Josef Erker, Pfarrer in Mösel, Jubiläums - Festbuch der Gottscheer 600-Jahrfeier 1930


Welcher Herkunft waren die Seelsorger an den neu erbauten Kirchen? Wo haben sie ihre Latein- und Theologiestudien gemacht? Wo sind sie zu Priestern geweiht worden?

Ganz genaue Auskünfte und Antworten auf solche Fragen finden wir in der Geschichte nicht verzeichnet. Doch können wir mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die ersten Seelsorger aus der deutschen Urheimat waren, alle ihre Studien dor gemacht hatten und daselbst auch zu Priestern geweiht wurden. In idealster Seelsorgebegeisterung folgten sie opferbereit ihren Landsleuten in die neue Heimat, um da die neuerichteten Seelsorgestellen zu übernehmen. So waren die ersten Seelsorger in Rieg Deutsche, so vor 1375 der Leutpriester Melchior und nach ihm der bekannte Martin Zink (1377-1414) aus Memmingen in Schwaben. In Gottschee ist der erste aus dem Jahre 1393 bekannte Seelsorger Hermann (plebanus Hermannus), in Fara aus dem Jahre 1383 der Seelsorger Heinzel (Heinzlinus, curatus de Fara). Diese Namen sind deutsch.



Pfarrer Josef Erker


Die Berufung der Seelsorger aus deutschem Lande konnte nur durch einige Jahrzehnte dauern. Für den schlichtesten Verstand mußte es klar sein, daß die Verbindung mit dem Mutterlande nicht immer andauern konnte. Darum mußte für den priesterlichen Nachwuchs auf jeden Fall gesorgt werden.

Im Mittelalter mußten die Pfarrer und Archidiakone, welchen die Obsorge über viele Pfarren oblag, selber für die Ausbildung des priesterlichen Nachwuchses sorgen. Gemäß Anordnung des Papstes Gregor IX. (1227-1241) unterichtete jeder Pfarrer fähige, für den Priesterberuf geeignete Jünglinge in allen theologischen Wissenschaften und schickte sie zum Empfange der niederen und höheren Weihen und Priesterweihe zu dem zuständigen Bischofe.

Zu diesem Zwecke wurden in Klöstern, an Domkirchen und reichen Pfarrkirchen allmählich kirchliche Schulen errichtet. Das waren die ersten Schulen. In Krain waren schon im 13. Jahrhundert das Hochstift Bischoflack, die berühmten Abteien Sittich und Landstraß Pflegestätten der Kunst und Wissenschaft, in welchen zumeist nur für den Priesterstand bestimmte Jünglinge ihre wissenschaftliche Ausbildung erhielten. Solche Schulen entstanden auch in Laibach, Zirknitz, Weichselburg und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts auch in Reifnitz.

Den Anlaß zur Errichtung einer kirchlichen Schule in Reifnitz gab, wie selbst slowenische Geschichtsforscher annehmen und behaupten, die Gründung von vielen Kirchen und Seelsorgestellen im deutschen Kolonistengebiet Gottschee.

In Deutschland hat schon Kaiser Karl der Große 768-814 für die Hebung der Volksbildung viel getan. Höhere, mittlere und Dorfschulen wurden errichtet und Kunst und Wissenschaft gepflegt. Und seitdem entwickelte sich das Schulwesen in deutschen Landen immer mehr. Zur Zeit Kaiser Karls IV. (1347-1378), als die große Einwanderung geschah, war die Volsbildung fast schon ganz allgemein. Die eingewanderten Gottscheer waren deshalb zumeist schulgebildete Leute und wußten die Volksschule gar wohl zu schätzen.

Das eingewanderte Volk der Gottscheer brauchte aber auch in der Zukunft lesens- und schreibkundige Leute und deutschen Priesternachwuchs, ohne die es auf längere Zeit doch nicht auskommen konnte. Es mußte eine kirchliche Lateinschule geschaffen werden.

Wo aber sollte eine solche Schule errichtet werden? Wohl an dem bedeutensten Orte an der Peripherie der Kolonie, nämlich in Reifnitz. Reifnitz war nämlich allezeit der Sitz eines Erzpriesters, eines Stellvertreters des Patriarchen von Aquileja, zu dessen Erzdiözese auch Krain in geistlichen Verrichtungen gehörte. Die Pfarrer in Reifnitz waren gewöhnlich tüchtige, durch ihren Eifer und ihre Begabung hervorragende Männer, die mit der Zeit auf höhere Posten und zu größeren kirchlichen Würden berufen wurden. Einem solchen Manne ist die Entsteheung der Reifnitzer Schule zuzuschreiben. Um das Jahr 1383 war Pfarrer in Reifnitz der Leutpriester Nikolaus und um das Jahr 1389 der Leutpriester Urbanus de Los. Weil die Errichtung der Schule in Reifnitz in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angenommen wird - um das Jahr 1380 oder 1390 - so ist einer der genannten Pfarrer der Gründer der Schule. So haben der Pfarrer in Reifnitz und auch der Erzpriester in der Erkenntnis ihrer Pflicht und der unabweislichen Notwendigkeit, für Heranbildung von Seelsorgern für die neu gebauten Kirchen und neu errichteten Seelsorgstellen zu sorgen und auf vielfältiges Bitten der deutschen Kolonisten in Reifnitz eine Schule für priesterlichen Nachwuchs errichtet. Mit der Kolonisierung des Gottscheer Gebietes steht somit die Gründung der Schule in Reifnitz in engster Verbindung.

Jahrhunderte lang waren die Patriarchen zu Aquileja und gewöhnlich auch die Erzpriester Deutsche. Vielleicht traf gerade bei der Einwanderung der glückliche Umstand ein, daß Patriarch und Erzpriester und Pfarrer in Reifnitz Deutsche und so gemeinsam für die Erbauung neuer Kirchen und Errichtung von Seelsorgstationen tätig waren. Daraus ließe es sich auch erklären, daß die Schule in Reifnitz so schnell gegründet wurde. somit hätte die Schule in Reifnitz ihr Entstehen der Kirche und dem Deutschtum zu verdanken.

Die Schule in Reifnitz war aber keine gewöhnliche Trivialschule, sondern eine Lateinschule, ein Gymnasium, die älteste Mittelschule in Krain, welche die Studenten zum Besuche einer Universität befähigte. An dieser Schule werden gewiß wenigstens in den ersten Jahrzehnten deutsche Priester als Lehrer aus deutschen Landen gewirkt haben.

Diese Schule besuchte auch der schwäbische Chronist Burkhard Zink, welcher nach vierjähriger Vorbildung in der heimatlichen Volksschule in Memmingen im Schwabenlande um das Jahr 1407 zu seinem Onkel Pfarrer Zink nach Rieg kam und von diesem in die Schule nach Reifnitz geschickt wurde. Da studierte der Neffe sieben Jahre und wohnte bei einem ehrsamen Bürger mit Namen Schwab. Später wurde Burkhard Zink ein sehr berühmter Mann und Bürgermeister in Memmingen.

An der Lateinschule in Reifnitz erhielten nun fortan die einheimischen Gottscheer Söhne ihre gymnasiale Ausbildung, von wo sie sich zum theologischen Studium gewöhnlich nach Udine, dem Sitze des Patriarchates oder auch an die kirchlichen Universitäten in deutschen Landen. Die niederen und höheren Weihen wurden entweder in Aquileja oder Udine oder in Cividale erteilt.

Aus archivalischen Quellen geht hervor, daß viele angehende Priester aus Krain zumeist in Cividale die heilige Weihen empfingen, darunter auch solche, die ausdrücklich als Gottscheer genannt sind. Das war namentlich gegen das Ende des 15. Jahrhundertes der Fall. So empfing Christian, Sohn des Schneidermeisters Achatz, aus Gottschee (de Choze) am 25. März 1495 in der Kirche zu Aquileja die Subdiakonatsweihe und am 20. Mai 1497 in Cividale die Diakonatsweihe.

Am 13. Dezember 1495 wurden zwei Gottscheer in Cividale zu Priestern geweiht: Baltasar, Sohn des Georg Renner, und Loenhard Grueber (de Chotze). Zwei Jahre später, am 25. Dezember 1497, wurde Kaspar Renner, ein jüngerer Bruder Baltasar Renners in Cividale zum Diakon und am 10. März 1498 zum Priester geweiht. Aus der Familie Renner scheinen auch später noch mehrere Priester hervorgegangen zu sein, so Thomas Renner, der 1682 als Pfarrer Archidiakon von Reifnitz genannt wird, später wegen seines hohen Alters auf das Amt eines Archidiakons mit Zustimmung des Patriarchen im Jahre 1700 verzichtete. Zu seinem Koadjutor wurde Dr. Franz Daniel Baron von Moschkon, Pfarrer in Gottschee, ernannt. Am 20. August 1497 empfing Michael Waller in Cividale die Tonsur und niederen Weihen. Michael Waller war auch ein Gottscheer (de Choze). Er war zuerst Domherr und Schulmeister an der Laibacher Domkirchenschule, an welcher hauptsächlich Priester unterrichteten. Später Stadtpfarrer in Gottschee und schließlich Kanonikus in Rudolfswert. Ein Unverwandter von diesem scheint Kaspar Waller gewesen zu sein, der als Vikar von Gottschee im Jahre 1504 in einer Streitsache zwischen dem Pfarrer in Reifnitz und dem Archidiakon als Richter fungiert hat.

Im Franziskaner Kloster in Laibach lebte der Klerikerbruder Franz (de Gotsche), welcher am 10. März 1498 in Cividale die Tonsur und die niederen Weihen erhalten hatte. Am 18. März 1499 wurde in Cividale Paul, der Sohn des Schuhmachers Kaspar (de Gocze), zum Subdiakon geweiht. Am 19. März 1496 erhielt Matthias, Sohn des Paul Slabuder aus Rieg (Riegk), die Subdiakonatsweihe, am 2. April 1496 die Diakonatsweihe und am 28. Mai 1496 die Priesterweihe in Cividale. Ebenda wurde Nikolaus, Sohn des Georg Speck aus Riech (Rieg), am 17. Dezember 1496 zum Subdiakone, am 18. Februar 1497 zum Diakone und am 21. März 1497 zum Priester geweiht.



Seelsorger 1930


Weil die Gottscheer von jeher sehr lernbegierig und fromm waren, so ist der Schluß berechtigt, daß die meisten Gottscheer Pfarren nach der Gründung der Schule in Reifnitz einheimische, Gottscheer Priester hatten. Wenn es unmöglich ist, ihre Namen vollständig anzugeben, so liegt das im Umstande, daß die Gottscheer Pfarren in kirchlicher Beziehung bis zum Jahre 1751 zum Patriarchate von Aquileja und später bis zum Jahre 1787 zum Bistume Görz gehörten. Wären uns die Archive dieser beiden Diözesen leicht zugänglich, so könnten gewiß noch viele und wichtige Aufzeichnungen über die kirchlichen Verhältnisse Gottschees in den alten Zeiten aufgefunden werden.

Auch darf man nicht vergessen, daß infolge der vielen Türkeneinfälle viele kostbaren Schriften zu Grunde gegangen und in Verlust geraten sind, weshalb eine erschöpfende Geschichtsdarstellung nicht geboten werden kann.

Im 16. Jahrhunderte, zur Zeit des Auftretens und der Verbreitung des Protestantismus, verminderte sich die Zahl der Geistlichen sehr und deren genügende Ausbildung in deutschen Landen war mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Um diesen Übelständen abzuhelfen, gründete der heilige Ignatius aus dem Jesuitenorden im Jahre 1522 ein eigenes theologisches Institut, in welchem deutsche Jünglinge gründliche Ausbildung in allen theologischen Wissenschaften erhielten und auf den geistlichen Stand bestens vorbereitet wurden, welche dann in ihrer Heimat echt katholischen Geist verbreiteten und befestigten. Weil damals das Patriarchiat von Aquileja auch einen großen Teil von Krain und das Gottscheer Gebiet umfaßte, können wir annehmen, daß auch einige Jünglinge aus Krain und auch aus Gottschee in diesem Institut zu Priestern herangebildet wurden. Dieses Institut, welches vorübergehend unter Kaiser Josef II. gesperrt wurde, besteht heute noch unter dem Titel Collegium Germanicum.

Nach dem herrlichen Siege bei Siffek über die Türken im Jahre 1593 atmete die durch zwei Jahrhunderte durch die schrecklichen Türkeneinfälle schwer leidende Christenheit wieder leichter auf. Aber noch steckte die Furcht den Menschen in Mark und Bein. Erst nachdem die Türken bei Wien 1683 ganz geschlagen und auch aus Ungarn vertrieben wurden, und man 1699 den Karlowitzer Frieden geschlossen hatte, da wich der schwere Alpdruck vom Herzen des Volkes und eine unsägliche Freude erfüllte alle Gemüter. Mit erneuter Kraft erhob sich die Liebe zur Arbeit und zum geistigen Leben. Die Befreiung vom furchtbaren Türkenjoche erfüllte das Volk zu großer Dankbarkeit gegen Gott. Frohes, freies, christliches Leben und eifrige Betätigung für zeitliche Wohlfahrt machte das Volk glücklich und zufrieden. In dieser Zeit wird auch gar mancher Gottscheer Jüngling sich dem Studium, besonders der Theologie gewidmet haben entweder an den deutschen Universitäten oder an den Schulen Italiens, wohin es näher war und wo ganz besonders Kunst und Wissenschaft blühte.

In Krain bildete sich im Jahre 1693 die Academia Operosorum, das ist "der wissenschaftliche Verein der geistigarbeitenden Männer", welcher auch Johann Daniel Erber von Erberg angehörte. Von diesem heißt es: er wurde geboren in Gottschee im Jahre 1647; er war ein guter Redner, ein gerechter, barmherziger Mann. Seine Studien machte er in Laibach, Graz, Wien und wurde Doctor juris 1671 und war in verschiedenen Diensten. Vom Kaiser bekam er den Barontitel. Er starb am 11. Mai 1716.

Um diese Zeit wird auch erwähnt ein P. Martin Gotseer (Gottscheer) als philosophischer Schriftsteller.

So weit die Seelsorger der Gottscheer Pfarren im 15., 16. und 17. Jahrhundert erforscht worden sind, finden sich darunter fast ausschließlich Gottscheer oder Deutsche.

So waren Seelsorger in Gottschee:
1497 Leonhard Würfel, 1498 Lukas Sichel, 1504 Gaspar Waller, 1524 Michael Waller, 1598 Christoph Plank, 1613-1638 Leonhard und Bartholomäus Ziegelfest, 1638 Johann Albert Erberg, 1639 Johann Herler, 1669 Hyronimus von Stemberg;

in Rieg:
1571 Johann Schneller, 1647 Matthias Ramor, 1665 Johann Haberle, 1677 Johann Grabner, 1695 Johann Sturm;

in Mösel:
1580 Martin Marinzel, 1603 Matthias Schmalzl, 1621 Johann Heß, 1676 Michael Samide, 1680 Paul Schneller.

Der Geschichtschreiber Johann Weichard Freiherr von Valvasor ist über die Intelligenz und Lernbegierde der Gottscheer derart begeistert, daß er in seinem Geschichtswerke: "Die Ehre des Herzogtums Krain" vom Jahre 1689 schreibt:

"Sie (die Gottscheer) geben keine guten Soldaten, weil sie etwas furchtsam sind. Hingegen werden die, welche studieren, verständig und gar gelehrt, also daß manches treffliche Subjektom und grundgelehrter Mann aus ihnen entsteht. Wenn sie auch zum leiblichen Kriege so sonderliche Lust nicht tragen, sie dennoch tüchtig zum Streite wider die Feinde des Gemütes, nämlich der Unwissenheit, Wildheit und Ruchlosigkeit erfunden worden. Und wer weiß, ob diese frommen Gottscheer nicht etwan des Landes leibliche Schutzengel seynd?"

(Jubiläums - Festbuch der Gottscheer 600 - Jahrfeier, Josef Erker, Pfarrer in Mösel, 1930)

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