VORWORT Diese Arbeit ist das Ergebnis des Versuchs, zur Problematik der Umsiedlung von Volksdeutschen während des Zweiten Weltkrieges einen Beitrag zu leisten. Gegenüber der bisherigen Literatur wird ein neuer Akzent dadurch gesetzt, daß die Alltagspraxis der Umsiedlung, bezogen auf eine begrenzte historische Situation, in den Mittelpunkt der Untersuchung gerückt wurde. Dieser Aspekt ermöglichte es, die konkreten Auswirkungen der Umsiedlungspolitik auf die von ihr betroffene Bevölkerung wie auch die mannigfachen Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis scharf herauszuarbeiten. Die Wechselbeziehungen zwischen der Umsiedlung von Volksdeutschen und der Aussiedlung von Slowenen werden dabei ebenso untersucht wie die Spannungen innerhalb der Volksgruppe und die Arbeitsweisen sowie das Selbstverständnis der an der Umsiedlung beteiligten SS-Dienststellen. Zwar gibt es über die Tätigkeit Himmlers als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums (RKFDV), dem von Hitler die Umsiedlung der Volksdeutschen übertragen worden war, sowohl unter systematischem - von HANS BUCHHEIM (1) - als auch unter historisch-chronologischem Aspekt - von ROBERT L. KOEHL (2) - verfaßte wissenschaftliche Darstellungen, doch können beide Werke aufgrund ihrer Intentionen - jeweils den gesamten Komplex der RKFDV-Problematik zu analysieren - den konkreten Sachverhalt nicht genügend erhellen. Ähnliches gilt auch für die Einleitung zur "Dokumentation der Vertreibung, Band V, Jugoslawien", die darüber hinaus deutlich macht, daß es dem Verfasser hinsichtlich der Fakten über die Umsiedlung der Gottscheer an der nötigen Detailkenntnis fehlt (3) . Da wissenschaftliche Monographien, die der oben skizzierten Aufgabenstellung entsprechen, - soweit ich sehe - nicht vorliegen, konnte die vorhandene Literatur nur für den Umkreis und Hintergrund meiner Thematik herangezogen werden. Der aufgezeigte Mangel ist sicherlich auch bedingt durch die Vertreibung der Deutschen aus Ostdeutschland undOst-Mitteleuropa, die sich nach 1945 in der Bundesrepublik auch gegenüber der historischen Forschung oft als psychologische Sperre erwiesen hat (4) . Was die Vorgeschichte der Umsiedlung - besonders die der Jahre 1933 bis 1941 - angeht, so ist anzumerken, daß die Arbeit sich bewußt von der zu wenig differenzierenden Historiographie aus jugoslawischer (5) , aber auch von einer - das historische Urteil trübenden - Apologie aus deutscher Sicht (6) abzuheben versucht; denn beide Betrachtungsweisen können logischerweise den Anforderungen einer objektivierenden historischen Darstellung nicht gerecht werden. Die Geschichte der Umsiedlung gerade der Gottscheer Deutschen bot sich insofern an, als sich durch die "geschlossene" Ansiedlung dieser Volksgruppe einerseits eine besondere Dichte der bei allen Umsiedlungsaktionen auftauchenden Probleme ergab und sich andererseits dadurch die Quellenlage als verhältnismäßig günstig erwies. Die Arbeit beruht auf einem weit gefächerten Quellenmaterial. Die Basis bildeten zunächst die im Berliner Document Center aufgefundenen Akten aus den Beständen des RKFDV-Stabshauptamtes. Diese Grundlage konnte verbreitert werden durch RKFDV-Akten, die sich im Bundesarchiv in Koblenz befinden. US-Mikrofilme von Akten des ehemaligen Deutschen Auslandsinstituts, das seit Anfang 1941 im Auftrage der SS zum Zwecke einer späteren Dokumentation der Umsiedlung Material sammelte, und Bestände der sogenannten "Himmler Files", die teilweise im Bundesarchiv und im Institut für Zeitgeschichte benutzt werden konnten, ergänzten die Kollektion aus der SS-Provenienz. Akten des Deutschen Auswärtigen Amtes aus dem Politischen Archiv wurden für die Vorgeschichte der Umsiedlung und für den diplomatischen Hintergrund der Arbeit ausgewertet. Akten des amtlichen "Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten" (DUB) Dr. WOLLERT (7) , dem vorwiegend die finanzielle und technische Abwicklung der Umsiedlung oblag, konnten aus privatem Besitz benutzt werden. Die Registratur des ehemaligen DUB befindet sich noch heute in Jugoslawien. Dasselbe gilt auch für Material örtlicher SS- und Parteidienststellen aus dem 1941 annektierten Gebiet der Untersteiermark. Von besonderer Bedeutung ist in dieser Arbeit Dokumentenmaterial, dessen Verfasser unmittelbar am Geschehen beteiligte Personen sind. Bei dessen Auswertung wurden im wesentlichen Grundsätze beachtet, die von der Wissenschaftlichen Kommission anläßlich der "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa" entwickelt worden sind. Allen, die mir bereitwillig bei der Beschaffung und Bereitstellung des dokumentarischen Materials halfen, möchte ich an dieser Stelle danken. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Klaus-Peter Höpke, der mir manche Anregungen zuteil werden ließ. Besonders danke ich Herrn Professor Walter Bussmann, ohne dessen erfahrenen Rat diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Mein Dank gebührt auch der Südostdeutschen Historischen Kommission dafür, daß sie meine Arbeit in ihre Buchreihe aufgenommen hat, ebenso Herrn Professor Balduin Saria, der die Herausgabe mit liebenswerter Sorgfalt betreute. Der Entwurf zur Karte auf S. 125 wird Herrn Studienrat Dr. habil. Manfred Straka (Graz) verdankt. Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen, Hans Hermann Frensing, 1970 www.gottschee.de Inhaltsverzeichnis Anmerkungen : 1 HANS BUCHHEIM, Der Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums in: Anatomie des SS-Staates Bd. I, Die SS - das Herrschaftsinstrument, Befehl und Gehorsam, Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte; Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1967, Bd. 462. 2 ROBERT L. KOEHL, RKFDV, German Resettlement and Population Policy 1939-1945, A history of the Reich Commission for the Strengthening of Germandom; Harvard University Press, Cambridge, 1957. Das von Koehl zur Aussiedlung der Slowenen und zur Umsiedlung der Gottscheer vorgelegte Zahlenmaterial hält einer ernsthaften Prüfung nicht stand. Das mag daran liegen, daß sich Koehl fast ausschließlich auf Dokumente stützt, die die Anklagevertretung und die Verteidigung in den Nürnberger Prozessen Nr. 8 und Nr. 11 gesammelt hat und die nur sehr summarisch einen Oberblick bieten. 3 HANS-ULRICH WEHLER, Einleitende Darstellung zu; Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Bd. V, herausgegeben vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, bearbeitet von Theodor Schieder in Verbindung mit anderen, Düsseldorf 1961. Dazu die kritische Besprechung der Dokumentation durch W. Neuner im Südostd. Arch, V 1962, S. 214 - 220. 4 Unzweifelhaft ist auf dem Gebiet der Umsiedlungspolitik während des Zweiten Weltkrieges noch eine erhebliche zeitgeschichtliche Kärrnerarbeit zu leisten. 5 DUSAN BIBER, Nacizem in nemci v Jugoslaviji 1933-1941, (Der Nazismus und die Deutschen in Jugoslawien 1933-1941), Ljubljana, Cankarjeva Zalozba 1966. 6 HERBERT OTTERSTÄDT, Gottschee - Verlorene Heimat deutscher Waldbauern, Freilassing 1962. 7 Dr. WOLLERT hat einen kurzen Tätigkeitsbericht in Band V der "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa" gegeben, der jedoch der Modifikation bedarf. Dok. d. Vertreibg. Bd. V, a.a.O. S. 3 ff. www.gottschee.de Inhaltsverzeichnis |