20. Jahrhundert, Jahrhundertbuch der Gottscheer, Dr. Erich Petschauer, 1980.


Gottscheer Zeitung

Der 1928 in Göttenitz als Sohn eines Land- und Gastwirtes (Gru
abarsch) geborene Rechtsanwalt Dr. Viktor Michtisch gehörte schon frühzeitig zu den Männern in Kärnten, die nach Wegen suchten, um den Zusammenhalt der letzten Gottscheer Generation zu finden und zu sichern. Als wirksamstes Bindeglied wurde die Wiedergründung der "Gottscheer Zeitung" erachtet. Die ersten Gespräche dazu fanden bereits 1953 zwischen Oberstudienrat Peter Jonke, Obermösel, Regierungsrat Sepp König, Altlag, Volksschuldirektor Fritz Högler, Altlag, Dr. Viktor Michitsch, Göttenitz, und Pfarrer Heinrich Wittine, Lichtenbach, statt. Die Vorausberechnung der Herstellungskosten bestätigte die Vermutung, daß die selbstständige Herausgabe finanziell nicht tragbar war. 1954 wurde dann ein Zeitungsausschuß mit folgenden Mitgliedern eingesetzt:

- Sepp König, Altlag (Obmann)
- Fritz Högler, Altlag
- Peter Jonke, Obermösel
- Albert Loser, Grafenfeld
- Dr. Viktor Michitsch, Göttenitz
- Walter Samide, Langenton
- Viktor Stalzer, Reichenau
- Erich Sterbens, Obermösel
- Hubert Truger, Gottschee/Stadt

Am Rande sei bemerkt, daß Albert Loser bald nach der Gründung des Ausschusses in die USA auswanderte und seit geraumer Zeit in New York die redaktionelle Vertretung der "Gottscheer Zeitung" wahrnimmt. Viktor Stalzer folgte dem am 4. Juli 1969 verstorbenen Hubert Truger als Verantwortlicher für Inhalt und Aufmachung.

Nach der finanziellen Absicherung durch die beiden Gottscheer Vereine in Klagenfurt und Graz stand dem Erscheinen der neuen "Gottscheer Zeitung" nun nichts mehr im Wege. Zum ersten Schriftleiter wurde durch den Besitzer und Herausgeber, also die Landsmannschaft, Fritz Högler, berufen. Die erste Nummer erschien im Juni 1955. Das Impressum weist die "Gottscheer Landsmannschaft" in Klagenfurt als Eigentümerin, Verlegerin und Herausgeberin aus. Das einmal im Monat erscheinende Blatt wurde einige Jahre in Wolfsberg-Lavanttal und wird nun bei der Großdruckerei Carinthia in Klagenfurt gedruckt.

Die alte-neue "Gottscheer Zeitung" wurde von ihrer Leserschaft begeistert begrüßt. Flugs erhielt sie den Kosenamen "d
a Gatscheabarin", die Gottscheerin. Sie erreichte nach einer kurzen Anlauf- und Werbezeit eine Auflage, die sie daheim nie erzielt hatte: rund 3300 Exemplare. Von ihrer Aufgabe her, Bindeglied und Sprachrohr der Gottscheer zu sein, stellt sie eigentlich einen regelmäßig erscheinenden, überdimensionalen gedruckten Familienbrief dar. Sie nennt sich jedoch mit Recht Zeitung. Sie ist es nicht nur in ihrer äußeren Aufmachung, sondern auch inhaltlich, denn sie erstattet bis in alle Einzelheiten Bericht für die Öffentlichkeit aus der Öffentlichkeit der letzten Gottscheer Generation. Wie bei einer Tageszeitung beträgt die Zahl der Leser ein Mehrfaches der Bezieher. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Tageszeitung ist allerdings anzumerken: Die große Tagespolitik schlägt sich nur selten in ihren Spalten nieder. Ihr Durchschnittsleser sucht darin ja auch keine Politik, trägt sie doch als Leitspruch: "Mit der Heimat im Herzen über Land und Meer verbunden!"

Wenige Zeitungen dürften ein solch passioniertes Leserpublikum aufzuweisen haben, wie die "Gottscheer Zeitung". Sie wird buchstäblich von vorne bis hinten und umgekehrt gelesen, oft wiederholt, aufgehoben und wieder gelesen. Und nicht wenige alte Gottscheer lassen, wenn sie eintrifft, alles liegen und stehen, weil sie erst einmal "d
a Gatscheabarin" lesen müssen. Das Um und Auf jeglicher Berichterstattung, - nämlich das Wer? Was? Wo? Wann? Wie? und Warum? - liest sich in der Heimatzeitung viel fesselnder und persönlicher als in der Lokalzeitung des neuen Wohnortes. Schon der Leitartikel befaßt sich mit einzelnen, alle Leser interessierenden, aktuellen oder jahreszeitlich bedingten Themen. Darauf folgen Berichte über die Tätigkeiten der Landsmannschaften und Vereine, Erinnerungen an bemerkenswerte Persönlichkeiten oder Einrichtungen des "Ländchens", ernste und heitere Geschichten aus alter Zeit.

Die nächste Spalte, "Aus dem Leben unserer Landsleute", bringt in bunter Fülle Einzelnachrichten und -berichte, vor allem über die Lebensstationen, die allen Menschen gemeinsam sind, Geburt und Tod, Hochzeiten und persönliche Ehrentage,
Besuche hüben und drüben sowie Briefe. Außerordentlich zahlreich sind die Photos aus der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit, mit denen die Schriftleitung die beiden Hauptthemen variiert, die den gesamten Lesestoff überlagern, Familie und verlorene Heimat. Eine ständige Kulturbeilage veröffentlicht Aufsatzreihen über geschichtliche, kulturelle, volkskundliche, auch wirtschaftliche Themen, ferner Erzählungen in hochdeutscher und mundartlicher Darstellung, neue Gedichte, sprachwissenschaftliche Aufsätze, und anderes mehr.

Die Auflage ist inzwischen unter dreitausend gesunken und sinkt weiter. Die Todesnachrichten und -anzeigen auf der letzten Seite sagen uns, warum. -

Die umfangreichste Ankündigung und Berichterstattung widmet die "Gottscheer Zeitung" dem Volksfest in New York, den Feiern in Cleveland, den Wallfahrten in Klagenfurt und Maria Trost, den Treffen in Aichelberg (Schwarzwald), in Kanada und Australien sowie der alljährlichen "Gottscheer Kulturwoche", den Weihnachtsfeiern und sonstigen Zusammenkünften der Landsleute in aller Welt. Alle diese Veranstaltungen stehen zahlenmäßig weit hinter dem Jahrestreffen etwa der Sudetendeutschen, Siebenbürger oder Donauschwaben zurück, vermögen jedoch in ihrer Absicht, Anlage und Durchführung auch den Nicht-Gottscheer zu beeindrucken. Wenn wir die Veranstaltungen außerhalb der USA als Gegenstück zu der Großveranstaltung in Nordamerika betrachten, so ersehen wir allein schon aus den Teilnehmer-Zahlen, wo heutzutage die meisten Gottscheer leben. Niemals könnten wir in Europa solche Besucherzahlen erreichen (5000 und mehr!). Hier können wir mit Hilfe von drüben bestenfalls 2000 zählen, ob dies nun in Österreich oder in Deutschland wäre.

Zum Schriftleiter der neuen "Gottscheer Zeitung" wurde, wie schon angeführt, der Volksschuldirektor Fritz Högler von der Landsmannschaft in Klagenfurt bestellt. Sein Nachfolger wurde 1962 Landsmann Herbert Erker aus Mitterdorf. Von ihm übernahm Hauptschuldirektor Ludwig Kren aus Mitterdorf 1971 diese mühevolle aber auch schöne Aufgabe.

("Jahrhundertbuch der Gottscheer", Dr. Erich Petschauer, 1980)

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