Dr. Hugo Grothe

Die deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien, 1931

Das Gottscheer Klima





Prof. Dr. Edgar Lehmann (1905–1990)

Das Gottscheer Hochland, Klima und Pflanzenwelt, 1933.

  Das Gottscheer Hochland in seiner Lage zu den allgemeinen Klima- und Pflanzenprovinzen.
Besondere Eigenheiten des Klimas.
Charakteristische Züge des Pflanzenkleides (Die Waldlandschaft - Die Kulturflächen).
Der Witterungsverlauf.





Dr. Hugo Grothe

Das Gottscheer Klima, 1931



Kontinentale wie maritime Einflüsse prägen sich im Klima Gottschees in aller Deutlichkeit aus, vor allem was Temperaturen und Niederschläge betrifft. Wir haben meist einen überaus heißen Sommer (es ereignen sich Temperaturmaxima von 36 Grad C.) in der Zeit von Juni bis September und einen für den Breitengrad, auf dem sich das Gottscheer Hochland befindet, ziemlich langen und kalten Winter, der von Mitte oder Ende November bis Anfang oder Mitte März dauert. Letzteres unter Einwirkung der Höhenlage und scharfer winterlicher Nord- und Nordostwinde. Gottschee liegt gleich Südfrankreich und der Ungarischen Tiefebene im Bereich der Juliisotherme von 22-24 Grad C. Die Januarisotherme zeigt 0- +2 Grad C., was die Gottscheer Landschaft klimatisch dem nördlichen Bosnien und den östlichen Alpenlandschaften gleichstellt. Die warme Periode währt 6-7 Monate, die Frostperiode nicht unter drei Monate. Doch kommt es vor, daß der erste Schnee schon Ende Oktober fällt und Nachtfröste noch Anfang Mai eintreten. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt für die Stadt Gottschee auf Grund der Berechnungen für die Jahre 1871/85 8,36 Grad C. Dieselbe entspricht somit dem am Westrande des Böhmischen Beckens gelegenen Pilsen.

Meteorologische Beobachtungen wurden von 1871 bis 1918 vom Auerspergschen Fortsamt in Gottschee im Auftrage der K. K. Meteorol. Reichsanstalt in Wien geführt.

Je nach Lage der einzelnen Becken und Ortschaften differieren die Temperaturen in der Gottschee nicht unerheblich. Im allgemeinen wird man dem Gottscheer Hochland ein rauhes Klima zuzuschreiben haben. An seinem Rande im Nordosten Osten und Südosten hat das Gottscheer Land schmale Streifen südlicher Wärme und Vegetation. Solche Striche milderen Klimas sind der untere Teil der Talfurche der Moschnitze die Hänge der oberhalb des Tschernembler Bodens aufsteigenden Terrasse, wo auf der Strecke Straßenberg- Rodine- Maierie- Döblitsch gleichfalls die Rebe wächst, sowie die schmalen sonnigen Becken am linken KuIpa-Ufer, so von Pölland hinunter nach Altenmarkt.



Niederschläge in Gottschee


Meeresnähe, Luftdruck und Winde machen das Gottscheer Hochland zu einem äußerst niederschlagsreichen Gebiete. Es liegt innerhalb der Insel starken Niederschlags von über 1500 mm, die sich im Bereich der Dinarischen Alpen längs der Ostküste der Adria von Görz bis nach Albanien zieht. Die Luftschichten, die sich im Mittelmeer und in der Adria mit Wasser sättigen, werden nordostwärts getrieben und befreien sich von ihrem Wassergehalt, wenn sie von den Winden an den Rändern des Gottscheer Hochlandes zu 1000 m hinaufgetrieben werden. Von Bergzügen dieser Höhenlage hat die Landschaft Gottschee ja eine ganze Reihe. Für die Stadt Gottschee wurde die Niederschlagsmenge für die schon obengenannte Zeitdauer auf 1570 mm berechnet, d. i., wenn wir einen Vergleich mit den Orten Laibach, Agram oder Fiume führen, eine sehr starke Niederschlagshöhe.

Gerade der Reichtum an Niederschlägen ist es, der sich der schnellen Verkarstung des Bodens im Gottscheer Lande entgegenstellt. Der in den Klüften sitzende Kalk würde bei größerer Trockenheit die Bodenkrume rascher auslaugen und den Zersetzungsprozeß beschleunigen.

Die beigegebene Niederschlagskarte (sie ist entnommen der Niederschlagskarte von Kärnten des K. K. Hydrographischen Zentralbüros in Bd. II, Kärnten des Werkes "Klimatographie von Österreich". Wien 1909). Eine Sonderbearbeilung von Krain liegt in dieser Reihe nicht vor. Der Weltkrieg und seine Nachwelten haben wohl die Verarbeitung der vorliegenden Materialien gehemmt. Eine ältere Übersicht über das Klima Krains bot Ferdinand Seidl. Mitt. d. Krainer Museal V. IX 1896, XI 1898, XIV 1901, XV 1902)
veranschaulicht, wie die hohen westlichen Gebirgsumrandungen des Gottscheer Hochlandes vom Regenfall am reichsten bedacht sind und daß sich letzterer gegen das Innere des Nordteils der Südosthalbinsel nach Abregnung der Wolken immer mehr verringert. Jedoch daß im Juni und Juli mehrere Wochen hintereinander kein Regen fällt, ist keine Seltenheit. In solchen Fällen ist die Heuernte im Lande eine dürftige.

Von elementarer Mächtigkeit sind die Nebelbildungen, die sich im Herbst über den Beckenlandschaften entwickeln. Als ich Mitte Oktober in den Vormittagsstunden auf der Höhenstraße Friesach-Hohenegg wanderte, lag bis gegen Mittag ein dichtes Nebelmeer über der Gottscheer Talung, dessen Schwaden sich
erst gegen die Mittagsstunde lösten. Und ein gleiches beobachtete ich, als ich einige Tage später von Nesseltal über die südlichen Hornwaldzüge nach Unterdeutschau hinabstieg.
Dr. Hugo Grothe, Die Deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien, 1931






Prof. Dr. Edgar Lehmann

Das Gottscheer Hochland, Klima und Pflanzenwelt, 1933.


Im gröbsten Umriß betrachtet, tritt uns im Gottscheer Hochland die Physiognomie mitteleuropäischer Klima- und Vegetationsverhältnisse entgegen. Der Wald, der die Grundstimmung für das ernste Gesicht des Landes gibt, ist der beredte Ausdruck für das Walten eines ähnlichen Klimas wie in unseren regenreichen deutschen Mittelgebirgen. Still und ernst reiht sich die Tanne neben die charakteristische Rotbuche, die in Mischwaldform mit Fichtenbeständen um den Vorrang kämpft. Nur vereinzelt finden sich Schwarzföhren und Eichen und relativ selten auch einmal eine Edelkastanie. Auch dort, wo der rodende Mensch den Bestand des Waldes gelichtet hat, sind die Härten und Kanten der Dolomitfelsen gemildert. Wie ein unsorgfältig über die Landschaft geworfener Schleier wirken die grünen Weiden mit ihren einzeln stehenden Birken und Lärchen, mit ihren Wachholder- und Haselnußstauden oder die mühselig gefurchten Ackerfelder, die die Saaten von Buchweizen, Hirse und Mais bergen.



Skizze der Waldzusammensetzung


So nimmt das Gottscheer Hochland pflanzengeographisch keine besondere Stellung im Verhältnis zur Umgebung ein (vgl. Hayek, 1907). Erst wenn wir die Pflanzendecke und das Klima im Detail betrachten, erkennen wir in einigen untergeordneten, geographisch kaum hervortretenden Zügen die merkwürdige Zwischenstellung unseres Gebietes. So kann man auf den sommerdürren Schachenböden die Steppengräser der pannonischen Flora beobachten, besonders Stipa capulata. Andererseits finden sich Vertreter der illyrischen Pflanzengesellschaft, die in größerer Zahl jedoch nicht in unserem Gebiet, sondern in dem angrenzenden, niedrigeren und wärmeren Möttlinger Boden siedeln. Beck von Mannagetta (1901, 1908) kommt zu dem Ergebnis, daß die illyrische Flora zwischen dem Krainer Schneeberg und dem Uskokengebirge ihren Haupteinbruch nach Krain vollzogen habe. Schließlich ist das Vorkommen der Stechpalme (Ilex aquifolium) als Ausdruck starker ozeanischer Klimaeinflüsse zu werten. Die harten, glänzenden Blätter dieses immergünen Strauches finden sich bis zu Höhen von 650 m an den nordwestlich exponierten Hängen des Hornwaldes und des Friedrichsteiner Waldes.

Wir sehen aus diesem floristischen Bestand, daß man auf kontinentale Klimaeinflüsse ebenso gut schließen kann wie auf ozeanische. Das Maß der kontinentalen und ozeanischen Einflüsse wird durch die lokalen Geländeverhältnisse sehr stark modifiziert. Nur für die Stellung des Ländchens zu den großen Klimaprovinzen ist ihre Betrachtung von Wert.

In den Ruhezeiten der Vegetation, im Winter, hat das Ländchen an dem relativen Niederschlagsminimum des kontinentalen Pannonien teil. Immerhin wird das Gebiet in dieser Jahreszeit reicher benetzt als durch die wenigen Niederschlagstage des Sommers, namentlich des August (1). Diese gleichsam doppelwellige Verminderung der Niederschlagshäufigkeit, die im Sommer als ein Ausklingen der südlichen mediterranen Klimaprovinz aufzufassen ist im Gegensatz zu der mehr kontinental bedingten des Winters, kennzeichnet gut die Rolle eines Übergangsklimas. Um das etwas näher zu charakterisieren, greifen wir den Hauptort Gottschee heraus, für den die mittleren Monatssummen der Niederschläge für die Beobachtungsreihe 1876-1900 zur Verfügung stehen (2).


 
Frühjahr
Sommer
Herbst
Winter
Gottschee
379
414
493
267


Was die relativ hohe Niederschlagsziffer des Sommers betrifft, so hat es nur den Anschein, als ob sie den geschilderten Verhältnissen nicht entspricht. Durch die Kontrolle der Niederschlagshäufigkeit an Hand des uns von Seidl (1896) gelieferten Materials läßt sich für die Jahrgänge 1872/92 feststellen, daß der Regen im Sommer mehr in Form heftiger Güsse, im Winter dagegen sanft und langanhaltend zur Erde niederfällt. Die Regenmenge ist im Winter in Gottschee 90 mm größer als in Stauden-Rudolfswerth und 83 mm größer als in Triest. Im Sommer dagegen kehren sich diese Verhältnisse um: Gottschee erhält 41 mm weniger Niederschlag als Stauden-Rudolfswerth, während es freilich gegenüber Triest noch weit im Vorsprung bleibt. Vergleicht man dagegen die Werte hinsichtlich ihres prozentuellen Verhältnisses zu der jährlichen Gesamtsumme des Niederschlags, so fällt die Übereinstimmung der Jahreskurven auf, unter denen die von Gottschee und Triest geradezu kongruent erscheinen. Zum Beleg sei der Niederschlag in Prozenten der Jahressumme hier kurz zusammengestellt:


 
Winter
Frühling
Sommer
Herbst
Triest
17.02
24.12
26.53
32.35
Gottschee
17.19
24.10
26.66
31.75
Stauden
15.42
24.30
39.63
28.83


Nach diesem Befund zu urteilen, schaltet sich das Gottscheer Land in die klimatische Abstufung von der Adria her etwa in folgender Weise ein: Während in Stauden-Rudolfswerth mit Entschiedenheit noch das pannonische Klimaregim vorwaltet, entwickelt sich in Gottschee, wenn man die geringe Niederschlagshäufigkeit in Betracht zieht, zum mindesten ein sekundäres Sommerminimum. Im Herbst steht der Gottscheer Raum durch seine ergiebigen Regen unter der Herrschaft des mediterranen Seeklimas.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Wärmeverhältnisse. Der Verlauf der die Seehöhe ausschaltenden Isothermen gibt hier eine grobe, aber richtige Anschauung. Wegen der sehr geringen Zahl der Beobachtungspunkte läßt sich aus den wirklichen, nicht umgerechneten Temperaturen vielfach weniger erkennen als aus der Interpretation der topographischen Karte, die wir bei der Charakteristik der besonderen Eigenschaften des Klimas und der Pflanzenwelt später vornehmen werden.

Im Januar ist das kleine Gebiet nach Art einer Kälteinsel von der - 1° Linie (s. Trabert, 1901) umschlossen. Nach der adriatischen Seite hin wird der erwärmende Einfluß des Meeres maßgebend für den gradlinigen Verlauf der Isothermen, die in paralleler Anordnung hinziehen. Im Osten dagegen verlaufen die Wärmelinien in unregelmäßigen Windungen, die durch die Gestalt des Geländes bedingt sind. So tritt der durchgreifende Faktor der orographischen Lage
in die Erscheinung: die großen Talungen begünstigen die winterliche Wärmeausstrahlung und die Ansammlung erkalteter Luftmassen. Anders im Sommer. Zu dieser Zeit wird unser Gebiet von der 21° Isotherme durchzogen. Es ist bemerkenswert, daß es auch noch geringen Anteil an einer kleinen Wärmeinsel hat, die von einer 22° Isotherme in der Gegend westnordwestlich von Rudolfswerth umschlossen wird. So relativ kalt wie das Gottscheer Hochland im Winter ist, so warm ist es im Sommer. Es zeigt im Juli die gleichen Temperaturgrade, welche den Hochflächen des Karstes zwischen Fiume und dem Quellgebiet der Kulpa eigen sind. Bei weitem weniger Interesse kommt den Isothermen der Übergangsmonate April und Oktober zu. Hier deuten die Mittelwerte der Isothermen von 11° bzw. 12° lediglich auf eine weit größere Ähnlichkeit mit den Temperaturverhältnissen des Sommers als des Winters.


Besondere Eigenheiten des Klimas

Bei näherer Betrachtung der klimatischen Züge ergeben sich aus den Temperaturverhältnissen die Kennzeichen eines Kontinentalklimas in erhöhtem Maße. Reya Oskar (1928) rechnet auf Grund der Untersuchung des jährlichen Ganges der Amplitude der Lufttemperatur das Gottscheer Land dem echt kontinentalen Klimatypus zu, den er im Gegensatz zum gemäßigt kontinentalen Typus östlich der Steiner Alpen und des Unterkrainer Hügellandes aufstellt.

Mittlere monatliche Temperatur der Station Gottschee / Stadt:


J.
F.
M.
A.
M.
J.
J.
A.
S.
O.
N.
D.
-2.9
-1.0
2.9
8.0
12.6
16.7
18.6
17.5
13.7
9.4
3.3
-1.5


Wie die vorstehenden Werte zeigen, erfolgt eine bemerkenswerte Temperaturzunahme vom März zum April, eine auffallende Abnahme vom Oktober zum November. Bedenken wir, daß die Wendepunkte der Jahreskurve in den einzelnen Jahren nur kleine Änderungen aufweisen, so wird das vorgeschrittene Stadium im Temperaturübergang vom marinen zum kontinentalen Klima ersichtlich. Der Gegensatz zu Triest bekräftigt dies:

Triest:


J.
F.
M.
A.
M.
J.
J.
A.
S.
O.
N.
D.
4.5
5.5
8.3
13.0
17.4
21.6
24.2
23.5
19.9
15.1
9.4
5.7


Man erkennt durch den Vergleich, daß die Zunahme der Kontinentalität vielmehr durch Verschärfung des Winters als durch Erhöhung der Sommerwärme erfolgt, und im Frühling bleibt Triest unter dem Einfluß des sich langsam erwärmenden Meeres relativ kühl, während in dem rasch die Wärme annehmenden Gebirgsinnern von Gottschee der Temperaturanstieg vom Jahresminimum viel schneller von statten geht. Am stärksten ist der Einfluß des adriatischen Klimas noch im Oktober fühlbar durch die annähernde Identität der Temperaturenkurven. Hierzu kommt noch ein Moment, welches die klimatische Stellung unseres Gebietes wirksam hervorhebt. Das ist die mittlere, relative Jahresschwankung der Temperatur. Nach einer Berechnung Seidls (1891/1902) beträgt das relative Maximum der Temperatur für die Jahre 1876 bis 1885 in Gottschee 33.2 °. Nur die östlicher und tiefer gelegenen Orte Rudolfswerth und das noch fernere Agram verzeichnen um ein geringeres höhere Werte, während sonst alle anderen Stationen Krains diese Zahlen nicht mehr erreichen. Um einen Maßstab für die Eigentümlichkeit dieser Extremwerte zu gewinnen, sei daran erinnert, daß beispielsweise die größten mittleren Wärmemaxima der ungarischen Tiefebene und des Banat auch nur 34.5 ° bis 36.5 ° betragen. Hinsichtlich der mittleren Minima der Temperatur aber nimmt unser Gebiet eine noch bemerkenswertere Stellung ein. Mit einer Temperatur von -22.3° steht hier Gottschee in nur 462 m hoher Lage allen anderen krainischen Stationen in der Ausbildung des mittleren relativen Temperaturminimums voran. Auch hier sei zum Vergleich auf Triest mit einer durchschnittlich niedrigsten Temperatur von -4.5° gewiesen.

Besonders eigentümlich hierbei ist eine auffallend starke Nebelbildung (Gottschee 68, Triest 25 Nebeltage), auf die wir im einzelnen noch zurückkommen werden. Namentlich im Herbst liegt in den Talungen ein dichtes Nebelmeer, dessen Schwaden sich erst gegen die Mittagsstunden lösen.

Auch hinsichtlich der Niederschläge (vgl. Deutsch, 1907) lassen sich besondere Züge hervorheben. Im Vergleich zu Laibach, Agram und Fiume ist die auf die Zeit von 1871 bis 1918 berechnete Jahressumme von 1570 mm in Gottschee recht bedeutend. Das Ländchen gehört somit in seiner Regenhöhe jenem Streifen Niederschlags von mehr als 1500 mm an, der an der Ostküste der Adria von Görz bis nach Albanien zieht. Dabei fällt im Juni und Juli oft mehrere Wochen hintereinander kein Tropfen Regen.

Schon der folgende Vergleich der Niederschlagszahlen von Obergraß, Rieg und Gottschee für die Periode 1876-1900 (s. Beiträge zur Hydrographie Osterreichs, 1918) zeigt, daß die Winde naturgemäß um so ärmer an Feuchtigkeit werden, je weiter sie von Südwesten in das Gottscheer Hochland eindringen.

Die durchschnittliche Jahresmenge des Niederschlags beträgt für Obergraß: 1896 mm, Rieg: 1586 mm, Gottschee: 1553 mm. Für den nördlicher liegenden Ort Altlag, für welchen ombrometrische Beobachtungen erst seit dem Jahre 1902 durchgeführt wurden, ergeben sich selten Jahresniederschläge über 1400 mm (3). Allerdings sind es nur die Niederschlagsmengen und die Dauer der Schneedecke, die mit zunehmender Seehöhe steigen bzw. von längerer Dauer sind, während die Zahl der Niederschlagstage dieser Regel nicht folgt. Das geht deutlich aus einer Durchsicht der Jahresberichte der hydrographischen Anstalt hervor.

Es ist nicht zu übersehen, daß im Mai in der Rieger und Gottscheer Talung eine höhere Niederschlagssumme zu verzeichnen ist als um Obergraß. Es entspricht wohl der Weite und Größe dieser Talungen, wenn sie beim Übergang zur warmen Jahreszeit reichliche Veranlassung zu aufsteigenden Luftströmungen und damit zu lokalen Kondensationen bieten. Wie in den südöstlichen Alpentälern sind die Monatsmittel des Mai dabei großen Schwankungen unterworfen. In erster Linie sind es jedoch, wie erwähnt, die dinarisch streichenden Bergzüge, welche die verschiedene Ergiebigkeit der Niederschläge bedingen. Sie stellen sich der herrschenden Windrichtung entgegen. Nachdem sich der Wasserdampf in den höheren Lagen um Merleinsrauth kondensiert hat und die Luftmassen beim Aufstieg auf die Höhen des Rieger Bergwaldes einen großen Teil ihrer Feuchtigkeit abgegeben haben, entfernen sie sich beim Absteigen in die Rieger und Gottscheer Talung von ihrem Sättigungspunkt, werden wärmer und bedingen somit die geringeren Niederschlagssummen (4). Die Geländeverhältnisse sind also das Entscheidende. Dafür sei noch ein Beispiel erwähnt. Auf den Abfall des Hornwaldes gegen die beiderseitigen Vorlagen können die Winde ungehemmt einwirken: sie fördern im Verein mit der Sonne die Transpiration der Pflanzen, sie bringen den Schnee viel rascher zum Schmelzen als in den Tieflagen, sie veranlassen die kalte Luft zum Abzug und beschränken so die Frostgefahr. Als ich am 20. April 1928 aus der Gegend von Maierle den Höhen um Stockendorf zuwanderte, hatte ein Niederschlag auf alles über 650 m hoch liegende Gebiet eine Schneedecke gebreitet. So war es am Morgen und am Vormittag. Aber sobald die Sonne ihren höchsten Stand eingenommen hatte, verschwand der Schnee bis auf kleine Reste. Anders in der von Obergraß gegen Merleinsrauth ziehenden Talung. Hier bekundete man mir, daß dort der gleiche Schnee über fünf Tage liegen geblieben war. Welchen bedeutsamen Einfluß dieser Umstand auf die Vegetation ausübt, ist leicht daraus ersichtlich, daß zu derselben Zeit in der Gegend um Maierle und Rieg das Symbol des Lenzes, der Blütenschmuck der Obstbäume, Herz und Auge erfreute.


Charakteristische Züge des Pflanzenkleides

Waldlandschaft


Die Angaben über Temperatur und Niederschläge kennzeichnen zugleich die wichtigsten Voraussetzungen für das Gedeihen der pflanzlichen Organismen. Die Buche, die Tanne und Fichte, die vorherrschenden Waldbäume, zeigen, genau wie die klimatischen Durchschnittswerte, trotz der ziemlich großen Höhendifferenzen im Untersuchungsgebiet, keine Unterschiede, die für die Gliederung in der Horizontalen oder Vertikalen maßgebend sein könnten. Das trifft nur für einige Gehölze zu, die, wie die Edelkastanie, im Gottscheer Ländchen nur ein schwieriges Fortkommen finden. Daher ist auch die beigegebene Vegetationskarte lediglich als Mittel zu werten, die verschiedene Struktur der gleichen Pflanzenformationen an den verschiedenen Orten als Ausdruck für die lokalklimatischen Verhältnisse zu erkennen. Mit anderen Worten: das Hauptaugenmerk hat der Frage der Exposition im Zusammenhang mit der verschiedenen Ausprägung des Temperaturgradienten zu gelten.

Das Waldbild der Gottschee zu zeichnen, ist schwierig, weil, wie erwähnt, vornehmlich Mischwälder mit Buchenbeständen als Grundzug das Gepräge bestimmen. Aber die Beimengung der in den Buchenwald eingesprengten Tannen und Fichten ist verschieden. Bald treten sie gruppenförmig auf, bald bilden sie eine regelmäßige Durchsetzung der Laubwaldbestände. Wo in muldenförmigen Einsenkungen ein verhältnismäßig mächtiger Lehmboden lagert, kommt es zuweilen zur Bildung eines kleinen Tannengehölzes. Das ist z. B. an folgenden Orten der Fall: "In der Eben" (551 m) auf der Deblic-Wiese, in den südwestlichen Vorlagen, zwischen den Koten 957 und 847 südlich von Alt-Friesach, in der Tiefe bei der Ortschaft Suchen südlich von Schlechtbüchel, ferner zwischen dem Langenbachtaler Berg und "Kohlgruben" südlich von Stalzern. Es dürfte sehr schwer zu entscheiden sein, wie weit menschliche Eingriffe für das Vorkommen dieser Tannenbestände mit im Spiele sind. Günstige Lebensbedingungen sind in diesen Hohlformen für die Tanne insofern geschaffen, als sie alle offen sind und durch ungehinderten Luftzug die für diese Holzart gefährlichen Spätfröste verhindert werden. In der gesamten Gottscheer Talung findet sich dagegen weit und breit keine Tanne, nur unweit der Stadt Gottschee ragt düster und ernst ein ganz kleiner Bestand auf, der seiner Auffälligkeit wegen vom Volke mit einem eigenen Namen benannt wurde. Es ist also in der Ebene das Optimum des Tannenwachstums wegen der größeren Spätfrostgefahr stark herabgedrückt. Die gleichen Gründe sind in verstärktem Maße für die Umgebung des Polje von Nesseltal anzuführen, wo die Tanne erst in 850 m Höhe aufkommt. Die beckenartige Ausbildung dieses Geländes verursacht hier noch im Mai (5) Nachtfröste. Diese Feststellungen gelten auch für die Rieger und die Tschermoschnitzer Talung wie für die Niederungen um Altlag, während in den hochgelegenen Talböden zwischen Obergraß und Merleinsrauth gerade günstige Bedingungen für das Gedeihen der Tanne gegeben sind. Denn eine dreimonatige frostfreie Vegetationsperiode ist auch hier gewährleistet, und die mittlere Juli / August-Temperatur (6) geht hier ebenfalls nicht unter 13-14 ° herab, die Spätfrostgefahr aber ist angesichts der höheren Gebirgslage gemildert.

Eigentlich läßt das Klima, das man im Vergleich zu dem ebenfalls mit Tannen und Buchen bestockten Wasgau und Schwarzwald fast als ein vorzügliches Tannenklima bezeichnen kann, in den Gebirgswäldern der Gottschee ein viel häufigeres Auftreten der Tanne in geschlossenen Beständen erwarten. Daß diese Erwartung nicht zutrifft, liegt sicherlich in der Raschwüchsigkeit der Buche begründet, welche die ähnlichen Eigenschaften der Tanne noch übertrifft (s. Rubner, 1920). Erst in zweiter Linie schaffen die edaphischen Verhältnisse verschiedene biologische Standortsbedingungen. Man kann z. B. hier und da ein Zusammenfallen geologischer und vegetativer Grenzen konstatieren, indem die Tannen auf sandig dolomitischen Böden zuweilen einen Vorrang gegenüber den Buchen gewinnen.

Im Mischwald gesellt sich der Vorzug des Buchenwaldes, nämlich, Humus zu bilden, zu dem Vorzug des Nadelwaldes, Licht bis zum Boden durchzulassen. Sträucher als Unterholz, in deren Schutz und Schatten eine Unzahl krautiger und grasartiger Pflanzen gedeihen, mehr oder weniger kümmerliche Vertreter von Brombeeren und Seidelbast, Waldmeister und Zahnwurz, dann wieder viele Buchen- und Tannenkeimlinge, schließlich Moose, die als Bodenschichten keine große Rolle spielen, Pilzmyzelien, die den humusreichen Untergrund durchwuchern - das sind die Pflanzen, die die Flora des normalen Buchenmischwaldes im Gottscheer Land charakterisieren.

Hinsichtlich der Exposition läßt sich feststellen, daß die Südwest-, Süd- und Südostlagen von der Tannendurchsetzung bevorzugt sind, während die Nord-, Nordost- und Ostexpositionen oft durch ihre gleichmäßige Decke von Laubstreu und Humus auf die reinere Ausbildung des Buchenwaldes weisen. An den oberen Hangteilen der Tschermoschnitzer Talung, bei der Gatschen und beim Siegereit stocken fast reine Buchengründe auf. Auf der gegenüberliegenden, nach Südost blickenden Seite des Kofel herrscht dagegen eine düstere Stimmung vor, die durch die zahlreicher untermischten Tannenstämme verursacht wird. In der nördlichen Fortsetzung der Talung gegen Pöllandl sind diese Gegensätze wieder verwischt. In schöner Ausprägung treten sie an den ostexponierten Hängen des Heiligen Geistberges und des Kositzen auf, ferner an den nach Osten schauenden Hängen des Spaha und seiner über Tanzbühel ziehenden Fortführung bis zum "Königreich", ferner im gesamten Verlauf des Kummerdorfer Berglandes, soweit seine Flanken auf Friesach, Kummersdorf und Lichtenbach weisen, weiter an den Nordostseiten des Trestli verh und des Nock und des weitläufigen Rieger Berglandes. - An allen diesen Stellen tritt der Pflanzenverein des Buchenwaldes in ziemlich reiner Zusammensetzung auf. Nur ein Teil des Bodengrundes ist hier im Sommer grün, ein anderer Teil hat seine Vegetationszeit bereits vor der Belaubung der Buchen beendet und trägt so zu dem angedeuteten Gegensatz bei, der durch die Dürftigkeit des Unterwuchses im reinen Buchenwald gegenüber den vornehmlich von Tannen untermischten Süd-, Südwest- oder Südostberglehnen hervorgerufen wird. Als Beispiele für die Gunst, die die südliche Himmelslage dem Aufkommen der Tannen zu gewähren scheint, sei nur auf ihre auffällig häufige Beimengung an den die Reichenauer Talung einrahmenden Westhängen hingewiesen, ferner auf die Südwestseiten des Kummerdorfer Berglandes und des Friedrichsteiner Waldes. Es scheint die größere Schattenfestigkeit der Tanne zu sein, die ihr das Vordringen auf Kosten der Buchen an den gekennzeichneten Ortslagen gestattet. Diese Annahme wird bekräftigt durch die Tatsache, daß im Sommer die Süd- und Südwesthänge dieses Kalkgebietes extrem trocken werden können. Entfallen doch während des Juli und August zuweilen weniger als sieben Niederschlagstage bei einer Temperatur von 18-22 ° auf den Monat!

In stärkerem Maße wirken sich die Zeiten sommerlicher Trockenheit auf die Fichten aus. Ihrem stetigen Bedarf an Feuchtigkeit, der im Zusammenhang mit ihrer Flachwurzeligkeit steht, ist es zuzuschreiben, wenn sie neben der Tanne erst an zweiter Stelle dem Buchenwald beigemengt sind. Am häufigsten konnte ich das Fichtenvorkommen auf mehr oder weniger ebenem Gelände wahrnehmen, was auf eine Verknüpfung mit den Grundwasserverhältnissen weist. Vielfach aber wird heute die rascher wüchsige Fichte künstlich der Buche gegenüber gefördert, so daß es sich nicht um natürliche Bestände handelt. Während des Frühjahrs konnte ich oft genug, namentlich in der Nähe der Ortschaften, Zeuge des Setzens junger Keimlinge sein.

Die gegenseitige Abschätzung des Wertes der einzelnen pflanzlichen Faktoren führt zu der Frage, ob nicht im Klima und Relief die Bedingungen gegeben sind zur Abgrenzung der vorherrschenden Formationen gegenüber solchen Gebieten, in denen auch die Vertreter anderer Formationen eine wichtige Rolle spielen.

Wenn wir nach dem Vorbild Köppens das Klima unseres Landes durch eine möglichst charakteristische Holzart bezeichnen wollen, so hätten wir nur zwischen dem Schlagwort "Buche" oder "Tanne" zu wählen. Aber schließlich gehört ja ganz Westeuropa mit seinem feucht temperierten Klima dem sommerkühlen "Buchenklima" an. Und wie die Buche, so eignet sich auch die Tanne nur im großen zur Charakteristik des Gottscheer Landes. Das Besondere im Vegetationsbild unseres Raumes wird dagegen durch das Vorkommen der Kastanie gekennzeichnet.

Angesichts der Schwellenwerte der Temperatur des wärmsten und kältesten Monats ist die Seltenheit der Kastanie in unserem Gebiete gut erklärlich, ganz abgesehen davon, daß sie auf den Kalkböden der Gottschee wegen ihrer Vorliebe für Kieselböden nicht die besten Standortsbedingungen findet (vgl. Schimper, 1898). Überprüft man die Werte der Temperaturen, so erkennt man weiter aus dem Verlauf der Jahresperioden, daß die Kastanie ihre Früchte nicht ausreifen lassen kann. Denn dieser Baum braucht eine Vegetationszeit von mindestens 6-7 Monaten über 10 ° C, eine Voraussetzung, die in unserem Ländchen nicht erfüllt ist (vgl. Engler, 1910/11). Vor allem aber zeigt die Art der Verbreitung und die Seltenheit des Auftretens dieses wärmeliebenden Vertreters südlicher Klimaprovinz, wie wenig die illyrische Flora überhaupt im Vegetationsbild des Landes zur Geltung kommt. Fast nur in tiefen Lagen und in südlichen und südöstlichen Expositionen mischen sich ihre Laubkronen unter die anderen Waldbäume: an den Hängen des Tschermoschnitzer Tales bei Untertappelwerch (etwa 500 m), in den südöstlichen Vorlagen des Hornwaldes, auf jener Linie, die durch die Orte Petersdorf, Naklo, Rodine, Straßenberg und Maierle bestimmt ist. Auch bei Brunngereut und Wistritz ragen sie auf, verhältnismäßig zahlreich am südlichen Fuße des Zezelj, am Rande jener Straße, die vom Tanzberg nach Altenmarkt führt. Schließlich sind Kastanien am Ostfuß des Kositzen unweit Vornschloß zu beobachten, wie auch bei Unterskrill, Unterfliegendorf und Suchenreuter, südöstlich von Mrauen usw.

Offenbar hängt das Auftreten der Kastanie an diesen Orten damit zusammen, daß die Buche die trockeneren Tieflagen meidet und die Kastanie den Kampf mit ihr aufzunehmen vermag. Jedoch ist die Trockenheit im Sommer nicht so groß, daß sie die Vegetationskraft der Buche einschränken würde. Der Kampf ist ohne Erfolg. Der Klimacharakter des Gottscheer Ländchens beschränkt die Bedeutung des Vorkommens der Kastanie lediglich auf eine grenzbildende Wirkung im vegetativen Sinne. Aber gerade diese Eigenart lehrt uns besser als alle ausgerechneten Mittelzahlen der Temperatur oder als alle sonstigen, zahlenmäßig belegten biologischen Optima den Gesamtzustand des Klimas erkennen. An begünstigten Stellen Unterkrains tritt die Kastanie bereits als Bestandbildner in unmittelbarer Nähe unseres Hochlandes auf. Im Gottscheer Ländchen kommt die Kastanie jedoch nur dort vor, wo ihr durch die Auswahl des Standortes genügend Wasser, Wärme und Licht zur Verfügung steht. Darum tritt sie besonders in Gesellschaft der Eichen und, in geringerem Maße, auch der Föhren auf. Im lichten Eichenwald findet dieser eigentlich in Südländern heimische Baum eben genügend Raum und Licht, gleichwie ihn seine tiefen Wurzeln ärgere Verdunstungsverluste ersetzen lassen.

Die nachbarlichen Beziehungen der Eichen, Kastanien und Föhren schaffen ein Verhältnis, dem fast das Prinzip einer Pflanzengemeinschaft innewohnt. Den nachhaltigsten Einfluß üben die genannten Individuen auf das Landschaftsbild dadurch aus, daß die klimatischen Verhältnisse den Eichen und Kastanien zwischen 400 und 550 m, den Föhren zwischen 400 und 600 m am besten zu entsprechen scheinen. In diesen Höhen leben sie gesellig, während sie mit Annäherung an höhere Lagen hinter den Buchen, Tannen und Fichten völlig zurückstehen. Letzteres ist auch fast überall dort der Fall, wo die Föhren und Eichen den weniger anspruchsvollen Schattenhölzern infolge schlechter Exposition nicht Widerstand leisten können. Denn es ist wohl auf den hohen Wärmeanspruch jener Gehölze zurückzuführen, wenn wir sie vornehmlich auf sonnenseitigen Hängen finden, wenn wir sie vor allem an die Waldränder gedrängt sehen, abgesehen von jenen besonders günstigen Standörtlichkeiten, wo sich, wie im weitesten Umkreis von Altlag, ausgedehnte Eichenwaldungen erhalten haben.

Ein Blick auf die petrographische Karte lehrt, daß die Verteilung der letztgenannten Baumarten nicht aus Vorliebe für bestimmte Böden erfolgt. Die Tatsache, daß die Eichen, die den Kalkboden vorziehen, zusammen mit Kiefern auftreten, welche gerade als nicht kalkliebende Arten angesprochen werden dürfen, beleuchtet klar dieses Verhältnis. Die Unduldsamkeit, die beide Gehölze von seiten der Buchen und Tannen im allgemeinen erfahren, ist das bestimmende Moment. Freilich, der Nährstoffgehalt der Böden spielt sekundär auch eine Rolle. Besonders auffällig kommen diese Beziehungen in der Humusbildung zum Ausdruck. Die Kiefern- und Eichenhaine zeigen einen üppigen Unterwuchs von Heide- und Beerensträuchern, welche die Humusbildung befördern. Trotzdem sind die Humusschichten hier nicht so mächtig wie in den Buchenwaldungen, wo ich zuweilen solche von 30-40 cm Mächtigkeit beobachten konnte.

Es ist schwer, zu sagen, ob die Föhren und die Eichen in früheren Zeiten eine wesentlich größere Verbreitung gehabt haben. Es hat den Anschein, daß sie nur an solchen Orten sich als Relikt erhalten konnten, die der Buche nicht zusagen. Hier teilen sie ihr Herrschaftsgebiet in der Weise, daß bald mehr die gemeine Kiefer (Pinus silvestris), bald mehr die Schwarzföhre (Pinus austriaca) das Vegetationsbild bestimmt. Eine Gesetzmäßigkeit für das Vorkommen der einen oder der anderen Art läßt sich nicht erkennen. Nur ein Übergewicht der Schwarzföhre, die auch zur Aufforstung verwendet wurde, erscheint ziemlich sicher (vgl. Rubbia, 1912; Pucich, 1900; Leiningen - Westerburg, 1917). Das ist klimatisch begründet. Denn dieser Baum ist in so starkem Maße auf hohe Temperaturen und hohe Niederschläge während der Vegetationszeit angepaßt (vgl. Cajander, 1921), daß man eigentlich eine noch viel größere Verbreitung im Gottscheer Land erwarten müßte, wo diese klimatischen Bedingungen weitgehend erfüllt sind.

Zum Abschluß dieses Überblicks über die verschiedenen Waldtypen des Gottscheer Landes soll ein Bild entworfen werden von der charakteristischen Zusammensetzung des Waldes in dem von Menschen fast unberührten Morobitzer Bergland. Das ursprüngliche Waldbild, das sich dort bietet, bedrückt in seiner Unordnung und Dunkelheit den Wanderer. Das mag von den riesigen Altholzmengen herrühren, die am Boden umherliegen, von dem schier undurchdringlichen Gestrüpp und den wuchernden Waldreben auf den kreuz und quer umgestürzten, vermorschenden Stämmen. Wo sie hochschaftig gegen den Himmel ragen, den ihr Kronendach nur in spärlichen Ausschnitten freigibt, haben sie fast alle ein ehrwürdiges Alter. Ein hoher Wildstand, Reichtum an Rehen und Hirschen, das Vorkommen von Wildschweinen und die Tatsache, daß der Jäger hier und dort noch auf Bären und Wölfe zum Schuß kommt, paßt gut in die Ursprünglichkeit dieser Waldlandschaft. Zuweilen fallen einzelne Gruppen jüngerer Bäume in den Mischwaldungen auf, zuweilen auch erscheinen einzelne Horste verhältnismäßig reiner Bestände von Tannen oder auch Fichten. Aber nirgends ist ihr Auftreten in irgendeiner Weise an die Dolinen geknüpft. Es ist hier wie im gesamten Gottscheer Hochland eine Vegetationsumkehr der Dolinen im Sinne Beck von Mannagettas nicht zu konstatieren. Was das gruppenweise Siedeln einzelner Baumarten anbetrifft, das im übrigen recht selten ist, so haben wir es hier wahrscheinlich mit einer durch die natürliche Verjüngung hervorgerufenen Ungleichartigkeit zu tun, der durch Windbruch vorgearbeitet zu sein scheint. Dafür wenigstens spricht die topographische Lage dieser Orte ebenso wie der bloße Eindruck.


Die Kulturflächen

Für die Beurteilung des Klimas sind auch die Kulturflächen geeignet, bei deren Betrachtung man vor allem auf die Phänologie des Landes angewiesen ist. Es ist klar, daß man von dieser Methode wegen ihres statistischen Charakters keine völlige Exaktheit erwarten darf. Aber wenn an einem Orte, an dem die periodischen Lebenserscheinungen der Pflanzen zu verschiedenen Zeiten eintreten, die phänologischen Werte an bestimmte Differenzen der Höhenlage geknüpft sind, so sind auch Schlüsse auf die verschiedene Ausprägung des Klimas berechtigt. Solche sind erlaubt bei der vergleichenden Betrachtung der Gottscheer und der Rieger Talung mit jenen durch die Orte Morobitz, Merleinsrauth, Mittergraß und Obergraß gekennzeichneten Talböden. Die Forderungen der Vergleichsfähigkeit sind hier besonders gut erfüllt, da die morphologischen Analogien dieser Böden in der Übereinstimmung mit der gleichen Exposition und den Beleuchtungsverhältnissen wiederkehren (vgl. Pfaff, 1919).

Es ist verständlich, daß die Vegetationszeiten eine sehr geringe Verzögerung in den kaum um 100 m verschieden hoch liegenden Talungen von Rieg und Gottschee erleiden. Immerhin hält der Frühling in der Rieger Talung im allgemeinen 2-3 Tage später seinen Einzug als in der Gottscheer Talung. Auch die Haferernte verzögert sich in entsprechender Weise um 3-4 Tage. Diese phänologischen Verhältnisse, die sich auf Erkundigungen bei der Bevölkerung begründen, lassen sich z. T. durch den Vergleich mit den Jahresmitteln der Temperatur von Rieg und Gottschee stützen. Aber für den großen Kontrast in der phänologischen Abstufung, welcher sich zwischen der Rieger Talung und dem Gelände um Morobitz einerseits, um Obergraß, Mittergraß, Suchen und Merleinsrauth andererseits einstellt, fehlen die Beobachtungen der Temperaturmittel. Indes, die Temperaturmittel könnten hier wohl auch kaum der ausschlaggebende Faktor für die Erklärung sein. Denn eine relativ höhere Lage von kaum mehr als 100 m über der Rieger Talung und von kaum mehr als 200 m in dem Talungsabschnitt nordwestlich von Obergraß kann entsprechend dem Normalgefälle des Temperaturgradienten (7) von 0,5° keineswegs einen vierzehntägigen Unterschied in dem Beginnen der Blütezeit und dem völligen Reifen der ersten Früchte hervorrufen. Ehe wir diesen stark abweichenden Eintritt der phänologischen Jahreszeit zu erklären suchen, seien einige Beispiele, die von dem Ausmaß der Verhältnisse eine Vorstellung vermitteln, kurz angeführt. Im August 1928 erlebte ich, daß der Hafer in der Gottscheer Talung schon eingefahren war, während er in der Rieger Talung noch gestapelt auf den Feldern stand, ja um Obergraß usw. noch gar nicht geschnitten war. In Rieg und Gottschee beginnt die Frühlingssaat für Roggen, Hafer und Erbsen meist schon während des März, weil dann der Boden hier einen günstigen Grad von Feuchtigkeit erreicht hat. In dem Gelände von Merleinsrauth, Suchen, Mittergraß und Obergraß aber fällt sie erst in den Anfang des April. Ja, selbst der Haselstrauch stäubt in der Rieger Talung um einige Tage früher. Schon in der zweiten Hälfte des April sah ich die Kirschbäume in voller Blüte in Rieg und in dem reichen Obstgebiet von Morobitz, wo man mir versicherte, daß bereits Anfang Juni, oft schon am 1. Juni, die ersten Früchte reif sind. In dem Gebiet um Obergraß aber ist zu solchen Beobachtungen nur sehr wenig Gelegenheit, da hier nur unedle Apfelsorten, die meist zur Mostbereitung verwendet werden, gezogen werden. Oft kommen sie gar nicht zur Reife, obgleich es sich nur um eine durchschnittliche Höhenlage von rund 750-780 m handelt. Bereits am 14. September fand ich diese
Gegend von einer Schneedecke eingehüllt, die das noch kaum reife Obst zum Erfrieren brachte. Schneefall zu dieser Zeit ist eine Ausnahme, die aber in ihrer relativ häufigen Wiederkehr (8) gut die Rauheit des Klimas beleuchtet. Vielleicht spielt in diesem Gebiet bereits der Einfluß des lange schneebedeckten Krainer Schneebergs eine Rolle. Leider fehlen jegliche Schneebeobachtungen in den genannten Orten, so daß es schwierig ist, sich von dem durch die Höhenregionen variierten Klima eine genaue Vorstellung zu verschaffen. Jedenfalls muß das Zusammenwirken der klimatischen Faktoren in Morobitz, sowie in Obergraß, Mittergraß und Merleinsrauth ein anderes sein als in den tiefer liegenden, parallel laufenden Talungen. Es ist zu vermuten, daß hierbei die Enge der hochgelegenen Talböden im Verhältnis zur Weite der Rieger und Gottscheer Talung eine wichtige Rolle spielt. Das zeigt sich nicht zuletzt in dem völligen Fehlen von Maiskulturen in den gekennzeichneten Lagen über 750 m. Auch um Morobitz, Tiefenbach und Eben hat der Mais nur einen ganz geringen Anteil an den Ackerfeldern, genau wie in der Umgebung von Nesseltal, wo in 622 m Seehöhe die gleichen Faktoren im gleichen Sinne wirken. Wo jedoch die Gunst der Winde frei walten kann, wo sie die kalte Bodenluft wegführen und somit Frostgefahr nicht aufkommen lassen, dort vermag der Mais selbst in 730 m Höhe (Stockendorf) zu gedeihen. Ja, selbst in unmittelbarer Nähe der St. Anna-Kapelle (unweit Katzendorf) in 825 m Höhe wird noch Mais mit gutem Erfolg angebaut.

Mehr noch als bei jeder anderen Pflanze ist bei der Weinrebe die Exposition eine wichtige Voraussetzung und somit eine gute Handhabe zur Deutung des klimatischen Zustandes. Schon äußerlich kann man die günstige Südostlage der Weinberge von Maierle, Straßenberg, Naklo und Rodine daran erkennen, daß auf ihren Arealen Schneefälle am schnellsten dem Einfluß der warmen Frühjahrssonne erliegen. Auch die Westhänge kommen im Gottscheer Hochland noch für den Weinbau in Betracht. So liefert die in ihrem Ausmaß stark zurückgegangene Kultur der Rebe auf den Hängen oberhalb Krapflern und Neuberg in der Tschermoschnitz-Pöllandler Talung noch ganz gute Erträge. Diese Lagen genießen den Vorzug, daß sie einerseits die Strahlen der Sonne im Laufe des Jahres unter steilen Winkeln empfangen, während ihnen andererseits durch die Südwestwinde Wärme zugeführt wird. Auf dem "Schönberg" bei Altlag indes ist unter gleichen Expositionsbedingungen der Weinbau völlig wieder aufgegeben worden. Nur die einzelstehenden, für Weingegenden ganz allgemein charakteristischen Winzerhäuschen erinnern noch an die einstige Zucht der Rebe. Zweierlei Ursachen scheinen hier für die Einstellung der Weinpflege ihren Einfluß geltend zu machen. Einmal ist die vertikale Verbreitung des Weinbaues um Altlag wahrscheinlich zu stark in die Höhe gerückt. Während ihre obere Grenze in Maierle in 360 m liegt, bei den südseitigen Hängen von Naklo und Rodine in 480 m, ragen die ehemaligen Weingärten von Schönberg bei Altlag, obendrein bei westlicher Exposition, bis in Höhen von 510-520 m empor. Hinzu kommt der Mangel eines Schutzes gegen die seltenen, aber kalten Nordwinde. Von jenen immerhin 480-490 m erreichenden Weinlagen der Tschermoschnitz-Pöllandler Talung dagegen wehrt die Hornwaldscholle schädliche Einflüsse dieser Art ab. In gewissem Sinne kann man in unserem Ländchen auch von einer unteren Grenze des Weinbaues sprechen. Unverkennbar ist z. B. bei Altlag ein ziemlich breiter Streifen Weideland, der sich zwischen die eigentliche Altlager Niederung und die Weinbergshöhen um Schönberg legt und wohl darum nicht von Winzerhäuschen besetzt ist, weil man eben von jeher die in sternenklaren Nächten durch Wärmeausstrahlung erfolgende Abkühlung der Niederung, die zu Frostschäden Veranlassung gibt, fürchtete. Auch in Maierle reichen die Weinberge nicht bis an den Fuß der Hänge. Die dort anstoßenden Kleefelder und Wiesen unterliegen schon an und für sich einer besonders starken Abkühlung. Innerhalb der angedeuteten oberen und unteren Grenzen sind die Klimaverhältnisse dem Wachstum der Rebe auf den Hangflächen gegen den Tschernembler Boden durchaus günstig. Der Winter ist hier verhältnismäßig milde als Ausdruck für den tiefer gelegenen und im allgemeinen wärmeren Boden, der sich ja auch pflanzengeographisch von dem Inneren des Gottscheer Hochlandes abhebt (siehe oben). Die Blüte der Reben verläuft meist ohne Frostbeschädigung (9). Besonders günstig aber ist der heiße Sommer für die Entwicklung der Trauben, weil nach Häberle die Rebe gewissermaßen "eine Trockenpflanze ist, die an der Oberfläche nur Sonne will und die nötige Feuchtigkeit aus der Tiefe holt". Vor allem sind im Sommer die absoluten Extreme der Temperatur erfüllt, die für das Gedeihen der Reben erforderlich sind. Wenn nun dennoch den meisten Orten unseres Landes der Weinbau verschlossen ist, so liegt das wohl an dem Fehlen eines warmen trockenen Herbstes. Das Ausreifen der Trauben ist im Oktober, dem eigentlichen Lesemonat, durch das regnerische Wetter, das zu dieser Zeit im Lande seinen Einzug hält, arg gefährdet: die nötige Wärme scheint dann gerade noch nur in den Randgebieten, in Maierle, Rodine usw., zur Verfügung zu stehen. Ferner bringt der Winter gerade in der Gottschee die größten Temperaturtiefen von ganz Krain (vgl. die Wochenberichte der Schneebeobachtung, 1895/96 - 1912/13, und zwar in einem Maße, welches nach Häberle (1926) für die Rebenkultur unzuträglich wäre.


Der Witterungsverlauf

Frostklar wölbt sich der Sternenhimmel einer Winternacht über den glitzernden Schnee, der die Hochflächen und Talungen verkleidet und die Tannen und Fichten der Forste niederdrückt. Schon lange vor Weihnachten, oft schon am Anfang des November, haben Südweststürme die niedrigen Schneewolken dahergejagt. Nur selten vermag ein wärmerer Luftstrom die Schneedecke zu schmelzen. Der gesamte Verkehr wird dann mit den Schlitten bewältigt, und gar mancher Fuhrmann, der die in den Waldesgründen gebrannte Holzkohle oder die gefällten Baumstämme zur Bahn nach dem Hauptort Gottschee befördern muß, läßt schon im Oktober sein Frachtgut lagern, um es dann mit Leichtigkeit nach den ersten Schneefällen um so rascher abzuführen. Erst mit dem Lenzmonat beginnt ein zäher und erbitterter Kampf mit dem Frühling. Meist wird er dahin entschieden, daß die Tiefen der Talungen während des April den zarten Schmuck ihrer Obstbaumblüten anlegen, während in den Gebieten über 600 m Seehöhe der Frühling erst Anfang Mai den Sieg errungen hat. Oft raubt auch dann noch ein Frost den Obstbäumen der höheren Lagen ihr Blütenkleid. Rasch wird es indes mit steigender Sonne am Tage immer wärmer, während die Nächte das ganze Jahr hindurch relativ kühl bleiben. Die mächtigen Wolkentürme, die, während des Frühjahrs von der Adria herziehend, nur allzuoft ihre Regenschleusen öffnen, werden immer seltener. Schließlich sinkt die Regenhäufigkeit im Juli und August auf ihr Minimum. Dann werden die Arbeiter droben in der großen Hornwaldsäge für zwei Monate entlassen, weil trotz großer dachförmiger Regenfänger und Riesenzisternen die Wassermengen nicht reichen, um die Maschinen, Menschen und Vieh mit dem Nötigsten zu versorgen. Tagsüber ist es dann recht heiß, nachts kühl. Im August 1928 konnte ich z. B. folgenden täglichen durchschnittlichen Temperaturgang beobachten: Morgens um 7 Uhr 11°, mittags um 2 Uhr 20°, abends um 9 Uhr 15°. Hin und wieder gehen schwere Gewitter nieder. Mit der abnehmenden Tageslänge macht sich die kühlere Nacht immer fühlbarer. Es bricht der Herbst an: die Luft wird leicht dunstig, nach Sonnenuntergang entsteigen feuchte Nebel den Niederungen. Und die immer stärker einsetzenden Niederschläge, diese unfreundlichen Regenböen, die die Thermometersäule schon während des Oktober dann und wann unter den Nullpunkt sinken lassen, leiten zum Winter über, der mit seinen auffallenden Temperaturtiefen gut hineinpaßt in das allgemein als rauh empfundene Klima der Gottschee.


Anmerkungen:

1) Vgl. die Anzahl der Regentage des Sommers für die obengenannten Stationen in dem Jahrb. d. k. k. Hydrographischen Zentralbureaus von 1900/13.

2) Siehe Jahrb. des k. k. Hydrographischen Zentralbureaus 1900/13.

3) Im Jahre 1913 z. B. betrug die Jahressumme in diesem Ort 1317 mm gegenüber 1633 mm in Rieg.

4) Vgl. Niederschlagskarte von Kärnten des k. k. Hydrographischen Zentralbureaus in Bd. II, Kärnten, des Werkes "Klimatographie von Osterreich". Wien 1909.

5) Diese Angabe verdanke ich einer mündlichen Mitteilung des Herrn Pfarrer Schauer aus Nesseltal. (Vgl. auch Alt, 1911.)

6) Analogieschluß aus dem Vergleich der Temperaturkurven von Rieg und Schneeberg.

7) Für das bayerische Alpengebiet z. B. beträgt der Temperaturgradient 0,52° nach Huber: "Die Änderung der Temperatur mit der Höhe im bayerischen Alpengebiet", Deutsche naturw. Jahrb. Bayern f. 1917.

8) Mündliche Mitteilung des Herrn Rakitsch aus Merleinsrauth.

9) Nach Aussage des Herrn Weinbergbesitzers Wilhelm Kubetisch in Maierle.


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