Die erste neue Kirche im Gottscheer Gebiete, Josef Erker, Pfarrer in Mösel, 1930.


Von Mitterdorf machte die Kolonisierung allmählich Fortschritte bis in die Gegend von Mooswald und noch tiefer ins Land. Wir können uns denken, mit welchen großen Schwierigkeiten der Seelsorgedienst von Reifnitz in das bewaldete und teilweise sumpfige Rodungsgebiete verbunden war. Mit welcher Sehnsucht und Liebe mögen wohl die Ansiedler den Priester erwartet haben, der kaum monatlich einmal den beschwerlichen, weiten Weg durch die Wildnis auf einem Reitpferde machen konnte. Gewiß machten auch sie oft denselben Weg aus ihren Blockhäusern zum Gottesdienste und Sakramentenempfang in die Pfarrkirche Reifnitz. Aber wie mühsam und gefährlich war der Weg hin und zurück. Wie verlassen mußten sich die Ansiedler fühlen, welche fast abgeschlossen von der kultivierten Welt, in der sie früher gelebt hatten, mitten in der Wildnis, vom Urwald und wildem Getier umgeben, den härtesten Kampf ums Dasein kämpfen mußten. Aber sie verzagten nicht, denn sie waren ein tiefgläubiges Volk mit großem Gottvertrauen und eiserner Widerstandskraft.

Es liegt im Wesen der christlichen Religion und des christlichen Herzens, daß eine christliche Gemeinde auf längere Zeit nicht ohne Gotteshaus und beständige Seelsorge bleiben kann. So bemühten sich und baten die Gottscheer Einwanderer bald nach den Anfängen der Besiedlung in der Gegend Mooswald ihren Grundherrn, den Grafen von Ortenburg, um eine eigene Kirche und um eine eigene Seelsorge. Der Grundherr ließ nun durch die Kolonisten eine Kirche bauen und sorgte für deren Einrichtung. Hierauf wurde um Errichtung einer eigenen Seelsorge gebeten. Diese Bitte, an den Patriarchen von Aquileja gerichtet, haben gewiß der Pfarrer und Archidiakon in Reifnitz mit Freuden aufgenommen und mit der gewichtigen Begründung unterstützt, daß infolge der stark fortgeschrittenen Besiedlung und der weiten Entfernung von dem Pfarrorte eine geordnete, ununterbrochene, regelrechte Pastorierung der Neusiedlung eingerichtet werden müsse.

In Würdigung dieser Gründe und in Hinsicht auf das bereits gebaute Gotteshaus bewilligte der Patriarch Bertrand von Aquileja die Anstellung eines Lokalkaplans an der Bartholomäuskapelle in der Ansiedlung in Mooswald mit der Urkunde, datiert aus Udine, 1. September 1339 und gerichtet an den Grafen Otto von Ortenburg: "Du hast an uns das Ansinnen gestellt und uns untertänigst gebeten, daß wir, weil dein Landgut (Ansiedlung) in Mooswald (villa tua in Mooswald) allzuweit von der Pfarrkirche (Reifnitz) entfernt ist, so daß die Einwohner desselben nicht ohne die größten Schwierigkeiten zur Kirche kommen können, um dem Gottesdienste beizuwohnen und die kirchlichen Sakramente zu empfangen, und weil du deshalb in ebendemselben Landgute (Ansiedlung) eine Kapelle zu Ehren des heil. Apostels Bartholomäus neu erbaut und aus eigenen Mitteln dotiert hast - daß wir aus besonderer Gnade gestatten mögen, an derselben einen Kaplan zu halten, welcher für die Einwohner des genannten Landgutes (Ansiedlung) den Gottesdienst halte und ihnen die heiligen Sakramente spende, ferner einen Friedhof zu errichten und auf diesem die Verstorbenen zu begraben: so gestatten wir aus ganz besonderer Gnade, daß du einen geeigneten katholischen Priester als Kaplan bei jener Kapelle dem Pfarrer der genannten Pfarrkirche (Reifnitz) präsentierst, welcher dann mit Erlaubnis jenes Pfarrers den Einwohnern obengenannten Landgutes (Ansiedlung) den Gottesdienst verrichtet, ihnen die Sakramente spende und, sobald der Friedhof derselben Kapelle geweiht sein wird, ihre Verstorbenen begräbt - alles jedoch unbeschadet der Rechte des Pfarrers."

Die Bartholomäuskapelle in der Gegend Mooswald ist somit die erste neue Kirche und die Errichtung einer Lokal-Kaplanei an derselben die erste geschichtlich beglaubigte Seelsorgstation auf Gottscheer Boden. Von hier aus geschah nun die Pastorierung für die Gegend in Mooswald und Mitterdorf und alle neuen Ansiedlung bis zum Baue neuer Kirchen und Gründung neuer Seelsorgstationen.

Welche Freude herrschte unter den frommen, gottesbegeisterten Kolonisten, als das neue Kirchlein eingeweiht und welcher Jubel, als der erste Seelsorger seinen feierlichen Einzug hielt! Hier hatten sie nun das langersehnte Gotteshaus, wo sie wenigstens an Sonn- und Feiertagen ihre Andacht verrichten und dem Gottesdienste beiwohnen konnten, hier der heilige Ort, wo Gott wirklich, wahrhaftig und wesentlich im Altarsakramente unter ihnen seine Wohnung aufschlug, hier der Ort des Trostes, der Hoffnung und der Hilfe, wenn Angst, Trostlosigkeit, Not und Elend sie verzagt machen wollte, hier der geweihte Ort, wo sie in den heiligen Sakramenten von der Wiege bis zum Grabe geheiligt wurden.

Mehrere Jahre, wenigstens ein Jahrzehnt wird es gedauert haben, bis die erste neue Kirche erbaut und die Anstellung eines Lokal-Kaplans im Jahre 1339 bewilligt worden ist. Darum ist der Schluß berechtigt, daß die Besiedlung mit deutschen Kolonisten bis ins Jahr 1330 zurückreicht.

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