I. Umsiedlungsvertrag


Vereinbarungen zwischen der Deutschen Reichsregierung und der Italienischen Regierung vom 31. August 1941 über die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volksdeutschen aus der Provinz Laibach (1).



a) Abkommen über die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volksdeutschen aus der Provinz Laibach.

Die Deutsche Regierung und die Italienische Regierung haben in dem Wunsche, die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volkdeutschen aus der Provinz Laibach zu erleichtern, folgendes vereinbart :

Artikel 1
Die in der Provinz Laibach ansässigen oder dort geborenen und zuständigen Volksdeutschen können in voller Freiheit in das Deutsche Reich abwandern, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Sie verlieren die italienische
Staatsangehörigkeit in dem Augenblick, in dem sie das italienische Gebiet verlassen, um endgültig abzuwandern.

Artikel 2

Die Volksdeutschen, die in das Reich abzuwandern beabsichtigen, werden durch den Hohen Kommissar der Provinz Laibach und den Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten öffentlich aufgefordert, bis zum 30. September 1941 in zweifacher Ausfertigung eine entsprechende Erklärung abzugeben, die dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten und dem Hohen Kommissar übermittelt wird. Der Umsiedlungsbevollmächtigte wird dem Hohen Kommissar möglichst bald mitteilen, ob dem Umsiedlungsantrag von deutscher Seite stattgegeben wird.

Artikel 3
Berechtigt zur Abgabe der Erklärung sind solche natürlichen Personen, die nach dem geltenden Recht andlungsfähig sind. Die vom Familienhaupt abgegebene Erklärung gilt auch für die nicht großjährig erklärten Minderjährigen und die nicht gesetzlich geschiedene Ehefrau. Außer diesem Fall wird die Erklärung für Minderjährige, Entmündigte und beschränkt Handlungsfähige vom Vormund oder Pfleger abgegeben. Jedoch entscheiden volksdeutsche Ehefrauen und Minderjährige im Alter von über 18 Jahren, die nicht mit dem Ehemann oder dem die väterliche Gewalt Ausübenden zusammenleben und nicht von ihm erhalten werden, selbständig über die Frage ihrer Staatsangehörigkeit.

Artikel 4
Um die in dieser Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen zu erleichtern, werden ein Vertreter des Auswärtigen Amtes und ein Deutscher Umsiedlungsbevollmächtigter beim Hohen Kommissar in Laibach bestellt werden. Da die Hauptmasse der deutschen Abwanderer sich in Gottschee befindet, wird in Gottschee ein weiterer Deutscher Umsiedlungsbevollmächtigter (Gebietsbevollmächtigter) bestellt, der dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten in Laibach untersteht. Die beiden Dienststellen in Laibach und Gottschee werden nur das für die Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt notwendige Personal halten. Die für die Durchführung der Aufgaben des Vertreters des Auswärtigen Amtes und der deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten einschließlich ihres Personals erforderlichen Ausgaben werden über das Konto ,,Verschiedene Übertragungen" überwiesen.

Artikel 5
Das gesamte Reinvermögen der von diesem Abkommen erfaßten Personen wird nach Deutschland transferiert werden. Die Flüssigmachung des Vermögens kann unmittelbar von den Beteiligten oder durch Bevollmächtigte ihres Vertrauens geschehen. Auf die Flüssigmachung der Güter der Umsiedler werden gesetzliche Veräußerungsverbote oder andere Einschränkungen oder Verfügungsbeschränkungen nicht angewendet werden. Alle mit der Verwertung der Güter der Umsiedler in Zusammenhang stehenden Rechtshandlungen und Urkunden sind befreit von Steuern, Gebühren, Beiträgen und Abgaben jeder Art. Der Erlös aus der Flüssigmachung des Vermögens wird bei der Banca d'Italia eingezahlt und wird dann nach den Bestimmungen des deutsch italienischen Verrechnungsabkommens vom 26. September 1934 transferiert. Der Transfer des Vermögens geschieht nach Tilgung aller Verbindlichkeiten. Falls die Flüssigmachung des Vermögens bis zum Tage der Abwanderung nicht beendet ist, kann sie nach den Durchführungsbestimmungen geschehen mittels einer Vertrauensperson, die vom Beteiligten bevollmächtigt wird. Diese Person kann auch der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte sein.

Artikel 6
Die von diesem Abkommen erfaßten Personen können auf eigene Kosten frei von fiskalischen Lasten ihre bewegliche Habe unter Einschluß der Kunstgegenstände und der der Ausübung eines Gewerbes oder eines freien Berufes dienenden Gegenstände mitnehmen, wenn diese im Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens in ihrem Besitz waren, vorbehaltlich der Durchführungsbestimmungen betreffend Werte, Wertpapiere und Waren. Zu den mitzunehmenden Gegenständen gehören auch das für die persönliche Arbeit des Umsiedlers erforderliche Acker- und
Wirtschaftsgerät, sowie ein Drittel des Viehbestandes, mindestens aber ein Stück.

Artikel 7
Zu den Bedingungen der Artikel 5 und 6 werden auch die Vermögen von Stiftungen transferiert, bei denen die Bedachten ausschließlich volkdeutsche Umsiedler sind.

Artikel 8
Die Begünstigungen nach Artikel 5 und 6 kommen auch den deutschen Staatsangehörigen zugute, die im Gebiet der Provinz Laibach ansässig sind, die Erklärung abgeben, daß sie ins Reich abwandern wollen, und auch tatsächlich bis zum 30. November 1941 ins Reich abwandern, sowie den deutschen Staatsangehörigen und den Volksdeutschen, die im obigen Gebiete geboren und dorthin zuständig sind, auch wenn sie außerhalb des Gebietes leben, vorausgesetzt, daß sie nicht im Königreich Italien ansässig sind.

Artikel 9
Die Umsiedlung von Volksdeutschen und deutschen Staatsangehörigen soll bis zum 30. November 1941 beendet sein.

Artikel 10
Dieses Abkommen tritt am heutigen Tage gleichzeitig mit den heute unterzeichneten Durchführungsbestimmungen in Kraft. Die Maßnahmen, die nötig sind um die in dem vorliegenden Abkommen vorgesehene Umsiedlung zu erleichtern, werden von Fall zu Fall von dem Hohen Kommissar und dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten vereinbart werden. Unterzeichnet in Rom in deutscher und italienischer Sprache in je zwei Urschriften am 31. August 1941.

(gez.) Clodius                            (gez.) Giannini




b) Durchführungsbestimmungen zum Abkommen über die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volksdeutschen aus der Provinz Laibach.

Die Deutsche Regierung und die Italienische Regierung haben für die praktische Anwendung des heute unterzeichneten Abkommens über die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volksdeutschen aus der Provinz Laibach, das nachstehend als ,,Abkommen" bezeichnet wird, Folgendes vereinbart:

1. Die Umsiedlungserklärungen

§1
Der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte und der Hohe Kommissar für die Provinz Laibach (im Folgenden
,,Hoher Kommissar genannt) werden durch eine gemeinsame öffentliche Bekanntmachung auf die in den Artikeln 1 und 8 des Abkommens vorgesehene Möglichkeit hinweisen und zugleich zur Abgabe der im Artikel 2 des Abkommens vorgesehenen Erklärung einladen. Die Bekanntmachung wird in deutscher und italienischer Sprache abgefaßt und an den Anschlagtafeln der Gemeinden angeheftet, in der Ortspresse veröffentlicht und außerdem durch den Sender Laibach verbreitet werden.

§2
Die im Artikel 2 des Abkommens vorgesehene Erklärung wird von dem Beteiligten oder durch eine Person seines Vertrauens bis zum 30. September 1941 bei der Gemeinde, in der der Erklärende ansässig ist, in zweifacher gleichlautender Ausfertigung eingereicht, von denen die eine an den Hohen Kommissar, die andere an den Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten gerichtet ist. Erklärungen, deren beide Ausfertigungen voneinander abweichen, werden nicht angenommen. Die Gemeinde stellt die Übereinstimmung der beiden Ausfertigungen der Erklärung fest und wird dann unverzüglich die an den Hohen Kommissar gerichtete Ausfertigung weiterleiten, sowie die an den Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten gerichtete, mit einem Sichtvermerk versehen, dem Beteiligten zurückgeben. Der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte wird fortlaufend, jedoch nicht später als am 31. Oktober 1941, dem Hohen Kommissar mitteilen, ob der Antrag von der Deutschen Regierung angenommen oder abgelehnt worden ist. Geht die Mitteilung nicht rechtzeitig innerhalb der oben angegebenen Frist ein, so gilt der Antrag als
angenommen, es sei denn, daß sich der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte in einzelnen Ausnahmefällen die Möglichkeit vorbehält, eine Entscheidung der Deutschen Regierung innnerhalb einer längeren Frist mitzuteilen, die jedoch in keinem Falle den 10. November 1941 überschreiten darf.

§3
Deutsche Staatsangehörige und Volksdeutsche, die nach Artikel 1 oder 8 des Abkommens zur Abgabe der Erklärung berechtigt sind, jedoch wegen Abwesenheit, Krankheit oder aus einem anderen berechtigten Grunde verhindert sind, die Frist des 30. September 1941 einzuhalten, können die Erklärung innerhalb eines Monats nach Fortfall des Hindernisses, spätestens aber bis zum 31. Dezember 1941, abgeben, unter der Voraussetzung, daß der Hohe Kommissar und der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte den Hinderungsgrund als berechtigt anerkennen. Die Annahme oder die Ablehnung des Antrags wird dem Hohen Kommissar schnellstens, in jedem Fall aber so rechtzeitig mitgeteilt werden, daß die etwaige Umsiedlung des Beteiligten bis zum 15. Februar 1942 stattfinden kann.

§4
Wenn beschränkt handlungsfähige oder handlungsunfähige deutsche Staatsangehörige oder Volksdeutsche einen Beistand oder einen gesetzlichen Vertreter nichtdeutscher Volkszugehörigkeit haben, wird der Hohe Kommissar auf Antrag des Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten, der bis zum 30. September 1941 zu stellen ist, nach vorheriger Würdigung der Umstände für jeden einzelnen Fall durch das zuständige Gericht die Bestellung eines besonderen Kurators deutscher Volkszugehörigkeit frei von Gebühren und nach den gesetzlichen Verfahrensvorschriften veranlassen. Der besondere Kurator ist berechtigt, die in § 2 dieser Durchführungsbestimmungen vorgesehene Erklärung abzugeben und die sonst mit der Umsiedlung im Zusammenhang stehenden Rechtshandlungen vorzunehmen.

Die Frist für die Abgabe der Erklärung beträgt zwei Wochen von der Bestellung des Kurators ab gerechnet.

§5
Auch die Personen, die sich in öffentlichem Gewahrsam, insbesondere in Straf- oder Untersuchungshaft befinden, sind zur Umsiedlung zugelassen, es ist ihnen die Möglichkeit einzuräumen, die Umsiedlungserklärung abzugeben. Haben sie den Willen zur Umsiedlung bekundet, so sind sie, insoweit es sich um leichtere Fälle handelt, den deutschen Behörden zur Verfügung zu stellen, und zwar unter den von der Polizeibehörde verfügten Sicherungsmaßnahmen und nach vorheriger Vereinbarung zwischen den deutschen und italienischen Stellen. In den Fällen, in denen mit Rücksicht auf die Schwere der Straftat und die lange Dauer der noch zu verbüßenden Strafe die Überstellung nicht zulässig ist, sind die Gefangenen nach vorheriger Vereinbarung des Zeitpunktes zwischen den deutschen und den italienischen Stellen an die nächste Grenzstation zu geleiten und dem Generalstaatsanwalt in Graz, nach Möglichkeit zugleich mit den auf sie bezüglichen Strafakten, zur Verfügung zu stellen.Umsiedler, die während der Durchführung dieses Abkommens durch ihr Verhalten Anlaß zu Beschwerden geben, müssen Italien
unverzüglich verlassen.


II. Die deutschen Umsiedlungsdienststellen

§6
Der Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte erhält einen vom Auswärtigen Amt ausgestellten uud von der Kgl. Italienischen Botschaft in Berlin visierten Ausweis.

Der ihm unterstellte Deutsche Umsiedlungsbevollmächtigte mit dem Dienstsitz in Gottschee und die Angestellten der beiden Dienststellen in Laibach und Gottschee werden für die Erfüllung ihrer Aufgaben mit Ausweisen versehen, die vom Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten ausgestellt und durch einen Sichtvermerk des Hohen Kommissars bestätigt werden; dieser Sichtvermerk wird bis zum 30. November 1941 gelten, vorbehaltlich einer Verlängerung für das Personal, das für die Beendigung der Abwicklung der Geschäfte unbedingt notwendig ist.

§7
Der Hohe Kommissar wird die Ermittlung und die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten, die für die Tätigkeit der beiden deutschen Amtsstellen und für die Unterbringung ihrer Angestellten erforderlich sind, einschließlich der Einrichtung und der Fernsprechanlagen erleichtern. Die Kosten für die Miete, die Einrichtung und die Benutzung der Anlagen werden von der Deutschen Regierung getragen.

§8
Um die Erfassung der Umsiedler zu erleichtern, ist die Italienische Regierung damit einverstanden, daß der Sonderzug der deutschen Einwandererzentralstelle sich für die Dauer von 8 aufeinanderfolgenden Wochen, keinesfalls jedoch über den 15. November 1941 hinaus, im Bezirk von Gottschee aufhält. Das zum Sonderzug der deutschen Einwandererzentralstelle gehörige Personal ist berechtigt, während des Zugdienstes Uniform zu tragen. Alle anderen Angehörigen der deutschen Umsiedlungsdienststellen haben dagegen Zivilkleidung zu tragen. Die für den Sonderzug und das Personal der Einwandererzentralstelle erforderlichen Kosten werden von der Deutschen Regierung getragen.



III. Wirtschaftliche Bestimmungen

§9
Die Umsiedler, die von den Bestimmungen des Artikels 5 des Abkommens Gebrauch machen wollen, sollen bis zum 30. September 1941 dem Hohen Kommissar über ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen sowie über die Wertpapiere und Wertgegenstände, die ihr Eigentum bilden, in doppelter Ausfertigung eine Aufstellung überreichen, der außerdem ein Verzeichnis ihrer Forderungen und Schulden beizufügen ist. Die Aufstellung soll die Vermögenslage des Umsiedlers im Augenblich der Abgabe der Erklärung wiedergeben. Ferner hat der Erklärende in der Aufstellung die Gegenstände und Werte anzugeben, die er auszuführen beabsichtigt. Eine Ausfertigung der Aufstellung wird vom Hohen Kommissar unverzüglich dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten übermittelt werden.

§ 10
Im Hinblick auf Artikel 5, Absatz 5 des Abkommens wird festgestellt, daß als Erlös aus der Flüssigmachung des Vermögens auch das dem Umsiedler gehörende Bargeld anzusehen ist.

§ 11
Die Umsiedler können Juwelen und Kostbarkeiten ausführen, die persönlichen oder Familienbesitz darstellen und nachweisbar am Tage der Unterzeichnung des Abkommens in ihrem Besitz waren. Die Umsiedler können bei der Umsiedlung aus ihren eigenen Betrieben ihre Waren mitnehmen, die sie nicht zu angemessenen Preisen veräußern konnten. Zu diesem Zwecke wird der Hohe Kommissar Unternehmungen bezeichnen, die bereit sind, zu angemessenen Preisen die Waren zu erwerben, die der Umsiedler nicht liquidieren konnte. Es besteht Einverständnis darüber, daß unter angemessenem Preis der Anschaffungs- oder Herstellungspreis zu verstehen ist, zuzüglich eines Aufschlages, der sich aus den allgemeinen Unkosten sowie einem mäßigen Nutzen zusammensetzt.

§ 12
Für die Ausfuhr von Banknoten, Aktien, Obligationen, Sparkassenbüchern, Hypothekenbriefen, Pfandbriefen und anderen Wert- und Kreditpapieren ist die vorherige Genehmigung des Istituto Nazionale per i Cambi con l'Estero erforderlich. Für die Erteilung der Genehmigung gelten folgende Richtlinien:

a) Für auf Reichsmark lautende Wertpapiere und Urkunden, die sich auf Unternehmungen, Institute oder Gesellschaften und allgemein auf Schuldner mit dem Wohnsitz (Sitz) im Deutschen Reich beziehen, ferner für Hypothekenbriefe, die im Deutschen Reich gelegene unbewegliche Güter betreffen, wird die Bewilligung immer erteilt werden.

b) Für Wertpapiere und Urkunden, die sich auf Unternehmungen, Institute oder Gesellschaften und allgemein auf Schuldner mit dem Wohnsitz (Sitz) im Gebiet der italienisch-albanischen Zollunion des italienischen Afrika, oder der italienischen Besitzungen sowie auf dort gelegene, unbewegliche Güter beziehen, wird die Genehmigung nicht erteilt werden.

c) Für die anderen Wertpapiere und Urkunden wird das Instituto Nazionale per i Cambi con l'Estero in jedem einzelnen Falle eine Entscheidung treffen. Die Ausfuhr sonstiger Urkunden, die zum Nachweise von Vermögensrechten dienen, bedarf keiner Genehmigung. Aus Anlaß der Umsiedlung, können ausgeführt werden:

a) Archivgüter, Urkunden, Akten, Einzelpapiere und andere Schriften privaten Charakters einschließlich solchen der
Gesellschaften und Vereinigungen. an denen wenigstens zu 3/4 deutsches Interesse gegeben ist, und zwar gleichviel, in welcher Sprache sie abgefaßt sind, sofern sie nicht für die laufende Verwaltung des Gebiets notwendig sind, aus dem die Umsiedlungerfolgt.

b) Bilder, Statuen und Zeichnungen, soweit sich diese Gegenstände auf deutsche Geschichte, Kultur oder Sippenforschung beziehen, was notwendigenfalls das Ufficio Regionale di Esportazione (Provinzialausfuhramt) festzustellen hat. Von der Ausfuhr ausgeschlossen sind Gegenstände die ihrer Bestimmung nach als unbeweglich anzusehen sind. Es ist ferner zulässig, von den oben angeführten Gegenständen Fotografien, Filme, Zeichnungen und Fotokopien herzustellen und auszuführen, auch wenn diese Gegenstände öffentlichen Körperschaften gehören; das gleiche gilt für Bau-, Kunst- und Kulturdenkmäler, sowie für die Kirchenbücher, die für den Personenstand der Umsiedler von Bedeutung sind.

§ 14
Die Ausfuhr der im Artikel 6 des Abkommens und den §§ 11, 12 und 13 dieser Durchführungsbestimmungen bezeichneten Gegenstände ist frei von Zöllen und Abgaben jeder Art. Auf die Ausfuhr der Gegenstände, auf die sich die im vorhergehenden Absatz angeführten Bestimmungen beziehen, werden andere als die dort erwähnten Beschränkungen nicht angewendet werden.

§ 15
Für die Regelung der Forderungen und Verbindlichkeiten der Umsiedler gelten die folgenden Vorschriften:

1. Das Verzeichnis der Personen, die die Umsiedlung in das Deutsche Reich beantragt haben (nachstehend in diesem Paragraphen Umsiedler genannt) wird in jeder Gemeinde und im Amtsblatt für die Provinz Laibach veröffentlicht werden. Binnen 2 Wochen von der Veröffentlichung ab gerechnet, haben die Gläubiger der Umsiedler, die nicht Umsiedler sind, ihre Forderungen, gleichviel auf welchem Rechtsgrund diese beruhen, bei dem Hohen Kommissar anzumelden und dabei etwaige Pfand- und Vorzugsrechte anzugeben. In derselben Frist und bei derselben Stelle melden die Umsiedler ihre Forderungen gegen Nichtumsiedler mit dem Wohnsitz (Sitz) in der Provinz Laibach an. Beim Hohen Kommissar wird eine Ausgleichsstelle für die Forderungs- und Schuldenregelung gebildet, der je ein Vertreter des Hohen Kommissars und des Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten angehören.

2. Auf Grund der eingegangenen Erklärungen fertigt die Ausgleichsstelle ein Verzeichnis an, das den Schuldnern von
Amtswegen zugestellt wird. Der Schuldner muß innerhalb von zwei Wochen nach Empfang des Verzeichnisses erklären, ob er die im Verzeichnis angeführten Forderungen anerkennt oder nicht. Soweit er die Forderungen bestreitet, hat er seine Einwendungen mitzuteilen; hierbei soll er die geeignet erscheinenden Urkunden in Urschrift oder Abschrift beifügen. In jedem Falle soll er ferner erklären, aus welchen Mitteln und in welcher Art er seine Gläubiger zu befriedigen gedenkt. Die Gläubiger können in der Kanzlei der Ausgleichsstelle die Erklärung des Schuldners einsehen.

3. Erkennen die Schuldner die Richtigkeit des Verzeichnisses an oder erheben sie keinen Einwand in der in vorstehender Nummer bezeichneten Frist, und erheben die Gläubiger keine Einwendungen gegen die Art, in der der Schuldner sie zu befriedigen gedenkt, so erklärt die Ausgleichsstelle das Verzeichnis für rechtsverbindlich.

Im Falle von Einwendungen der Schuldner oder der Gläubiger lädt die Ausgleichsstelle den Schuldner und die Gläubiger zum Zwecke einer gütlichen Einigung vor. Kommt es zu keiner Einigung, so wird der Streitfall, falls alle Parteien damit einverstanden sind, vor die von ihnen bezeichneten Schiedsrichter gebracht. Andernfalls entscheidet das örtlich zuständige Bezirksgericht endgültig in Streitfällen, die Forderungen bis zu 3000 Lire betreffen. Bei Forderungen über 3000 Lire wird die Streitsache an einen Senat von 3 Richtern verwiesen, die zu diesem Zwecke gemäß Nr.9 zu den Bezirksgerichten abgeordnet werden; dieser Senat entscheidet endgültig. Erfordert der Streitfall ein eingehendes Verfahren und stellen die Beteiligten übereinstimmend einen entsprechenden Antrag, so verweisen die Richter oder der Senat die Streitsache an das zuständige ordentliche Gericht.

4. Anhängige Rechtsstreitigkeiten, sowie anhängige Zwangsvollstreckungs und Sicherungsmaßnahmen von Nichtumsiedlern gegen Umsiedler oder von Umsiedlern gegen Gläubiger, die Nichtumsiedler sind und ihren Wohnsitz in der Provinz Laibach haben, werden auf Antrag einer Partei an die Ausgleichsstelle beim Hohen Kommissar verwiesen. Die vorstehenden Bestimmungen gelten entsprechend. Die Gläubiger müssen jedoch ihre Anmeldungen nach Nr.1 bewirken. Von der Veröffentlichung des Verzeichnisses an bis zum Abschluß des Sonderverfahrens können vermögensrechtliche Klagen gegen Umsiedler oder von Umsiedlern nur in diesem Sonderverfahren eingebracht werden. In anhängigen oder später anhängig werdenden Rechtsstreitigkeiten ist der Ablauf der Prozeßfristen während der ganzen Dauer des Sonderverfahrens suspendiert. Neue Zwangsvollstreckungs- oder Sicherungsmaßnahmen sind während der Dauer des Sonderverfahrens nicht zulässig.

5. Steht die Höhe der Schulden rechtsverbindlich fest, so können die Parteien sie persönlich regeln. Die Schuldner sind verpflichtet, der Ausgleichsstelle innerhalb der von dieser festgesetzten Frist den Nachweis der Regelung zu erbringen. Erbringen sie diesen Nachweis nicht rechtzeitig, so ordnet die Ausgleichsstelle, nachdem sie dem Schuldner Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, an, daß die Gläubiger, soweit der Schuldner Umsiedler ist, auf die am geeignetsten erscheinende Weise aus dem Erlös der Liquidation befriedigt werden. Nötigenfalls setzt die Ausgleichsstelle einen Zahlungsplan fest.

6. Gibt der Schuldner die Erklärung gemäß Nr.2 schuldhafter Weise nicht ab, reicht sein Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger nicht aus oder erfüllt er die in Nr. 5 Satz 2 bezeichnete Verpflichtung schuldhafter Weise nicht, so wird auf Antrag des Gläubigers über sein Vermögen der Konkurs nach den allgemeinen Vorschriften eröffnet.

7. Gläubiger, die auf Grund der vorhergehenden Bestimmungen nicht vollständig befriedigt worden sind oder ihre Forderungen nicht oder nicht rechtzeitig angemeldet haben, behalten das Recht, ihre Forderungen auch nach der Umsiedlung geltend zu machen.

8. Das in den vorhergehenden Nummern vorgesehene Sonderverfahren mit Einschluß des Konkursverfahrens sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Handlungen und Schriftstücke sind frei von allen Gebühren, Stempeln und sonstigen Abgaben irgendwelcher Art.

9. Um ein rasches Verfahren zu gewährleisten, wird die Italienische Regierung dafür Sorge tragen, daß den Bezirksgerichten die erforderliche Anzahl von Gerichtsbeamten, und zwar auch von höheren Gerichtsbeamten, sowie von Kanzleibeamten, zugeteilt wird.

§ 16
Umsiedler, die Pächter oder Mieter landwirtschaftlicher oder städtischer Grundstücke sind, können die Pacht- oder
Mietverträge mit der Wirkung einer vorzeitigen Auflösung ohne Rücksicht auf die in Gesetzen, Gewohnheit oder Verträgen vorgesehenen Fristen mit einmonatiger Frist kündigen. Dem anderen Teile stehen aus diesem Anlaß keinerlei Entschädigungsansprüche zu. Der Vermieter (Verpächter) hat dem Mieter oder dem Pächter für den Teil der vom Mieter oder Pächter zur Verbesserung aufgewendeten Kosten, die den Wert des Miet- oder Pachtgegenstandes nachhaltig erhöhen, eine angemessene Entschädigung zu zahlen, wenn eine solche Entschädigung im Vertrage für den Fall der Auflösung vereinbart worden ist.

§ 17
Der Umsiedler, gleichviel ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, hat das Recht, den Arbeitsvertrag zum Zeitpunkte der Umsiedlung zu kündigen. Den umsiedelnden Arbeitnehmern stehen alle in Gesetz, Gewohnheit oder im Arbeitsvertrag für den Fall des freiwilligen Ausscheidens des Arbeitnehmers vorgesehenen Rechte zu. Wird der Arbeitsvertrag vom umsiedelnden Arbeitgeber gekündigt, so stehen dem entlassenen Arbeiter alle in Gesetz, Gewohnheit oder im Vertrag für den Fall der Entlassung durch den Arbeitgeber vorgesehenen Rechte zu. Über die in den vorhergehenden Absätzen vorgesehene Regelung hinaus bestehen zwischen den Beteiligten keine Ansprüche auf Ersatz für die durch die Umsiedlung herbeigeführte vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages.

§ 18
Wenn Umsiedler, die einen freien Beruf ausüben, ihre Kanzlei, ihre ärztliche Praxis oder ihren Betrieb einem anderen
Berufsangehörigen abtreten wollen, so werden die örtlichen Behörden bei Erteilung der Erlaubnis an den Übernehmer, sofern dieser in den in Betracht kommenden Berufsregistern eingetragen ist, mit besonderem Wohlwollen verfahren.

§ 19
Die in § 15 bezeichneten Behörden sind auch zuständig, in dem dort angegebenen Verfahren auf Antrag des Beteiligten nach den Grundsätzen der Billigkeit eine angemessene Entschädigung in den Fällen festzusetzen, in denen ein Umsiedler ein nicht übertragbares Recht infolge der Umsiedlung nicht mehr ausüben kann und der Verpflichtete infolgedessen ungerechtfertigt bereichert wird.

§ 20
Die Verpflichtung des Umsiedlers zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Gebühren in Italien erlischt mit dem Tage, an dem er das Eigentum an seinem Vermögen verliert oder die Ausübung seiner industriellen, kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit aufgibt oder der Gegenstand der Besteuerung zu bestehen aufhört. Dagegen bleibt der Umsiedler verpflichtet, die bis zum vorstehenden Zeitpunkt fällig gewordenen und nicht bezahlten Steuern zu entrichten. Die gleiche Verpflichtung trifft den Umsiedler auch in dem Fall, daß die Entscheidung eines anhängigen Streitverfahrens erst nach dem vorerwähnten Zeitpunkt erfolgt und irgendeine Zahlungsverpflichtung zur Folge hat.
Die vorstehende Bestimmung gilt für die Steuern, Abgaben und Gebühren selbst sowie auch für die ebenansprüche. Die italienischen Behörden werden Anträge der Umsiedler auf Rückzahlung von nicht geschuldeten Steuern, Abgaben oder Gebühren mit größter Beschleunigung behandeln.

Die Italienische Regierung wird Angaben der Umsiedler über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, die sie aus Anlaß der
Umsiedlung machen, nicht zum Anlaß fiskalischer oder strafrechtlicher Maßnahmen irgendwelcher Art nehmen.

§ 21
Im Umsiedlungsgebiet befindliche Vermögensgegenstände, die innerhalb von 10 Jahren nach Unterzeichnung des Abkommens im Wege der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge einer nach vorliegendem Abkommen umgesiedelten Person von anderen Personen zufallen, die nach den Bestimmungen des Abkommens zur Umsiedlung zugelassen worden wären, können innerhalb des gleichen Zeitraumes nach den Bestimmungen des Abkommens transferiert werden, vorausgesetzt, daß es sich um Verwandtschaft bis zum II. Grade oder um Schwägerschaft handelt.

§ 22
Die Deutsche und die Italienische Regierung werden zur gegebenen Zeit Vereinbarungen über die Regelung etwaiger
Pensionen der in das Deutsche Reich abgewanderten öffentlichen Beamten sowie über die Regelung von Rechtsbeziehungen
treffen, die sich aus sozialen und privaten Versicherungen der Umsiedler ergeben.



IV. Schlußbestimmungen

§ 23
Die italienischen Behörden werden den Grenzübertritt der zur Beförderung der Umsiedler und des Umsiedlungsgutes sowie allgemein zur Ausführung des Abkommens erforderlichen Transportmittel (Last-, Personen Krankenkraftwagen einschließlich der im § 8 angeführten Kraftwagen des Sonderzuges) erleichtern. Diese Beförderungsmittel werden ebenso wie die Heizstoffe, die Betriebsstoffe und die Schmieröle, die zur zollfreien Einfuhr zugelassen sind, von der Deutschen Regierung gestellt werden. Soweit Transporte auf der Eisenbahn durchgeführt werden sollen, werden im Einvernehmen mit dem Hohen Kommissar und dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten die weckentsprechenden Vereinbarungen unmittelbar von den zuständigen Eisenbahnbehörden der beiden Staaten getroffen werden. Die aus diesen Transporten entstehenden Kosten werden von der Deutschen Regierung getragen.

§ 24
Gebrechliche und Geisteskranke, die zur Umsiedlung zugelassen sind, werden nach vorheriger Vereinbarung des Zeitpunktes zwischen dem Hohem Kommissar und dem Deutschen Umsiedlungsbevollmächtigten bis zur nächsten Grenzstation geleitet und dort den deutschen Behörden übergeben.

§ 25
Die Italienische Regierung wird dem Reichsminister der Justiz für alle Umsiedler Auszüge aus den Straf- und Polizeiregistern (casellari giudiziari) zur Verfügung stellen.

Der Reichsminister der Justiz hat ferner das Recht, im Einzelfalle das Spruchgericht I. Instanz um Mitteilung von Abschriften der Strafakten von Umsiedlern zu ersuchen.

§ 26
Die Umsiedler können aus berechtigten Gründen, die vom Hohen Kommissar zu prüfen sind, in die Provinz Laibach zwecks kurzen Aufenthaltes zurückkehren.

§ 27
Zum Zwecke der Überwachung der Verhütung wirtschaftlicher Schädigung der Umsiedler müssen die Vorsitzenden der beiden Regierungsausschüsse ihre Genehmigung zu den Bestimmungen über die Bewertung der Güter der Umsiedler erteilen, die die Grundlage der Kaufverträge mit den erwerbenden Gesellschaften bilden werden.

Unterzeichnet in Rom in deutscher und italienischer Sprache in je zwei Unterschriften am 31. August 1941.

(gez.) Clodius                            (gez.) Giannini

Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen, Hans Hermann Frensing, 1970

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Anmerkungen :

1  
Nach Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Bd. V, S. 141 E bis 152 E.


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