Der Wachsturm (1), Gottschee, am 26.10.1941, Stabsführer Alfred Busbach.





DER WACHSTURM.

Gottschee, am 26.10.1941.


An
SS-Obersturmbannführer Hannes Wagner
SS-Sonderzug G o t t s c h e e .



In der Angelegenheit Dr. Hans Arko, Robert Ganslmayr, Josef Hönigmann und Josef Kraker gebe ich folgende Erklärungen:

Mit dem Monat Mai 1941 kam nach Gottschee ein ausgesprochen deutschfreundlicher Offizier, der italienische Unterleutnant Carlo Aglietta. Seine Haltung kennzeichnet am besten die Tatsache, dass er mir einen Geheimbrief Graziolis an den hiesigen Zivilkommissar Sisgoreo zur Kenntnis gab, in dem Grazioli Sisgoreo anweist, stichhältige Argumente zu konstruieren, um die Volksgruppe als Organisation auflösen zu können. Durch rechtzeitige Kenntnisnahme von diesem Brief konnten wir die Absicht Graziolis über Vorsprachen beim Reichsführer verhinden. Die Sache kam durch eine Indiskretion des deutschen Konsuls in Laibach auf und Aglietta wurde versetzt. Der genannte Aglietta nun versicherte mir, der slowenische Dechant in Gottschee Peter Flajnik hätte ihm gesagt, dass eine Aktion gegen die Umsiedlung im Gange wäre. Im Reiche leiteten diese Aktion Direktor Widmer in Wien, Professor Ramor in Graz und Professor Jonke in Klagenfurt. In Gottschee seien die Führer dieser Aktion die katholischen Pfarrer Schauer aus Nesseltal, Kraker aus Rieg und Eppich aus Mitterdorf. Ausserdem arbeiteten mit diesen Geistlichen Hand in Hand der ehemalige Volksgruppenführer Dr. Hans Arko, der Obmann der Spar- und Darlehenskasse Josef Hönigmann, der Weinhändler Robert Ganslmayr und der Tischler Josef Kraker.

Die erste Bestätigung fand diese Erklärung Agliettas durch die Ausfälle, die sich der Rieger Pfarrer Kraker erlaubte. Er agitierte in schärfster Weise auch von der Kanzel gegen die Umsiedlung. Er erklärte öffentlich, dass der Boden, auf den die Gottscheer kommen sollten, verflucht sei, dass die Bauern abgerahmte Milch essen müssten, dass sie den Mist wegen Mangel an Zugvieh auf den Rücken schleppen müssten, dass die ganze Umsiedlung eine Angelegenheit der Habenichtse sei, die nichts zu verlieren hätten.

Am 1. Juli starb Pfarrer Schauer in Nesseltal. Bei diesem Anlass hielt Pfarrer Eppich aus Mitterdorf in der Nesseltalkirche eine Predigt, in der er sich offen in seinem, wie im Namen des verstorbenen Schauer sowie seiner übrigen Kollegen gegen die Umsiedlung aussprach. Daraufhin schickte er noch einen Nachruf in die Gottscheerzeitung (siehe Beilage) in dem er dasselbe schriftlich wiederholte.

Es fiel besonders auf, dass Eppich den Obmann der Spar- und Darlehenskasse Josef Hönigmann eigens erwähnte und besonders Dr. Arko sogar zweimal erwähnte, während er die Vertreter der offiziellen Volksgruppenführung (2) keines Wortes würdigte. Es muss betont werden, dass die Gegner der Umsiedlung in diesem Begräbnis eine klare Manifestation gegen die Umsiedlung erblickten.

Zugleich fing auch Ganslmayr an, unter der Landbevölkerung Stimmung gegen die Umsiedlung zu machen. So äusserte er sich in Schalkendorf gegenüber dem Vgn. Erker, er möge doch keine Vorbereitungen für die Umsiedlung treffen und doch nicht den Lausbuben glauben. Die Umsiedlung fände doch nie statt. In der Stadt selbst agitierte Josef Kraker offen gegen die Umsiedlung.

Als ich dann plötzlich vom Volksgruppenführer benachrichtigt wurde, die vier Genannten hätten vor, gemeinsam in's Reich zu fahren, sich dort mit Widmer, Jonke und Ramor zu treffen und ein Memorandum an den Reichsführer im Namen der Gottscheer zu richten, setzte ich mich sofort mit einer Dienststelle im Reich in Verbindung, die ich nicht angeben darf und bürgte dafür, dass die Anschauung der vier Spiessbürger keinesfalls der Ausdruck der tatsächlichen Stimmung unserer Volksgruppe sei. Es wurde mir zugesagt, dass die Vier im Reich überwacht würden. Was sie im Reich getan haben, ist mir nicht klar, jedenfalls weigerten sie sich energisch, den Vgn. Alois Hönigmann, der damals auch in's Reich fahren wollte, mitzunehmen.

Nach ihrer Rückkehr aus dem Reich ging ihre Propaganda gegen die Umsiedlung weiter fort. So verbreitete sich plötzlich unter der Volksgruppe das Gerücht, der Boden in der neuen Heimat wäre versumpft. Wie mir Dr. Krauland mitteilte, hörte er Dr. Arko persönlich im Gasthaus "Harde" öffentlich erklären, er ginge keinesfalls nach Rann, da dort alle Häuser im Sumpfe stünden. Er kenne das Gebiet ganz genau und wisse, dass es reines Sumpfgebiet sei. Dazu will ich bemerken, dass Dr. Krauland ein durchwegs korrekter, rein objektiver Mann ist, der bis dahin auf's Entschiedenste bestritt, dass Dr. Arko Propaganda gegen die Umsiedlung mache.

Zum Falle Josef Kraker bringe ich folgende Tatsachen. Der Taxator Schwarz, der bei Josef Kraker untergebracht wurde, war am Anfang ganz begeistert von der Volksgruppe und lobte die Führung wo er nur konnte. Kaum war er zwei Tage bei Kraker, mit dem er sich innig befreundete, begann er sich ganz anders zu verhalten. So erklärte er in meiner Gegenwart Dr. Wollter und Dr. Knuth gegenüber, dass es ein blindes Weib mit dem Stock fühlen könne, dass 90 % der Gottscheer überhaupt nicht umsiedeln wollen und dass mindestens 95 % nicht im Winter umsiedeln wollen. Weiter erklärte er, ihm hätten alle Bauern durchwegs zu verstehen gegeben, dass sich Lampeter überhaupt nicht auf's Land trauen dürfe, da er sonst durchgeprügelt würde. Dr. Wollert erklärte ihm daraufhin sofort, er wäre eben von einer Rundreise durch das Land zurückgekommen und hätte das gerade Gegenteil gespürt. Der Taxator Schwarz, der ein durchwegs verknöcherter Spiessbürger ist, betreibt auch weiterhin in auffälliger Weise Propaganda gegen die Volksgruppenführung. Die 123 % Option der Gottscheer hat übrigens eindeutig die Hinfälligkeit seiner Angebereien bewiesen.

Über Josef Hönigmann weiss ich bloss zu berichten, dass er sich immer in Gesellschaft der anderen drei aufhält und eben mir von Aglietta genannt wurde und auch mit in's Reich fuhr.

Zur Schilderung der Person Dr. Arkos erwähne ich noch, dass ihm Dr. Wollter den Auftrag erteilte, einen Bericht über die Sparkasse der Stadt Gottschee abzufassen, damit Dr. Wollter die Interessen der Gottscheer, die durch den Zusammenbruch dieser Sparkasse vor ca. 20 Jahren schwerstens materiell geschädigt wurden, den italienischen Behörden gegenüber vertreten könnte. Dr. Arko hatte die Frechheit der DUT (3) für diesen Bericht eine Honorarnote über 3.000.- Lire zuzusenden.

Über die Person der Genannten muss folgendes gesagt werden:

Dr. Arko: Als gewesener Volksguppenführer hat er sich zweifelsohne Verdienste für das politische Deutschtum erworben. Wirtschaftlich ist er als Advokat vollkommen uninformiert. Er hatte nie Bindung zur Landbevölkerung und der Wille der Bauern hat ihm Ende zu Ende auch abgewertet. Es wird ihm nachgesprochen, sich während seiner Führung auf Kosten der Volksgruppe bereichert zu haben. Ich konnte darüber kein verlässliches Material bekommen, kann ihm da also keinen Vorwurf machen. Weltanschaulich ist er typisch Spiesser. Als sein schönstes politisches Werk betrachtet er die Aufziehung des Gottscheer Gesangsvereins, dessen ganze Tätigkeit in Fressen uns Saufen besteht und der alljährlich eine Liedertafel und einen Maskenball veranstaltet.

Robert Ganslmayr: Als pensionierter Steuerbeamter heiratet er eine reiche Witwe, deren Weinhandlung er führt. Er ist der typische Bauernschinder. Den Weinbauern in Maierle streckt er solange Geld vor, bis sie ihm dann den Wein um jeden Preis abgeben müssen. Genau so verfährt er mit den Wirten, die dann von ihm vollkommen abhängig sind und ihm den schlechtesten Wein um teueres Geld abnehmen müssen. Er ist hochbegabt, ein guter Menschenkenner und erklärter wirtschaftlicher Gegner jeder sozialen Neuordnung, die ihn ja zuerst treffen müsste. Bei Sammelaktionen für die Winterhilfe und das deutsche rote Kreuz spendete er, obwohl er zu der Führung unter Androhung des Ausschlusses aus der Volksgruppe gezwungen werden, einen angemessenen Betrag zu zeichnen.

Josef Hönigmann: Über ihn wissen die Schuster in der Stadt ein Lied zu singen. Auf dieselbe Art wie Ganslmayr zwang er die Schuster, bei ihm Leder einzukaufen, das immer teuerer war, als wo anders. Als einmal ein Schuster aus Laibach mit dem Rettungswagen nach hause fuhr, der gerade einen Kranken nach Laibach transportiert hatte und Leder mit sich brachte, stellte er den Feuerwehrhauptmann als "Volksschädling" unter Anklage, weil er erlaubt hätte, das Leder, das nicht bei ihm gekauft wurde mit dem Rettungswagen zu transportieren. Bezeichnend ist noch folgender Vorfall: Unter Südslawien sagen die Bürger aus der Stadt (10 bis 12 Mann) in den Wald, veranstalteten dorten eine Fresspartie und liessen sich zum Schluss mit einer Hakenkreuzfahne photographieren. Durch Unvorsichtigkeit des Kleinkaufmannes Albert Hönigmann erfuhren die Behörden davon und bestraften alle Anwesenden, die ja auf der Photographie ersichtlich waren, mit einer Geldstrafe von je 2.000.- Din. (100.- RM). Josef Hönigmann ging darauf zu Albert Hönigmann und erklärte, er hätte gar nicht gewusst, dass sie mit einer Hakenkreuzfahne photographiert würden und er gebe das den Behörden anzeigen, dass nämlich Albert Hönigmann ohne Mitwissen der Anderen die Fahne aufgesteckt habe, wenn sich Albert Hönigmann nicht bereit erkläre, die Strafe für ihn zu bezahlen. So musste der Kleinkaufmann Albert Hönigmann dem reichen Josef Hönigmann die Strafe erlegen, da er sonst von den Behörden noch strenger bestraft worden wäre.

Josef Kraker: Ein typischer Faulpelz, der obzwar er ein guter Tischler ist, nicht arbeiten will. Er hat schon endlose Streitereien mit jungen Eheleuten gehabt, denen er die versprochenen Möbel erst nach Monaten lieferte, so dass die Leute buchstäblich am Boden schlafen mussten. Gegenwärtig beschäftigt er sich hauptsächlich mit Hamsterei und Schleichhandel von Lebensmitteln, besonders Fleisch, bei ihm bekommt man immer, natürlich zu horrenden Preisen, jede Art Fleisch. Seinen Berufskollegen Nowak, der ein durchaus reeller und hoch anständiger Handwerker ist, verspricht er gegen einen gewissen Prozentanteil ihm keine Konkurrenzn bei Aufträgen zu machen.

Arko, Hönigmann und Kraker sind die Anführer einer bürgerlichen Saufbande, die tagtäglich Saufgelage veranstaltet und sich die "Schwarze Börse" nennt. Wieviel Unheil und Familienstreit diese Schwarze Börse schon über die Stadt Gottschee gebracht hat, kann nicht ermessen werden. Anständige Handwerker wurden in diesen Nichtstuerkreis hineingezogen, versoffen sich und gingen zum Schlusse vor die Hunde, da sie nicht über das Geld der anderen verfügten, unbedingt mitmachen wollten und dabei Familie und Geschäft vergassen.

Ganslmayr im Gegenteil kann Leichtfertigkeit nie nachgewiesen werden. Zum Schluss betone ich, dass einzig Ganslmayr bewusst gegen die Umsiedlung gearbeitet haben dürfte. Die anderen Drei sind hirnlose Spiessbürger, denen lediglich ihr Ärger über den Erfolg der jungen Führung ihr Treiben diktierte. Sie werden den Prozentsatz der langsam absterbenden Überbleibsal einer vermotteten Weltanschauung im Reich um Einiges vergrössern, sonst aber wohl kaum irgendwelchen Schaden anrichten.



   Heil Hitler !
  Der Stabsführer:
gez. Alfred Busbach



Anmerkungen:

(1) In der "Mannschaft" (Mannschaftsführer: SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter, Stabsführer: Martin Sturm, Alfred Busbach, Richard Lackner, Hans Samida, Hans Schemitsch) wurde ein Wachsturm organisiert, dessen Kommandant der Stabsführer Alfred Busbach war. Dieser sog. Wachsturm setzte sich aus 7 Zügen zusammen, die jeweils auf ein Gebiet des Gottscheer Landes verteilt waren.

Dieser Wachsturm bestand aus jungen Gottscheer Nationalsozialisten die für den pseudoheroischen "Letzten Einsatz in der Heimat" bereit standen und bereit waren, selbst die eigenen Landsleute zu denunzieren.


(2)
 
Josef Schober

Wilhelm Lampeter

Martin Sturm

Alfred Busbach


Richard Lackner

Maria Röthel

Volksgruppenführer.

Mannschaftsführer.

zugleich der Wirtschaftsleiter.

zugleich Kommandant des Wachsturmes und Dienststellenleiter für Organisation und Propaganda.

zugleich Jugendführer und die Stabsführer Hans Samida und Hans Schemitsch.

Frauenführerin.


(3)



Deutsche Umsiedlungs Treuhand Gesellschaft (DUT)
.

»Eine der Hauptmethoden bei der Plünderung der besetzten Länder war die Beschlagnahme von Eigentum und die Umsiedlung von Deutschen in Gebiete, die als Teil des Großdeutschen Reiches betrachtet wurden. Im Jahre 1939 wurde die Deutsche Umsiedlungs Treuhand Gesellschaft (DUT) mit dem Ziel gegründet, alle »Volksdeutschen«, die in den verschiedenen Ländern Süd und Osteuropas verstreut waren, im Gebiet des Großdeutschen Reichs zu konzentrieren. Die DUT unterstand dem von Heinrich Himmler geleiteten Reichskommissariat für die Festigung des Deutschen Volkstums. Etwa 600.000 aus den baltischen Staaten, Polen, Frankreich und Rußland stammende Deutsche wurden in Gebiete umgesiedelt, die von den Deutschen nach der Besetzung Polens in das Reich eingegliedert worden waren.

Um den deutschen Siedlern die problemlose Ansiedlung zu ermöglichen, beschlagnahmte die DUT in Zusammenarbeit mit der SS drei Viertel der Handelsunternehmen und Handwerksbetriebe, die polnischen und jüdischen Staatsangehörigen im sogenannten Wartheland gehörten. Millionen Menschen wurden zwangsweise von ihren Bauernhöfen, aus ihren Wohnungen und Unternehmen vertrieben, um Platz für die deutschen Siedler zu schaffen. Die meisten Polen wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht, der Rest siedelte in das neugebildete Generalgouvernement über. Zur Finanzierung der Operationen der DUT leitete die Deutsche Bank zusammen mit der Dresdner Bank ein Konsortium, das für die Umsiedlungsarbeiten dieser Organisation 100 Mio RM zur Verfügung stellte.«



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