Die Geschichte der Pfarre Mösel, Deutsche Sprachinsel Gottschee, Jugoslavia, Von Pfarrer Josef Erker, 1930, Druck der Vereinsbuchdruckerei "Celeja" in Celje.



Die Geschichte der Pfarre Mösel, Pfarrer Josef Erker, 1930.


Mösler Pfarr-Dörfer.

Zur Pfarre Mösel gehören die Dörfer: Ober-Mösel, Nieder-Mösel, Durnbach, Otterbach, Reintal, Verderb, Verdreng, Ober-Pockstein. Ferner die Expositur Ober-Skrill, bestehend aus den Dörfern: Ober-Skrill, Unter-Skrill, Küchlern, Ober-Fliegendorf, Unter-Fliegendorf mit den Weilern an der Kulpa Zlebe, Grgelj, Wilpen.



Erklärung der Ortsnamen.

Diese Erklärung entnehmen wir dem Aufsatze des † Schulrates Josef Obergföll, "Ortsnamen der deutschen Sprachinsel Gottschee": Das Gottscheerland hat vielfach auch jetzt noch sumpfigen, moorigen oder in süddeutscher Bezeichnung moosigen Boden; die Möser waren zur Zeit der Besiedlung, welche, wie urkundlich festgestellt ist, um die Mitte des 14. Jahrhundertes erfolgte, gewiß noch häufiger und ausgedehnter als jetzt. Sowie wir ein Mooswald haben und im Hinterland ein Moos und wie uns Möschle oft als Flurname im Ländchen begegnet, so haben wir auch ein Mösel (Ober- und Nieder-Mösel).

Mösel, d. i. Obermösel hatte nach dem alten Urbar (1574) zehn Huben, war also damals schon ein großes Dorf; Nieder-Mösel zählte damals sieben Huben. Das seinerzeit vorhandene Moos lag selbstverständlich nicht auf der Höhe, wo die Kirche steht, sondern in der Niederung, so erklärt sich also der Ortsname als "Ort oder Dorf am Mösel (Möschle)". Das "alte Dorf" Mösel zog sich ursprünglich hin zum unteren Brunnen, welche Gegend bis zum Staudach infolge des sumpfigen, moosigen Bodens noch heute Möschle heißt. Zur Zeit des alten Urbars stand Mösel übrigens auch als Gegendname im Gebrauch und wird als solcher dem "Gottscheer Boden" gegenübergestellt. Wir lesen nämlich in dem Abschnitt über die "Stift Täg", an welchen der Zins, die "Huebsteuer" und das "Aufpotgeld" durch die Untertanen jährlich gereicht (gezahlt) werden mußte, u. a. folgenden Satz: "Nach obbemelten gehaltenem Landtspacht und Abraifen von demselben ist bisher in Gebrauch erhalten worden, das man bei denen vier Dorffern in Mößl als zu Ober-Mößl, Nieder-Mößl, Otterpach, Reinthall und in dem Dorf Schwarzenbach in Gottscheer Boden, Geltdienst, Steuer, Aufpotgeld, Ablösung des Peinstockh Zehent, Zapfenrecht, auch den Repas Waicz und Haber von denselben Unterthanen eingefordert und abgenumben, welches aber so wohl auch bei dem Amt Rieckh, wie der negstvorgeend Articl vermag, durch den Inhaber aus eigener Wilkhür denen Untertanen zu Gueiten und irer merere Gelegenheit beschehen, dann ausser des, und von Altersheer alle Unterthanen und yede Supp insunderheit schuldig ist, Zins und Steuer in die Stadt Gottsee der Herrschaft zuzutragen, und daselbst die ordentliche Abrichtung zuthuen". (Mösel kommt als Ortsname auch in der Pfarre Wietring in Kärnten vor).

Nieder-Mösel heißt im Volksmunde auch Kotscharn, von Kotscha (ko
èa) Blockhaus, Keusche und hat einen Bach mit drei kleinen Mühlen; vgl. Kotschen im Hinterlande.

In Durnbach (Dürrnbach) bei Nieder-Mösel weist das Dürr auf Wasserarmut, Trockenheit, Austrocknung bei Mangel an Niederschlägen hin. Ein Durrnbach lesen wir um 1770 auch als Flurname bei Moos im Hinterlande. Die slowenische Übersetzung lautet Suhi potok. Das ist ein im Sommer austrocknender Bach, ein Gießbach, ein Bach, der nur bei
Regenwetter fließt. Derlei Bäche gibt es auf dem Gottscheer Karstboden mehrere (Lichtenbach, Tiefenbach u.s.w.). Geschichtsschreiber Elze erinnert an Durbach, was ein Hennebergscher Flurname ist. In Wirklichkeit ist jetzt Durnbach nicht so wasserarm, indem es einen sehr guten Dorfbrunnen hat.



Mösel (Mozelj) in Gottschee, Photographisches Atelier Jos. Dornig, Gottschee


Otterbach liegt nicht weit von Durnbach, im alten Urbar Otterpach, ein Dorf mit sechs Urbarshuben. Es hat mehrere Bächlein, von denen eines eine sehr gute Mühle treibt. In einigen finden sich noch Steinkrebse vor. Elze, der in Otterbach eine Reminiszenz aus Franken zu sehen geneigt ist, denkt an die Ottern, Fischottern. Slowenisch heißt es jetzt Ka
èji potok, d. i. Schlangenbach, während es früher auch von den Slowenen nur Otterbach genannt wurde.

Reintal. Über die langgestreckte Anhöhe, also gewissermaßen über den Rein (= abgrenzenden Höhenzug), gelangen wir von Otterbach ins Tal hinüber. Die Ortschaft dortselbst heißt nach ihrer Lage im Tal am Rain, Reintal. Reintal ist also seiner Bedeutung nach das Dorf am langgestreckten Höhenzuge. Es zählte im allen Urbar acht ganze Huben. Auch in Kärnten kommt Reintal als Ortsname vor. Slowenisch heißt es Rajndol.

Verderb-Verdreng. Von Reintal rechts hinunter liegen Verderb-Verdreng. Diese beiden Ortschaften reden eine nur zu deutliche Sprache; sie erzählen uns von dem Elende und dem traurigen Schicksale der Kolonisten gerade in diesen Gegenden. Verderb = mhd. verderp heißt nämlich Verderben, Verderbnis; also das Verderben, das Elend, die Not, die der Besiedler hier wartete. Es erinnert das an jene Volksüberlieferung, die da übereinstimmend mit der bekannten Valvasorschen Notiz von den 300 fränkisch thüringischen Rebellenfamilien zu erzählen weiß, der deutsche Kaiser (Karl IV. 1347-1378) habe draußen im Reiche aufständische Untertanen zum Tode verurteilt. Jener Graf (Fürst) aber, der damals die Gegend von Gottschee besessen, habe ihm den Vorschlag gemacht:"Schenke ihnen das Leben und schicke sie in jene Wildnisse da unten; dort wird es ihnen schlechter ergehen, als wenn du sie töten lässest". Der Kaiser sei auf diesen Vorschlag eingegangen und so seien die jetzigen Bewohner da unten ins Land gekommen. Gemeint ist damit ohne Zweifel die mitteldeutsche (niederdeutsche) Zuwanderung, und diese schlechtesten Gegenden da unten dürften wahrscheinlich vorwiegend aus den ehemaligen Rebellen aus dem deutschen Reiche besetzt worden sein. Sie nannten nun ohne Zweifel den ganzen unfruchtbaren Landstrich dort Verderp d. i. Verderb, zumal gegenüber jenem besseren Ackerlande, das sie draußen im Reiche früher ihr eigen genannt haben mochten. Verdreng ist wohl nichts anderes als das mhd. verdrine = Verdrängung, also jene Gegend, in die sie wegen Aufruhrs aus der alten schönen Heimat verstoßen und verdrängt worden waren. Verderb-Verdreng sind zwei Ortschaften, die immer zusammen genannt werden und auch im alten Urbar so erscheinen (Verderb Verdreng fünfeinhalb Huben). Verderb und Verdreng dürfte ursprünglich ähnlich wie Mooswald, Göttenitz, Gottschee ein Gegendnamen gewesen sein; vielleicht hieß ursprünglich die ganze Gegend da unten, also auch was jetzt zur Pfarr-Expositur Skrill gehört, so. Auf diese Weise erklärt sich auch ganz ungezwungen das häufige Vorkommen des Familiennamens Verderber im Gottscheer Lande. Würde man die kleine Ortschaft Verderb allein in Betracht ziehen, so wäre das häufige Vorkommen dieses Familiennamens schon erklärlich. Verderb und Verdreng heißen auch slowenisch Verderb und Verdreng.

Oberpockstein gehört noch zur Pfarre Mösel, während Unterpockstein schon nach Unterlag eingepfarrt ist. Im alten Urbar der Herrschaft Gottschee heißt es, daß die "Pidmarckh" d. i. die Grenze der Herrschaft dort unten "hierauf auf den Pockstein" gehe. Der Pockstein bildete also gleichsam die Grenze zwischen dem Herzogtume Gottschee und der Herrschaft Pölland. Pockstein ist also zunächst ein Bergname. Man denkt da wohl an den Ziegenbock; also der steinige Berg, auf dem Ziegenböcke weiden. Aehnlich finden sich in Bosnien und den südslawischen Ländern Berg- und Ortsnamen wie: Kozar, Kozara, Kozareva
è; Bocksruck in Oberösterreich - Bocksrücken, wohl von der Gestalt des Höhenzuges, an dem die Ortschaft liegt. In slowenischer Übersetzung heißt Oberpockstein Zgornji Pokštajn.

Oberfliegendorf und Unterfliegendorf heißen slowenisch Muhavas und Turkova draga (Türkensuche und Peatscharä). Diese Namen dürften, wie auch die slowenische Übersetzung annimmt, von den lästigen Zweiflüglern herstammen, die sich hiezulande mitunter recht unangenehm bemerkbar machen und dort unten bei der Besiedlung besonders massenhaft vorhanden sein mochten; vgl. auch Muckendorf bei Tschermoschnitz. Im alten Urbar wird Fliegendorf mit zwei Huben, "Undter Fliegendorf" mit ein Viertel Huben aufgezählt. Nicht gänzlich von der Hand zu weisen scheint jedoch auch eine andere Namenserklärung zu sein. "Fliegeisch (Flieheisch) ist nämlich Vulgoname in Schalkendorf; Fliegeisch hat einen Familiennamen Fliege zur Voraussetzung. Ganz auszuschließen ist demnach die Möglichkeit nicht, daß Fliegendorf nicht von den Fliegen, sondern von einem Besiedler namens Fliege den Namen führt. Unterfliegendorf heißt auch die Suche = Schuächä (= Talfurche).

Schlebe, Grgel und Wilpen gehören noch zur Ortschaft Unterfliegendorf und sind Mühlen an der Kulpa.

Schlebe (Žlebe) kommt vom slowenischen žleb und bedeutet Einschnitt, Furche, auch die Schleuse der Mühle und das Gerinne = Mahlgerinne. Schlebe bedeutet also den Ort, wo infolge eines größeren Gefälles oder Gerinnes eine Mühle steht, was auch der Fall ist, denn Schlebe ist eine Mühle an der Kulpa.

Grgel (Grgelj) kommt vom slowenischen grgráti = gurgeln, röcheln, Grgel ist also der Ort, die Mühle an der Kulpa, wo infolge des schnellen Fließens der Kulpa und des Mahlgerinnes gleichsam ein Gurgeln, Röcheln zu hören ist. Der Name Grgel ist also onomatopoätisch zu betrachten.

Wilpen = Wildbach ist der Ort, wo die unterhalb Gottschee versiegte Rinse wieder hervortritt und in wildem Getöse in die Kulpa sich ergießt.

Unterskrill und Oberskrill. Undterschgrill hatte nach dem alten Urbar drei Huben, Oberschgrill eineinhalb Huben. Unter-Skrill heißt slowenisch Škrilje, d. i. Schiefer, Schieferplatte oder Plattstein, Steinplatte. Die Ortschaft hat also ihren Namen nach dem steinigen Grund; zu deutsch würde der Name etwa Steinach heißen. So wurde in der
Tat auch der Grund benannt, auf welchem das neue Schulhaus gebaut und im Jahre 1890 eröffnet wurde; auch bei Stockendorf begegnen wir einem Skrill. Ober-Skrill heißt slowenisch Zdihovo, wohl von zdih = Seufzer, zdihovati = seufzen. Ob damit die besonders zur Türkenzeit so traurige Lage der Bewohner, ihr dem steten Ueberfall des
Erzfeindes der Christenheit ausgesetztes Los bezeichnet werden sollte, ist schwer zu sagen, jedoch sehr wohl möglich. Zur Benennung Zdihovo kann auch der fortwährende Luftzug daselbst den Anlaß gegeben haben.

Küchlern, gottscheeisch Kichlarn, Küchlein, Küchle, slowenisch Kuhlarji zählte nach dem alten Urbar (1574) eine Hube und hat seinen Namen wohl von dem Familiennamen Kuche, den wir auch im alten Urbar finden. "Mert Kuche, Wittib und Erben" sind als Besitzer in Küchlern selbst angeführt. Küchlern erklärt sich also ähnlich wie Stalzern, Handlern, Krapflern.

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