Die Geschichte der Pfarre Mösel, Deutsche Sprachinsel Gottschee, Jugoslavia, Von Pfarrer Josef Erker, 1930, Druck der Vereinsbuchdruckerei "Celeja" in Celje.


Die Besiedlung der Gegend Mösel

Zu allererst wollen wir feststellen, daß alle deutsche Besiedlung in Krain nur den Zweck hatte, Kultur ins Land zu bringen, denn der Deutsche ist ja als Kulturträger und guter Kolonist weithin bekannt. Aus diesem Grunde finden sich deutsche Kolonien fast in allen Weltteilen vor. Nicht um gegen Slowenen zu kämpfen und nicht um sie zu unterjochen, haben die Deutschen die schwere Kolonisation in Krain vorgenommen. Damals hat es, Gott sei dank, noch keinen Nationalhass gegeben. Die Slowenen waren noch Heiden und die Deutschen waren schon Christen, als die Deutschen ins Land gerufen wurden. Noch vor dem 8. Jahrhundert, noch vor Karl dem Großen begann die erste deutsche Besiedlung und wurde fortgesetzt unter Kaiser Karl dem Frommen 814-840. Um das Jahr 830 kamen viele Adelige aus Franken und Baiern nach Krain und bauten sich auf Hügeln und Bergen Schlösser und wurden Kulturträger und Beschützer des Landes. Die Deutschen halfen den Slowenen auf ihre Bitten gegen die Awaren, von denen sie hart bedrängt waren. Die Baiern verlangten dafür die Annahme des Christentums. Unter Kaiser Otto dem Großen (936-973) wurden die Ungarn auf dem Lechfelde im Jahre 955 besiegt, und wanderten wieder viele deutsche Kolonisten in die von den Ungarn verwüsteten Teile Krains. Immer neue Nachschübe deutschen Volkes kamen aus allen deutschen Gauen in die Gegenden zwischen Drau und Adria. Die Bischöfe von Gurk in Kärnten, Freising in Bayern, Brixen in Tirol, Bamberg in Franken, der Erzbischof von Salzburg, dazu weltliche Herren wie die Andechs, Meraner, Ortenburger, Auersperge u.s.w. waren die größten Kolonisatoren. Die Urwälder wurden gerodet und urbar gemacht, der christliche Priester kam ins Land und die Botschaft des Christentums brachte dem Volke höhere Kultur und Gesittung. Durch diese Kolonisierung und Kultivierung ist Slowenien auch für die Deutschen bodenständige, rechtmäßige, naturrechtliche Heimat geworden. Denn dadurch, daß der Mensch an die Urbarmachung des Bodens körperlichen Fleiß und geistige Sorge anwendet, macht er sich den entsprechenden urbar gemachten Teil zu eigen; es wird demselben sozusagen der Stempel des Bearbeiters aufgedrückt, und sonach entspricht es der Gerechtigkeit, daß dieser Teil des Bodens sein eigen und sein Recht darauf unverletzlich sei.

Und gerade von dem schon vorher in Krain seßhaft und bodenständig gewordenen Deutschtum ist die deutsche Besiedlung Gottschees abhängig. Ins wilde, rauhe, unfruchtbare Gottscheerland wären ohne dasselbe niemals deutsche Kolonisten gekommen. Wie gewiegte Geschichtsforscher, besonders Schulrat Obergföll, Universitätsprofessor Dr. Hauffen und Regierungsrat Wolsegger behaupten, sind die Gottscheer der Hauptsache nach bajuwarischer, fränkisch-thüringischer (oder allgemein mitteldeutscher) und schwäbisch-alemannischer Herkunft und wurde das Gottscheergebiet, dieses weltabgeschiedene Waldgebirgsland durch die Grafen von Ortenburg als den Lehensherrn der Patriarchen von Aquileja mit deutschen Kolonisten vorwiegend aus Bayern, Schwaben, Kärnten, Tirol, Franken und Thüringen und aus den freisingischen Kolonien in Krain selbst besiedelt. Die Besiedlung, welche vor 1336, vielleicht schon anfangs des 14. Jahrhundertes begann, und um die Mitte des 14. Jahrhundertes oder bald darauf in den Hauptzügen beendet wurde, kam nach Dr. Hauffen teilweise wohl zuerst aus Unterkrain über Pölland und Kostel her, wo die Freisinger Bischöfe und der deutsche Ritterorden bereits früher bayerische Kolonisten angesiedelt hatten, und dann erst dem Hauptstocke nach von Norden aus über
Reifnitz aus Kärnten, Osttirol, Franken, Thüringen, Schwaben, Schlesien-Ostböhmen.

Wenn wir nun annehmen, daß über Pölland und Kostel Kolonisten bairischen Stammes kamen, ferner die Orte Verderb und Verdreng an die Volksüberlieferung erinnern, daß 300 fränkisch-thüringische Rebellen mit ihren Familien als Strafe in diese Gegend verbannt, verdrängt wurden und so gleichsam ins Elend, ins Verderben kamen, ferner die Ansiedler gerne aus ihrer alten Heimat Priester zur Seelsorge herbeiriefen und um die Mitte des 17. Jahrhundertes Johann Heß, gebürtig aus Würzburg in Franken als Pfarrer in Mösel wirkte, schließlich, daß auch in Kärnten die Ortsnamen Mösel und Reintal und eine Kirche zum hl. Blut vorkommen, wie wir später des weiteren ausführen werden und die Kolonisten der neuen Ansiedlung gerne den Namen ihres Heimatlandes gaben, und eine kleine Bergschlucht bei Durnbach Kar-le heißt und auch das Kar für Gebirgsschlucht in Kärnten und Salzburg hindeutet, so z. B. das Gamskar bei Wildbad-Gastein, so finden wir in der Pfarre Mösel Ansiedler aus fast allen obengenannten Gebieten, besonders aber aus Kärnten vertreten. Bemerkenswert ist es, daß von Gottschee gegen Mösel und das sogenannte Unterland die slowenischen Ortsnamen ganz aufhören oder nur eine Ausnahme bilden, ein Beweis, daß diese Gegenden ausschließlich oder mit kaum nennenswerten Ausnahmen von Anfang an mit Deutschen besiedelt wurden. Die Namen Mösel, Reintal Verderb, Verdreng, Pockstein können eigentlich ins Slowenische nicht übersetzt werden.

Kam die deutsche Kolonisierung nach der Ansicht der Geschichtsforscher Gottschees zuerst mittelbar über Pölland und Kostel und dann erst unmittelbar aus Deutschland über Reifnitz, so dürfte die Gegend Mösel nicht später, wenn auch weniger dicht als Gottschee besiedelt worden sein. Zu diesem Schlusse kommen wir auch, wenn wir nach Schulrat Obergföll den Namen Mooswald in den ersten Zeiten als Gegendnamen annehmen, indem ja damals das ganze bewaldete Gottscheer Tal bis Mösel durch vielleicht noch größere Überschwemmungen als heute sumpfiger,
moosiger Boden war und demnach moosiger Wald Mooswald hieß. Schon die günstige Lage lud die Einwanderer ein, auf der leichten trockenen Höhe von Mösel mit großer Fernsicht sich die neue Heimat zu bauen.

Die erste geschichtlich beglaubigte Seelsorgestation auf dem Gottscheer Boden datiert vom Jahre 1339 durch die Anstellung eines Kaplan-Expositus an der Bartholomäuskapelle in der Gegend Mooswald. Aus dem langwierigen Werdegang zur Schaffung einer Seelsorgestation, Expositur, Lokalie oder Pfarre heutzutage können wir schließen, wie lange die Besiedlung in der Gegend Mooswald ohne selbständigen Seelsorger und unter der Seelsorge-Oberhoheit von Reifnitz gewesen sein mochte. Deshalb ist der Schluß berechtigt, daß man die erste Besiedlung Gottschees mit Mösel einbezogen in die Zwanziger-Jahre des 14. Jahrhundertes zurückversetzen kann. Laut Urkunde des Patriarchen Ludwig II. della Torre vom 1. Mai 1363 war der ganze Gottscheer Boden, die Gegend von Pölland, das ganze Gottscheer Hinterland, die Gegend von Kostel und Kulpa und die Gegend von Ossiunitz um die Mitte des 14. Jahrhundertes bereits so stark bevölkert und besiedelt, daß man in diesen Gegenden neue Kirchen baute und dem Grafen Otto von Ortenburg vom Patriarchen das Präsentationsrecht auf diesen von der Hauptpfarre Reifnitz abhängigen Exposituren verliehen wurde. Die ganze Besiedlung des Gottscheer Ländchens vollzog sich nach
der begründeten Meinung der Geschichtsforscher über Gottschee zwischen 1320 und 1380.

Hofrat Dr. Josef Mantuani veröffentlicht im "Glasnik" des Musealvereines in Laibach 1926 eine historisch-kritische Abhandlung "über die erste vorgeschichtliche Grabstätte im Gottscheeischen" und nennt in der geschichtlichen Entwicklung des Gottscheer Landes drei Glieder: das Hünengrab bei Obrern Pfarre Mitterdorf als erstes,
die Römerstraßen als zweites und die schriftlichen Urkunden über die erste Besiedlung als drittes Glied. Somit ist der Beweis erbracht, daß zur Zeit der Völkerwanderung Volksstämme unser Ländchen durchzogen oder wenigstens berührt haben. Nimmt man berechtigterweise an, daß die Völker bei ihren Wanderungen fast immer ihren Weg an Fluß- und Gewässerläufen nahmen, so ist nicht ausgeschlossen, daß solche Wanderungen auch am Kulpalaufe stattfanden und infolge der unmittelbaren Nähe in der Gegend von Mösel einige Volksteile zurückblieben.

Wir wollen hier nur die Annahme des † ersten Gymnasialdirektors in Gottschee Benedikt Knapp erwähnen, daß im Gottscheeischen schon vor der Besiedlung im Anfange des 14. Jahrhundertes Volksteile existierten. Merkwürdig ist, daß der Historiker von Weltruf, Dr. Josef Bapt. von Weiß in seiner großen Weltgeschichte Band 4. Seite 155 und 157 wörtlich schreib: "818 erscheint ein Borna als Herzog der Guduscaner (Gottscheer hat man es gedeutet) und eine deutsche Insel im slawischen Gebiet in Krain bildet das Ländchen der Gottscheer, Guduscani zur Zeit Kaiser Ludwigs (781-840) genannt, Gutseski bei den Griechen (Godoscani aus god = bonus = gut) wahrscheinlich Nachkommen der oberdeutschen Vandalen. Nun sind die Gottscheer, wie oben ausführlich bewiesen ist, nicht Nachkommen von Vandalen, sondern Abkömmlinge aus Bayern, Franken, Thüringen, Schwaben, Kärntner, Tiroler u.s.w., doch können diese bei der Besiedlung Gottschees noch Volksteile der Godoscaner angetroffen haben, wonach sie deren Namen als Gegendname annahmen und ihrer Sprache anpaßten. Demnach brauchten die Namen Gottschee, Kotschen, Kotscharn nicht vom slowenischen koèa = Hütte, Blockhaus hergeleitet zu werden, sondern könnten ganz gut von Godoskan, Gutseski abstammen. Ein end- und vollgiltiges Urteil hierüber wird infolge Mangels an positiven Beweisen wohl niemals gefällt werden können.

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