Zustände anzuprangern, die er hatte feststellen müssen.

"Weihnachten 1941 bot sich im Ansiedlungsgebiet dem Mannschaftsführer etwa folgendes Bild: Der Sturm III rollt an. Der Arbeitsstabsführer in Dobowa, wo der Sturm hinkommen soll, ist in Urlaub gefahren. ... In Dobowa, der ganze Dorfplatz und am Bahnhof Rann, alles voller Möbel. Die Umsiedler selbst können sich hierbei nicht helfen und niemand ist da, an den sie sich wenden können. ... In vielen Fällen Umsiedler ohne Unterkunft. ... immer wieder wurde von den Einsatzleuten des Ansiedlungsstabes den Umsiedlern gesagt: Was seid ihr gekommen? Wer hat euch gerufen? Warum seid ihr nicht geblieben, wo ihr wart? Jedenfalls bekamen viele der Umsiedler sofort den Eindruck, daß sie unwillkommen sind." (23)

Doch auch in Marburg wie schon vorher in Rann war niemand erreichbar. In dieser Situation riß dem impulsiven Mannschaftsführer der Geduldsfaden. Er ließ alle Spielregeln, die in der nationalsozialistischen Hierarchie galten, außer acht und versuchte, seine Beschwerden an höchster Stelle vorzubringen:

"Mit einem Geschenk des Gottscheer Mannschaftsführers an den Reichsführer-SS HEINRICH HIMMLER fuhr am 29. Dezember der Jugendführer im Auftrag des Mannschaftsführers nach Berlin. Er sollte womöglich das Geschenk dem Reichsführer selbst überreichen und nach Möglichkeit die Zustände im Ansiedlungsgebiet schildern (24). Diese Möglichkeit ergab sich nicht; der Reichsführer befand sich im Führerhauptquartier. Am 5. 1. 42 kam der Jugendführer R. L. doch zu Gruppenführer GREIFELT [Chef des Stabshauptamtes] und schilderte die Zustände im Ansiedlungsgebiet. Anwesend war Oberführer HINTZE, der die Ausführung bekräftigte. Bei SS-Gruppenführer GREIFELT lagen auch Berichte von reichsdeutschen Stellen vor, die ebenfalls die unwürdigen Zustände aufzeigten. SS-Gruppenführer [GREIFELT] sagte LACKNER, daß er bereits vormittags SS-Oberführer HINTZE mit der Aufgabe betraut hat, die Dinge unten [d. h. im Ansiedlungsgebiet] soweit als möglich in Ordnung zu bringen. . . , (25). Von LACKNER erhielten wir am 6. 1. die einzige Nachricht aus Berlin, daß er bis zum 3. 1. nichts erledigen konnte." (26)

Inzwischen häuften sich nach LAMPETERS Meinung im Ansiedlungsgebiet die Unzulänglichkeiten, zumal der Winter 1941/42 unerhört streng war. Trotzdem waren die Ansiedlungsstellen nicht bereit, dies zuzugeben und entsprechend für Abhilfe zu sorgen.

Da ließ sich der Mannschaftsführer zum zweiten Male zu einem gefährlichen Schritt hinreißen. Lapidar stellt LAMPETER seine Handlungsweise und deren Motivation dar: "In Unkenntnis der Entwicklung in Berlin schrieb der Mannschaftsführer am 9. 1. an den Reichsführer SS HEINRICH HIMMLER. Im Verantwortungsbewußtsein, daß die Dinge nicht weiter so gehen dürften, sah er keinen anderen Ausweg." (27)

Nun überstürzten sich die Ereignisse. Der Brief an HIMMLER war am 9. Januar abgeschickt worden, eine Abschrift dieses Briefes an das Stabshauptamt aber erst am 10. Januar, so daß GREIFELT zu spät benachrichtigt wurde. Am 11. Januar 1942 hielt LAMPETER in Rann eine "Führerbesprechung" ab, auf der er den Führern seiner Stürme den Auftrag erteilte, Material über die Mängel der Umsiedlung zu sammeln. Gleichzeitig wurde auf der Versammlung erörtert, wie man die Belange der Gottscheer Führung am besten durchsetzen könne. Dabei wies der Mannschaftsführer seine Sturmführer auf die Notwendigkeit hin, daß sich die "Sturmführer wieder mehr als bisher um ihre alte Volksgruppenführung scharen müßten, nur so könnten sie wieder zu allen Machtmitteln gelangen" (28).

Doch die Kreise um LAMPETER zogen sich ohne sein Wissen immer enger: am 14. Januar schickte der Stabsführer der RKF-Dienststelle Marburg den tendenziösen Bericht des Ansiedlungsstabsleiters BLISS an den Gauleiter; das bedeutete, daß sich der Stabsleiter der Meinung seines Hauptabteilungsleiters - der Ansiedlungsstab fungierte als Hauptabteilung im Rahmen der Dienststelle - anschloß.

Der entscheidende Schlag gegen LAMPETER erfolgte jedoch erst am 15. Januar 1942 (29). An diesem Tage erhielt SS-Oberführer HINTZE, der inzwischen wieder im Ansiedlungsgebiet eingetroffen war, ein Fernschreiben vom Chef des Stabshauptamtes. GREIFELTS Stellungnahme zu LAMPETERS Schreiben an HIMMLER ist eindeutig:

"Der Führer der Gottschee-Mannschaft LAMPETER hat an den Reichsführer SS unter dem 9. Januar 42 einen Bericht geschickt, der die auftauchenden Schwierigkeiten aufbauscht und als ein Versuch anzusehen ist, für sich selbst einen bestimmenden Führungsanspruch zu erreichen." (30)

Nun hatte LAMPETER auch die wichtigste Stütze seiner bisherigen Stellung verloren: das Stabshauptamt.

Dabei hätte bis zum Zeitpunkt seines Briefes an HIMMLER durchaus noch die Möglichkeit für die Volksgruppenführung bestanden, daß die Verhältnisse im Ansiedlungsgebiet in einem für sie befriedigendem Sinne geordnet würden; denn HINTZE war ja am 5. Januar von GREIFELT in Berlin mit der Überprüfung der Zustände beauftragt worden und stand den Sorgen der Volksgruppenführung aufgeschlossen gegenüber.

Er war derweil - zwischen dem 6. und 15. Januar 42 - wieder in der Südsteiermark eingetroffen, um die Ansiedlungsaktionen zu leiten und um die Ansiedlungsarbeiten der Gottscheer zu überprüfen. Von dem Leiter des EWZ-Zuges, der gewöhnlich über alle Ereignisse gut informiert war, wurde HINTZES ursprüngliche Einstellung und die Wandlung seiner Gesinnung gegenüber der Volksgruppenführung kommentiert: HINTZE wurde von Gruppenführer GREIFELT beauftragt, die angeblich chaotischen Zustände zu untersuchen. HINTZE war durchaus positiv zur Volksgruppe eingestellt. In der Zwischenzeit aber hat LAMPETER, ohne daß er vom Besuch des LACKNER bei HINTZE wußte, eine Beschwerde beim Reichsführer vorgebracht. Der Reichsführer beauftragte Gruppenführer GREIFELT mit der Untersuchung. Man nimmt allgemein an, daß die Beschwerde von LAMPETER der Grund des späteren Umfalls von HINTZE ist. HINTZE weilte einige Tage im Ansiedlungsgebiet und fand alles in Ordnung (31)."

Diese Darstellung des Leiters des EWZ-Zuges weist trotz ihrer vereinfachenden Tendenz hin auf den entscheidenden Punkt, den LAMPETER bei seinen Bemühungen in dieser Schlußphase der Umsiedlung nicht beachtet hatte, weil er das Verhältnis der verschiedenen Machtblöcke und deren Träger zueinander im "Reich" wegen seiner Unkenntnis, Unerfahrenheit und Ungeduld nicht durchschaut und daher nicht in sein Kalkül einbezogen hatte. Der Brief an HIMMLER hatte alle davon berührten höheren SS-Führer an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen: an ihrem Prestige. Das Wort des prominenten SS-Kollegen vom "Umfall" beweist aber ebenso, daß man in der SS nicht überall HINTZES Vorgehen gleich beurteilte.

HINTZE beraumte für den 16. Januar 1942 sofort eine Sitzung in Marburg an, zu der alle betroffenen Dienststellen und die Gottscheer Volksgruppenführung zitiert wurden. In einer fast fünfstündigen Verhandlung, die gegenüber der Volksgruppen
führung zum größten Teil den Charakter einer Vernehmung hatte, wurde nun das Verhalten des Mannschaftsführers zum "Fall LAMPETER" gestempelt, an dem ein Exempel zu statuieren sei, damit für alle Zeiten den Volksdeutschen Gottscheern reichsdeutsche Disziplin und Gehorsam im nationalsozialistischen Staate demonstriert werde.

Die Zurechtweisung LAMPETERS mußte um so deutlicher ausfallen, als dieser es in seinem Schreiben an HIMMLER gewagt hatte, die Zustände im Ansiedlungsgebiet drastisch aufzuzeigen. Im einzelnen hatte LAMPETER behauptet:

1. Er habe wochenlang versucht, "gegen das Versagen der Betreuung im Umsiedlungsgebiet zu wirken", er     bemängelte z. B., man habe werdende und stillende Mütter "in durchaus unhygienischen Massenquartieren     untergebracht".

2. Der Abtransport der Umsiedler von den Bahnhöfen zu ihren Winterquartieren sei mangelhaft organisiert, z. B.     habe Umsiedlergut teilweise "seit Wochen längs der Straße im Schnee" gelegen.

3. "Daß die Zwischenbewirtschaftung durch die DAG (32) mit slowenischen Knechten die Viehdiebstähle begünstigt"     habe;

4. "Daß die im Ansiedlungsgebiet vorhandenen slowenischen Hilfsgendarmeriebeamten noch nicht mit deutschen     Beamten ausgewechselt worden sind."

In diesem Punkt gab HINTZE LAMPETER recht und bemängelte die Versäumnisse der zuständigen steirischen Behörden.

5. "Daß selbst die Prophezeiungen der ärgsten Hetzer der Gegenpropaganda durch die Wirklichkeit übertroffen     werden."

6. Es habe sich ein großer Mangel an Quartieren gezeigt (33).

Diesen letzten Punkt suchte HINTZE dadurch zu entkräften, daß er eine statistische Rechnung aufmachte, die in keiner Weise den Zustand der hinterlassenen Häuser, die teilweise seit Monaten unbenutzt waren und in denen die evakuierten bzw. geflohenen Slowenen Öfen, Herde und Fensterscheiben oft zerstört hatten, berücksichtigte.

Im allgemeinen wurden LAMPETERS Vorwürfe mit geringen Zugeständnissen pauschal zurückgewiesen.

Sicherlich war LAMPETERS Berichterstattung nicht frei von Übertreibungen, doch daß die Darstellung HINTZES mindestens in gleichem Maße zu verharmlosen suchte, sollte sich bereits einen Monat später zeigen, als ein SD-Bericht (34) die Verhältnisse im Ansiedlungsgebiet der Gottscheer scharf geißelte und damit indirekt die zuständigen Dienststellen angriff.

Als zweiter Punkt der Verhandlung gegen LAMPETER standen die Vorgänge auf der Protestverhandlung der Gottscheer Städter vom 3. Januar 1942 in Gottschee auf der Tagesordnung.

Noch einmal rollte in aller Ausführlichkeit das Geschehen ab, und zwar aus der Sicht des Ansiedlungsstabsleiters, der die Gottscheer Bedenken zu zerstreuen hatte. HINTZE berichtete, LAMPETER habe Öl ins Feuer gegossen, als er die Lebensbedingungen in der Untersteiermark entstellt darlegte, anstatt seiner Pflicht als Nationalsozialist zu genügen und die Gottscheer zur Umsiedlung zu bewegen.

LAMPETERS Entgegnung, er habe mit seinen Ausführungen nur die Ursache der Gerüchte aufdecken wollen, wurde ihm nicht geglaubt. Zwar konnte seine Folgerung "Eine Beruhigung der Umsiedler sei gar nicht nötig gewesen, da diese auf jeden Fall umsiedeln mußten, weil die anderen Volksdeutschen aus der Gottschee bereits fortgewesen seien und sie damit bereits ihre Existenzgrundlage in der Stadt Gottschee verloren hätten", den Ansiedlungsbehörden wohl plausibel erscheinen, die darin enthaltene rigorose Einstellung LAMPETERS zu den Angehörigen seiner Volksgruppe mußte aber zunächst irritieren. Erklärbar wird sein Verhalten jedoch aus der Tatsache, daß es sich bei diesen Gottscheern im wesentlichen um diejenigen Städter handelte, die in einem mehr oder weniger offenen Gegensatz zur Volksgruppenführung standen. Auf diese indirekte Weise hätte er nachträglich die ihm von Dr. STIER abgezwungene Option der Oppositionellen revidieren können.

Es ist sicher auch kein Zufall, daß nach LAMPETERS Absetzung einer aus dem Kreis dieser Städter zum Sturmführer des Sturmes avancierte, der den größten Teil der Gottscheer Stadtbevölkerung umfaßte (35). Der Mannschaftsführer hatte ihn im Oktober sogar zu den "politisch unzuverlässigen Gottscheern" gerechnet und ein vernichtendes Urteil über ihn gesprochen: "Schreihals und Aufschneider, Politisch unzuverlässig. Hat Slowenin zur Frau. Ist hinterlistig. Rücksichtslos bei materiellem Gewinn." (36)

Der dritte Anklagepunkt gegen LAMPETER wirft ein noch deutlicheres Licht auf sein Verhältnis zur Volksgruppe und zu seinen Unterführern. Dabei stand LAMPETERS Haltung auf der von ihm anberaumten "Führerbesprechung" vom 11. Januar 1942 zur Debatte; denn dieses Problem war für den Mannschaftsführer überhaupt nur aufgetaucht, weil sechs der bei dieser Besprechung anwesenden "Führer" gegenüber den Ansiedlungsbehörden aus der Schule geplaudert hatten, so daß dem Untersuchungsausschuß ein Bericht und ein Vernehmungsprotokoll über diese Vorgänge vorlagen. Hier zeigte sich also, daß selbst in der Volksgruppenspitze die Geschlossenheit nicht oder nicht mehr bestand. Um diese Situation wußte LAMPETER offenbar nicht, als er seine Pläne vor seinen Unterführern entwickelte, die ihm nun vor dem Untersuchungsausschuß angekreidet wurden.

Überraschenderweise gab der Mannschaftsführer dabei indirekt zu, daß er seine Stellung als sehr selbständig angesehen hatte.

"SS-Oberführer HINTZE: ,Zu den Sturmführern haben Sie u. a. gesagt: . . . über den Kopf des Gauleiters hinweg und durch Übergehen der übergeordneten Dienststellen wollten Sie in Berlin Ihre Belange vertreten."

"LAMPETER: , Vorläufig war es so, daß ich keine vorgesetzte Dienststelle habe" (37).

Damit liegt der Kern des Lampeterschen Selbstverständnisses offen: er war überzeugt, die Rechte eines Volksgruppenführers im Auslande für sich beanspruchen zu
können und glaubte nun, im Notfall an den Reichsführer-SS direkt ohne Berücksichtigung des Instanzenweges herantreten zu dürfen, dies um so mehr, als der Reichsführer-SS seit LAMPETERS Ernennung zum SS-Sturmbannführer sowohl dessen oberster Vorgesetzter als auch HITLERS oberster Beauftragter für alle Um- und Ansiedlungsfragen war. Die Gründe für diese Einschätzung seiner neuen Stellung sind nicht allein bei ihm selbst zu suchen; denn das Stabshauptamt hatte der Volksgruppenführung noch während der Umsiedlung "ein beschränktes Eigenleben" konzediert. Als Fazit ergab sich aber, daß LAMPETER die realen Machtverhältnisse und seine Position in ihnen vollkommen falsch beurteilt hatte. Seine im November erfolgte Ernennung zum SS-Sturmbannführer mochte dazu beigetragen haben, daß er das Gewicht des ihm im Dienstrang zwar nicht ebenbürtigen, aber sachlich übergeordneten Ansiedlungsstabsleiters BLISS (SS-Untersturmführer) ignorierte. Deshalb kommt die Denunziation der sechs Gottscheer Unterführer "in einer Debatte, bei der Meinungen reichsdeutscher Dienststellen zur Frage standen, wird auf das energischste darauf hingewiesen, daß diese Dienststellen nichts zu sagen hätten, sondern allein die Volksgruppenführung -"(38), wahrscheinlich auch der Wahrheit sehr nahe, selbst wenn LAMPETER diese Aussage bestritt; denn sie liegt genau auf der Linie, die er zumindest seit dem 29. Dezember 1941 verfolgte.

Untersuchungsführer SS-Oberführer HINTZE hielt die Aussage der Sechs für glaubwürdig und resümierte, "daß LAMPETER in der Führerbesprechung von 11. 1. seinen Bericht an den Reichsführer im Wortlaut verlesen, die Arbeit des Ansiedlungsstabes Süd sowie der Deutschen Ansiedlungs-Gesellschaft öffentlich kritisiert und dazu aufgefordert hat, Material gegen deren Arbeit zu sammeln und die entsprechenden Beschwerden vorzudatieren, damit sie nicht ,bestellt' aussähen, und über die Aufforderung strengstes Stillschweigen zu bewahren".

HINTZE kam dann zu dem für ihn vollkommen logischen Schluß: "Nach dem Ergebnis meiner eingehenden Besprechungen mit LAMPETER habe ich den Eindruck gewonnen, daß dieser für die ihm übertragenen Aufgaben sowie für seine Ernennung zum SS-Sturmbannführer zu jung und unerfahren ist und daß es ihm auch an der für ein solches Amt erforderlichen Einsicht und Selbstdisziplin fehlt. . .. Ich habe ihm daher .. . eröffnet, daß ich nunmehr selbst an seiner Stelle die Führung der Gottscheer Wehrmannschaft übernehmen und ihn bitten müsse, . . . sich auf weiteres jeder Tätigkeit im Ansiedlungsgebiet ... zu enthalten . . . und daß ich diese Maßnahme auch auf seinen Stabsführer LACKNER ausdehnen müsse (39). ... ob darüberhinaus etwa schärfere Maßnahmen ergriffen werden müssen, hänge allein von der Frage ab, ob man ihm mit Rücksicht auf seine Jugend und seine kurze Zugehörigkeit zur Schutzstaffel noch einmal zubilligen will, daß er im guten Glauben gehandelt hat. Die Möglichkeit der Bejahung dieser Frage erscheint mir jedoch mehr als zweifelhaft. Jedenfalls halte ich ein längeres Verbleiben LAMPETERS im Ansiedlungsgebiet für durchaus unerwünscht und bitte deshalb, ihn ohne Rücksicht auf den Ausgang des etwa einzuleitenden Verfahrens unverzüglich ins Altreich abzuberufen." (40).

HINTZES Reaktion zeigt: LAMPETERS Befürchtung, "daß die Mitarbeit der Gottscheer Volksgruppe durch die bei der Ansiedlung vorgekommenen Fehler gefährdet würde",
wird von der Untersuchungskommission als Hauptmotiv seines Handelns als zumindest sehr zweifelhaft und daher als nicht stichhaltig betrachtet.

Die Diskrepanz zwischen den Vorstellungen von Disziplin und Gehorsam dieser SS-Männer und dem unorthodoxen Vorgehen LAMPETERS war so groß, daß ein Verständnis und damit ein eventueller Kompromiß ausgeschlossen war.

Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen, Hans Hermann Frensing, 1970

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Anmerkungen :

23  
Gedächtnisschrift von LAMPETER vom 9. 2. 1942; BA NS 21/ vorl. 160.

24
 LAMPETER wartete also am 3. 1. 42 während der Versammlung in Gottschee noch auf das Ergebnis der Mission LACKNERS, von der er sicherlich annahm, daß dieses zu seinen Gunsten und gegen den Leiter des Ansiedlungsstabes, der in seinen Augen völlig versagt hatte, ausfallen müsse.

25
 dazu auch EWZ-Bericht von Obersturmbannführer WAGNER vom 25. 1. 42 an den Leiter der EWZ. Litzmannstadt; NAW Roll 306, frame 2406583.

26
 Gedächtnisschrift von LAMPETER vom 9. 2. 1942; BA NS 21/ vorl. 160.

27
 ebda.

28
 Protokoll über die Verhandlung vom 16. 1. 42; im Besitz des Verf. Dieses Zitat, verlesen von Oberführer HINTZE, entstammt einem Bericht über diese Versammlung, dessen Glaubwürdigkeit LAMPETER in der Vernehmung bestritt.

29
 Bereits am 14. 1. 1942 hatten LAMPETER, STURM und LACKNER in Graz eine Rüge des Gauleiters hinnehmen müssen. Siehe
a) Schreiben HINTZES vom 24. 2. 42 an Dr. STIER; im Besitz d. Verf.
b) Brief LAMPETERS vom 13. 1. 42 an Prof. SCHWALM; BA NS 21/ vorl. 160.


30
 Fernschreiben von GREIFELT vom 15. 1. 42 an den Beauftragten des RKFDV, HINTZE; im Besitz d. Verf.

31
 EWZ-Bericht von Obersturmbannführer WAGNER vom 25. 1. 42 an den Leiter der EWZ-Litzmannstadt; NAW Roll 306, frame 2406583.

32
 "Die DAG [Deutsche Ansiedlungsgesellschaft] .. . war ursprünglich eine der drei Gesellschaften privaten Rechts gewesen, die sich das RuSHA [Rasse- und Siedlungshauptamt der SS] 1938 gegründet hatte, um bei der Besetzung neuer Länder durch deutsche Truppen auch die größten Mengen beschlagnahmten staatsfeindlichen Besitzes auffangen zu können. ... Im Rahmen der RKF-Organisation kam die DAG dann unter die Finanzaufsicht . .. des StHA [Stabshauptamt] und erhielt die Aufgabe, Grundstücke, Inventar und Vieh der enteigneten Ausländer zu übernehmen und für die deutschen Siedler bereitzuhalten." H. BUCHHEIM, Anatomie ... a.a.O. S. 191 f.

33
 Punkt 1-6: Bericht HINTZES vom 19. 1. 42 an GREIFELT; im Besitz des Verf.

34
 SD-Bericht von SS-Standartenführer LURKNER, Chef des SD in der Untersteiermark, vom 17. 2. 1942 an SS-Brigadeführer HINTZE; im Besitz des Verf.

35
 Dazu LAMPETERS Stellungnahme in "Gedächtnisschrift", a.a.O.

36
 "Liste der politisch unzuverlässigen Gottscheer"; NAW Roll 306, frame 2434025 ff.

37
 Protokoll über die Verhandlung vom 16. 1. 42; im Besitz des Verf.

38
 ebda.

39
 vgl. Gedächtnisschrift von LAMPETER vom 9.2.1942; BA NS 21/ vorl. 160 und s. u. S. 139f.

40  
Bericht HINTZES vom 19. 1. 1942 an GREIFELT; im Besitz des Verf.


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