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Gottscheer
Vereinsgeschichte,
Konrad Rom, 1980
Allgemeine Bemerkungen
Als am 8. Mai 1945 die Gottscheer zu spät und fluchtartig das Umsiedlungsgebiet
verlassen "durften", blieb dort fast alles an Hab und Gut, so
auch alle Vereinsutensilien, zurück. Neben der Vereinsfahne mit den
zahlreichen Stiftungsbändern, den Silberkelchen, Pokalen und dem Trinkhorn
des Gottscheer Gesangsvereines blieben auch sämtliches Notenmaterial,
wertvolle Bilder (von Ruppe), Vereinsfotos und die so wichtigen Unterlagen
(Sitzungs- und Versammlungsprotokolle aller Vereine) - für uns verloren
- zurück.
Schon einmal haben die Gottscheer - 1919 - das gesamte Vereinsvermögen
verloren. Im Laibacher Museum war nach dem Ersten Weltkrieg die beschlagnahmte
schwarz-rot-goldene Fahne des Deutschen Turnvereines aus Gottschee zu sehen;
vielleicht können Jugoslawienbesucher dort nun auch weitere Vereinstrophäen
aus der verlorenen Heimat besichtigen.
Wegen der fehlenden Unterlagen ist es schwer, genaue Vereinsgeschichten
zu schreiben. Nur weil ich die letzten zwölf Jahre in der Gottscheer
Heimat als Schriftführer des Gottscheer Gesangvereines, als Turnwart
und Vorturner beim Turn- und Sportverein und auch beim Leseverein tätig
war, ist es mir aufgrund meiner Erinnerungen und meiner Fotos möglich,
über die Vereinsgeschichte in der ehemaligen Heimat zu schreiben. Teilweise
habe ich auch die verschiedenen Jahrgänge der "Gottscheer Kalender"
zu Rate gezogen (vor allem den Beitrag über die Gottscheer Spar- und
Darlehenskasse), trotzdem erhebt meine Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wenn ich fallweise auch Zitate aus diesen Kalendern anführe, so geschah
es, um auch den Geist der damaligen Zeit zu bannen, ihn in die Gegenwart
herüberzubeschwören, denn er macht vieles verständlich, was
sonst unverstanden bliebe: Der Unterschied zwischen der geistigen Haltung
von damals und von heute ist ja doch viel zu groß.

1. Gottscheer Gesangverein
Die Gründung des neuen Vereines fand am 18. März 1924 statt. Obmann
war Dr. Georg Röthel, Schriftführer Adolf Fornbacher, Chorleiter
Dr. Hans Arko, Notenwart Franz Rom. Die Proben fanden im Gasthaus Gruber
statt: Dienstag Männerchor, Freitag gemischter Chor.
Der Aufgabenbereich war anfangs wie bei dem aufgelösten Gottscheer
Gesangverein: Pflege des deutschen Liedes, Frühjahrs- und Herbst-Liedertafel,
Silvesterfeier, gesangliche Darbietungen bei Jubiläumsanlässen
verdienter Landsleute und befreundeter deutscher Vereine, bei Begräbnissen
und Totenehrungen. Ende April 1925 ist allen Gemeindeämtern des Gottscheer
Ländchens ein jugoslawischer behördlicher Erlaß zugegangen,
demzufolge jedes Singen der Gottscheer Hymne "Wacht an der Kulpa"
bestraft wird.
Erste Strophe:
"Vom
Rinsequell zum Kulpastrand
soll unser Lied ertönen,
hoch lebe das Gottscheer Land,
heil seinen deutschen Söhnen!"
Der Geistliche Rat August Schauer, Pfarrer in Nesseltal, Schriftleiter
des Gottscheer Kalenders, schreibt im Kalender 1926 darüber folgendes:
"Die Gottscheer Hymne, die der heimgegangene Prof. Josef Obergföll
im Jahre 1875 dichtete, ist im Laufe der Zeit tatsächlich zum Volksliede
geworden. Und nun - nachdem unsere Hymne ein halbes Jahrhundert lang in
der heißgeliebten Heimat geklungen hatte, wurde das Singen derselben
behördlicherseits plötzlich untersagt. Schweren Herzens und
mit bitterer Empfindung brachten wir das Opfer und fügten uns dem
Verbote. Trotz allem werden wir uns als gute Staatsbürger auch weiterhin
bewähren, Ruhe und Ordnung einhalten, Geduld und unerschrockenen
Mannesmut bekunden. Das alles werden wir und wollen wir. Aber eines wollen
wir nicht: Unsere nationale Eigenart geben wir niemals auf. Nein, nie
und nimmer! Wir werden deutsche Sitten nicht und deutsche Art nicht lassen!"
Am 6. August 1926 wurde die Tätigkeit des Gottscheer Gesangvereines
von der Bezirkshauptmannschaft mit der Begründung eingestellt, daß
sich 17 Vereinsmitglieder an einer am 5. und 6. Juni 1926 in Kärnten
stattgefundenen Feierlichkeit beteiligt haben. Durch Aufführung dieser
politischen Manifestation im Auslande habe der Verein seinen statutenmäßigen
Wirkungskreis überschritten, weshalb das Vereinsvermögen einstweilen
beschlagnahmt und die Verwaltung desselben einem Regierungssekretär
übertragen würde. So der behördliche Bescheid. In Wirklichkeit
haben 17 Landsleute, darunter mehrere Sänger, einen Ausflug nach
Kärnten unternommen und haben im Beisammensein mit dortigen Landsleuten
am 5. und 6. Juni deutsche und Gottscheer Lieder gesungen. Nach ihrer
Rückkehr wurden die 17 Ausflügler von der jugoslawischen Behörde
in der Voruntersuchung wegen Hochverrates einvernommen - und erst am 9.
Oktober 1926 hatte die Staatsanwaltschaft in Novo mesto die Strafverfolgung
eingestellt, da hiefür keine Gründe vorhanden waren.
Bei der Hauptversammlung 1927 fand ein Aufsatz von Josef Erker, Pfarrer
in Mösel, große Beachtung; darin heißt es unter anderem:
"Neben standhafter Treue für alte deutsche Gottscheer Art und
Sitte ist gerade das Festhalten an Gottscheer Volksliedern eine starke
Wehr gegen anstürmende feindliche Gewalten, und solange das Gottscheer
Volk seine, von tiefer Glaubensbefriedigung und großer Heimatliebe
beseelten Lieder freudig singt, wird das Gottscheer Volkstum erhalten
bleiben." Dieser Aufsatz trug dazu bei, den Aufgabenbereich des Vereines
zu erweitern, und folgendes wurde beschlossen: "Alljährliche
Vereinsausflüge des Gottscheer Gesangvereines und des Gottscheer
Turn- und Sportvereines in die Dörfer des Gottscheer Ländchens
durchzuführen, Sommer- und Gottscheer Trachtenfeste zu organisieren
und im vermehrten Maße Gottscheer Mundartlieder einzulernen."
Am Abend des 23. April 1928 brachte der Gottscheer Gesangverein anläßlich
seines 50. Geburtstages seinem Ehrenobmann Dr. Georg Röthel ein Ständchen
wobei auch das Vereinsmotto "Vom Rinsequell zum Kulpastrand tön'
deutsches Lied im Gottscheer Land" gesungen wurde. Einige Tage darnach
erhielten Chormeister
Dr. Hans Arko sowie mehrere Sänger eine Vorladung zur Bezirkshauptmannschaft.
Dort wurde ihnen vorgehalten, sie hätten mit dem Singen des Mottos,
das mit dem gleichen Text beginnt wie die verbotene Gottscheer Hymne,
eine Gesetzesübertretung begangen und müßten dafür
bestraft werden. Alle Einwendungen und Verteidigungsaussagen halfen nichts,
sogar der Antrag, über die Ungleichheit der Lieder Sachverständige
einzuvernehmen, wurde abgewiesen. Das Urteil lautete für den Chormeister
40 Dinar Geldstrafe oder 24 Stunden Arrest, für die übrigen
Sänger je 20 Dinar oder 12 Stunden Arrest. Der Chormeister und die
Sänger zahlten die Geldstrafen, und im internen Kreis äußerten
sie sich, das und noch mehr war das gesungene Motto wert: "Wenigstens
haben wir wieder einmal nicht ,umsonst' gesungen."
Vom 20. bis 23. Juli 1928 wurde in Wien das 10. Deutsche Sänger-Bundesfest
gefeiert. Aus allen Ländern der Erde waren an die 200.000 deutsche
Sänger gekommen, um durch das deutsche Lied dem unsterblichen deutschen
Liederfürsten Franz Schubert zu huldigen.
Die Gottscheer Sängerschaft unterwegs nach Göttenitz, 27. Mai
1928
An
dieser Feier hatte sich der Gottscheer Gesangverein unter der Führung
des Chormeisters Dr. Hans Arko und des Ehrenobmannes Dr. Georg Röthel
beteiligt. Im Sängeraufmarsch durch die Straßen von Wien erregten
die Gottscheer, mit ihren alten, eigenartigen Trachten bekleidet, bedeutendes
Aufsehen. Am 23. Juli veranstalteten die Wiener Gottscheer ihren Landsleuten
zu Ehren einen Abschiedsabend, wobei ein Verbrüderungsfest gefeiert
wurde, wie es herzlicher und inniger wohl kaum gedacht werden konnte.
Die herrlichen Tage in Wien, die freudevollen Stunden im Kreise der lieben
Landsleute sind allen Teilnehmern unvergeßlich geblieben.
Am 12. August 1928 fand in der Stadt Gottschee das erste Gottscheer Trachtenfest
statt. Die Seele des Unternehmens war Vavkens Ammo, ihr zur Seite standen
die Herren Oberlehrer Perz, Dr. Röthel, Dr. Krauland und Dr. Arko.
Auf der Bühne in Hardaisch Gastgarten (Gustl Verderber) zeigten heimische
Laiendarsteller in Gottscheer Trachten: eine altgottscheerische Spinnstube,
Brautwerbung, Krantslaischpintan,
Abschied der Braut von den Eltern; der Hochzeitszug zog durch die von
den Zuschauern freigemachten Gassen, die Hochzeitstafel war wieder auf
der Bühne; alles wurde in Gottscheer Mundart gesprochen, und insgesamt
wurden zehn Mundartlieder, zu den einzelnen Szenen passend, gesungen,
die vorher von Oberlehrer Perz harmonisiert und eingeübt worden waren.
Im Rahmen der Herbstliedertafel des Gottscheer Gesangvereines 1928 hielt
Chormeister Dr. H. Arko zur Erinnerung an den 100. Todestag des großen
deutschen Genius Franz Schubert die Festrede, in der er die Verdienste
Schuberts um das Volkslied hervorhob und versprach, im Geiste des großen
Liederfürsten den deutschen Gesang zu heben und zu pflegen. Anschließend
sangen der Männer- und der Gemischte Chor Schubertlieder.
1929 übersiedelte der Gottscheer Gesangverein in das Haus der Gottscheer
Spar- und Darlehenskasse, wo dem Verein im ersten Stock zwei geeignete
Räume für den gesanglichen und musikalischen Probenbetrieb sowie
für Sitzungen und Versammlungen kostenlos zur Verfügung gestellt
wurden.
Am Vorabend des Hauptfesttages der 600-Jahr-Feier des Gottscheer Landes
vom 1. bis 4. August 1930 begrüßte der Chormeister des GGV,
Dr. Hans Arko, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Festausschusses
die in der Festhalle zahlreich Erschienenen, darunter die drei Gesangvereine
aus Marburg, Cilli und Pettau, aufs herzlichste. Der Vorsitzende machte
die Vertreter der Vereine gleichzeitig aufmerksam, daß infolge behördlichen
Verbotes keine Reden, sondern nur Begrüßungsansprachen gehalten
werden dürfen.
Den musikalischen Anfang machten die Landsleute Maria Röthel und
Opernsänger Hans Schuster mit einer Arie aus "Faust", Landsmann
Hans Schuster sang hierauf noch eine Arie aus der Gralssage. Beide Lieder
wurden von Prof. Karl Lafite am Klavier meisterhaft begleitet, und der
Dank und Beifall galt in gleicher Weise sowohl den Sängern als auch
dem Begleiter. Nun betraten die Marburger Sänger das Podium, danach
die Sänger aus Cilli und Pettau und sangen das Sängermotto und
je zwei Lieder. Darauf folgte der Gottscheer Gesangverein unter der Chorleitung
von Dr. Arko mit den Liedern "Dar Göttscheabarscha
Püa"
und "Rausche, rausche, deutsches Lied". Die drei untersteirischen
Vereine, zusammen 137
Sänger, sangen dann unter der Leitung des Chormeisters Dr. Fritz
Zangger den wunderschönen Chor, "Wie's daheim war", und
unter gleicher Chorleitung mit Klavierbegleitung von Prof. Frisch wurde
das wuchtige Chorlied "Gotentreue" gesungen. Abschließend
vereinigten sich 167 Sänger der vier befreundeten deutschen Vereine
auf der Tribüne und sangen gemeinsam unter der Leitung von Chormeister
Prof. Frisch das schöne Chorlied "St. Michel, der vor Gottes
Thron hält für die Deutschen Wache" von Prof. Karl Lafite.
Alle vorherigen Darbietungen der Vereine wurden mit stürmischem Beifall
belohnt, doch für den letzten schönen und kräftigen Chorgesang
wollte der Beifall kein Ende nehmen. Der Komponist Prof. Karl Lafite wurde
auf die Bühne geholt, und die großen Ovationen endeten, indem
ihn die Sängerschaft mit einem dreimal gesungenen "Wir bringen
ein Gutheil" ehrte.
Hierauf überreichte Herr Pirich, Obmann des Pettauer Gesangvereines,
mit einer Begrüßungsansprache einen silbernen Pokal, gewidmet
dem Gottscheer Gesangverein, und Dr. Kieser im Namen des Marburger Männergesangvereines
für die Gottscheer Vereinsfahne ein Band, auf dem in Goldbuchstaben
die Widmung "Der Scholle und dem Liede treu - M.M.G.V. 2. August
1930" eingestickt ist.
Gleichzeitig teilte er mit, daß sein Verein den Chormeister des
Gottscheer Gesangvereines, Dr. Hans Arko, infolge seiner Verdienste um
den deutschen Gesang zum Ehrenmitglied ernannt hat, was stürmischen
Beifall auslöste. Der Obmann des Gottscheer Gesangvereines, Dr. Georg
Röthel, nahm die Ehrengaben in Obhut und dankte im Namen des Vereines
mit herzlichen Worten, worauf der Chor des GGV sein Motto sang und damit
die Ehrung beendete.
Am Hauptfesttag der Gottscheer 600-Jahr-Feier, am Sonntag um 9 Uhr bei
der Festmesse in der Stadtpfarrkirche, sang der Gottscheer Frauenchor
unter der Leitung und mit Soloeinlagen der Frau Maria Röthel "Die
Deutsche Messe" von Schubert, die Orgel spielte meisterhaft Prof.
Karl Lafite.
Bei der Hauptversammlung 1931 wurde auf Vorschlag des Ehrenobmannes Dr.
Georg Röthel zum neuen Obmann Josef Hönigmann (Jüraisch)
und zum Schriftführer Konrad Rom gewählt; Chormeister Dr. Hans
Arko und Notenwart Franz Rom sowie die alten Ausschußmitglieder
wurden bestätigt.
Der Gottscheer Gesangverein veranstaltete im November 1933 seine alljährliche
Herbstliedertafel, mit der gleichzeitig eine Hans-Sachs- und Richard-Wagner-Feier
anläßlich des 50. Todestages dieses größten deutschen
Tonkünstlers verbunden waren. Der deutsche Dichter Hans Sachs wurde
von Richard Wagner als Hauptfigur und Verkörperung deutschen Wesens
in die Oper "Die Meistersinger" (1868) gestellt. Sologesänge
von den Landsleuten Maria Röthel und Opernsänger Hans Schuster,
der Männer- und Gemischte Chor unter der Leitung von Dr. Arko sowie
das Vereinsorchester (Leitung Josef Dornig) ehrten mit ihren Darbietungen
die beiden großen Deutschen.
Die Frühjahrs- und Herbstliedertafeln, die Silvesterfeiern sowie
die Faschingsbälle fanden stets in den Räumlichkeiten des Hotels
"Stadt Triest" in der Stadt Gottschee statt - und das Vereinsorchester
unter der Leitung seines Dirigenten Josef Dornig war dabei ein wertvoller
Übermittler der musikalischen Darbietungen.

Einweihung der ersten Motorspritze der Freiwilligen Feuerwehr Gottschee,
22. August 1926
Im Juni 1935 hatte eine Sängergruppe des GGV am ersten Deutschen
Sängerfest in Neusatz (Jugoslawien) mit gesanglichen Darbietungen
teilgenommen. Auf Einladung der Münchner Akademie unternahm der GGV
einen Sängerausflug nach München, wo die Sängerinnen und
Sänger in Gottscheer Trachten im Rathaus von München feierlich
empfangen wurden. Vom 30. Mai bis 6. Juni 1937 wurden bei mehreren Veranstaltungen
unter der Chorleitung von Dr. Hans Arko Gottscheer Mundartlieder zu Gehör
gebracht, die der Münchner Rundfunk aufnahm und ausstrahlte. Das
Auftreten in Trachten und die Mundartlieder der Gottscheer fanden überall
freundliche Aufnahme, nicht nur bei den offiziellen Anlässen, sondern
auch in den Straßen von München erregten die Gottscheer in
ihren altehrwürdigen Trachten beträchtliches Aufsehen.
Bei der Hauptversammlung 1937 wurde Franz Scheschark, Oberlehrer i. R.,
der am 15. Oktober 1937 bei voller geistiger und körperlicher Frische
sein 80. Lebensjahr vollendete und immer noch als ältester hervorragender
2. Baß im Chor mitsingt, zum Ehrenobmann des GGV ernannt und ihm
ein Ehrengeschenk überreicht. Der Jubilar - wegen seines stets unerschrockenen
Eintretens für das Gottscheer Deutschtum, als einer der Gründer
des ehemaligen Deutschen Turnvereines und Vorturner desselben vor dem
Ersten Weltkriege sowie als bestbekannter Lehrer, der seinen Schülern
in der Stadt Gottschee nicht nur den Lehrstoff, sondern auch die völkischen
Ideale übermittelt hatte - war in der Stadt und in den umliegenden
Dörfern als vorbildlicher Gottscheer beliebt und hochgeachtet, und
die Sänger, die fast alle seine Schüler gewesen waren, brachten
dies mit ihren persönlichen Glückwünschen besonders deutlich
zum Ausdruck.
Am Vorabend des 8. Feber 1938 feierte die Sängerschaft des GGV in
den Vereinslokalitäten den 50. Geburtstag des Chormeisters Dr. Hans
Arko. Die Vorbereitungen für die Feier wurden von der Vereinsleitung
ohne den Chormeister beschlossen und organisiert, wobei der Schriftführer
beauftragt wurde, einen ehrenden Aufsatz in der Gottscheer Zeitung zu
veröffentlichen und den Verlauf der Geburtstagsfeier und die Ehrungen
im Protokollbuch des Vereines schriftlich zu vermerken. Nach der Ansprache
des Obmannes Josef Hönigmann, der Ernennung zum Ehrenchormeister
und Überreichung eines Geschenkes, versehen mit einer Widmungsplakette,
folgten die persönlichen, herzlichen Glückwünsche der Sängerschaft,
und der anschließend freudige Gesang im fröhlichen Beisammensein
ist allen Teilnehmern unvergeßlich geblieben.
Hier wurde nicht nur der Ehrenchormeister gefeiert, der den GGV weit über
seinen vereinsmäßigen Aufgabenbereich hinausgeführt hatte,
sondern es galt, diesen Anlaß zu nützen, auch einmal dem großen
Landsmann, dem Anwalt des ganzen Gottscheer Ländchens für seine
unermüdliche Tätigkeit zu danken. Er war es hauptsächlich,
der bald nach Ende des Ersten Weltkrieges mit noch mehreren Landsleuten
die völkischen, kulturellen Aufgaben förderte und das kulturelle
Leben in der Gottscheer Heimat neu erweckte. Es gab keinen Verein und
keine für die völkischen Belange notwendigen Unternehmungen,
in denen Dr. Hans Arko nicht mitgearbeitet hätte. Es würde beinahe
kein Ende nehmen, all das anzuführen, was er für das Gottscheer
Ländchen geleistet hat. Schon allein die Organisierung und Durchführung
der Gottscheer 600-Jahr-Feier 1930, die hauptsächlich als sein Werk
bezeichnet wurde, war eine große Leistung und soll stets mit seinem
Namen verbunden sein. Dr. Hans Arko
hat es nicht nur hervorragend verstanden, den GGV gesanglich zu leiten
und im kameradschaftlichen Sinn auszurichten, sondern er hat jede Gelegenheit
wahrgenommen, sowohl den Männer- als auch den Gemischten Chor immer
dort einzusetzen, wo es galt, mit gesungenen Worten die Liebe zur Heimat
und zur Muttersprache zu bekunden und befruchtend auf die Zuhörerschaft
einzuwirken.
Die alljährlichen Ausflüge des GGV und des Turn- und Sportvereines
in die Dörfer des Heimatlandes waren mit den gesanglichen und turnerischen
Darbietungen sowohl für die Gebenden als auch für die Nehmenden
einzigartige Ereignisse die das Zusammengehörigkeitsgefühl der
Gottscheer stärkten. Zur Gemeinschaftlichkeit hatten auch die seit
1930 vom Gottscheer Gesangverein organisierten Trachtenfeste, jeweils
am ersten Sonntag im August, beigetragen, an denen stets viele Sing- und
Trachtengruppen aus dem ganzen Lande teilnahmen. Die Sängerfahrten
außerhalb der Heimatgrenzen wurden durchgeführt, um den Kontakt
mit anderen Volksgruppen und mit landsmännischen Vereinen in Österreich
aufrechtzuerhalten. Überall, wo es notwendig war. Bekennermut zu
zeigen, war der GGV unter der Führung von Dr. Hans Arko als Vertreter
des Gottscheer Ländchens mit dabei gewesen. Diese Leistungen waren
aber nur möglich gewesen, weil eine Persönlichkeit wie Dr. Hans
Arko die Leitung des GGV innehatte. Wenn er manchmal aufgrund seiner schweren
Bürde, die er zu tragen hatte, müde und abgespannt war - die
vielfachen Vorsprachen bei den Behörden wegen völkischer Belange,
die fortlaufenden Einschränkungen des deutschen Schulunterrichtes,
die Versetzungen deutscher Lehrkräfte in slowenische Schulen außerhalb
der deutschen Sprachinsel Gottschee, die Verbote deutscher Vereine usw.
usw., dazu leitete er noch zweimal wöchentlich die gesanglichen Proben
-, so holte er sich bei der Pflege des deutschen und des Gottscheer Volksliedes
neue Kräfte für sein Wirken ums Gottscheertum.
In den dreißiger Jahren wurden mündlich überlieferte alte
geistliche Mundartlieder und auch solche mit deutschem Wortlaut vierstimmig
gesetzt und vom Gemischten Chor bei feierlichen Messen in der Stadtpfarrkirche
gesungen. Damals entstanden auch mehrere neue Mundartlieder, und, da und
dort von Singgruppen sowie von den Chören des GGV gesungen, bald
wurden sie Volkslieder. 1939 gab Landsmann Engelbert Maurin, Musiklehrer,
ein gebürtiger Unterdeutschauer, ein Chorheft mit 23 alten und neuen
Gottscheer Volksliedern, bearbeitet in mehrstimmigem Satz, zum praktischen
Gebrauch für Gesangvereine und Singgruppen heraus. Dieses erste Chorheft
hatte der Herausgeber dem großen Volksliedsammler Josef Perz, Oberlehrer
in Ruhe, gewidmet.
Die von Chormeister Dr. Hans Arko intensivierten Gesangsproben der Mundartlieder
ergaben schließlich, daß neben vielen deutschen Volksliedern
nun auch die Gottscheer Lieder auswendig ohne Noten gesungen wurden und
einen ständigen Platz im Programm des Gottscheer Gesangvereines hatten.
Die meistgesungenen Mundartlieder waren: "Dar Göttscheabarscha
Püa"
von Wilhelm Tschinkel, "Da
Meerarin" (das Gudrunlied aus dem Gottscheer Land, mündlich
überliefert), "Bu hoscht dü hin dos Ringale",
"Da Wegalain
shitsnt af grieanan
Tsbaiglain", '"Dar
Muna" und
"Afn Rigalein"
von Peter Wittine, "Lai ahoima"
von Engelbert Maurin, "0 dü sheanai Mitso" und "Hoi,
dü Mine".
Diese Gottscheer Mundartlieder und eine große Auswahl deutscher
Volkslieder wurden vom GGV bis zur Umsiedlung im Gottscheer Land gepflegt
und gesungen. Die Umsiedlung 1941/42 führte dazu, daß viele
Sänger und Sängerinnen des Gottscheer Gesangvereines im Umsiedlungsgebiet
mehr oder weniger weit entfernt voneinander angesiedelt wurden, so daß
vom Verein nur kleinere, örtlich verteilte Sängergruppen übrigblieben.
In einem großen Raum der Notariatskanzlei des Dr. Hans Arko in der
Kreisstadt Rann trafen sich fast alle Abende zehn bis vierzehn Sänger,
und diese kleine Sängerrunde setzte die große Tradition des
GGV unentwegt fort. Sonntags fuhren die Sänger abwechselnd nach Gurkfeld,
Reichenburg, Lichtenwald und Ratschach, und in einem Gottscheer Gasthaus
sangen sie unter der Leitung von Dr. Hans Arko Gottscheer und deutsche
Lieder, wo in freudigem Beisammensein unter den Landsleuten bald eine
heimatliche Stimmung herrschte. Auch in Gurkfeld war ein beträchtlicher
Gemischter Chor unter der Leitung von Oberlehrer Josef Wild und dem Lm.
Oberlehrer Max Tschinkel tätig und pflegte deutsche Volkslieder sowie
die Gottscheer Mundartlieder, der Chor trat erfolgreich bei allen gegebenen
Anlässen an die Öffentlichkeit.
Auch nach 1945, allerdings wegen der noch größeren Zerrissenheit
der Gottscheer seltener, wurde immer, wo Dr. Hans Arko mit seinen Sängern
zusammenkam, aus Herzenslust gesungen. Die beiden letzten Sängertreffen,
zu Pfingsten 1947 in Feldkirchen, Kärnten, und am 17. Mai 1948 in
Graz, mit guten Stammsängerbeteiligungen brachten noch zweimal von
Ehrenchormeister Dr. Hans Arko geleitete gesangliche Ereignisse, die unvergeßlich
blieben.

2. Vorbemerkungen zur Vereinsgeschichte
des Gottscheer Turn- und Sportvereines
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die deutsche Sprachinsel Gottschee
dem neuen Staate SHS bzw. Jugoslawien einverleibt. Der deutsche Turnverein
wurde 1919 behördlich aufgelöst, das Vereinsvermögen beschlagnahmt,
und die Turngeräte nahm der nationale slowenische Turnverein Sokol
in seinen Besitz. Von 1919 bis 1924 gab es keinen behördlich genehmigten
deutschen oder Gottscheer Turnverein. Die Gottscheer konnten sich damals
nur im Turn- und Sportverein "Svoboda" betätigen, der von
der Arbeiterbewegung international ausgerichtet und im Staate SHS erlaubt
war. Zwei Abende in der Woche turnten die Gottscheer im Turnsaal der Volksschule
in der Stadt auf ihren beschlagnahmten Geräten, und die Schulwiese
durfte für sportliche Übungen und das Fußballspielen benützt
werden. Nur kurze Zeit - dann wurde behördlicherseits jede Benützung
verboten.
Das Turnen und die Sportbetätigung umfaßten jahrzehntelang
- ausübend oder unterstützend - den größten Teil
der Stadtbevölkerung. Aufgrund dieser stark verankerten Tradition
wurden nun alle Maßnahmen getroffen, um den Turn- und Sportbetrieb
wieder aufzunehmen. Landsmann Anton Hauff stellte ein einzelstehendes,
als Turnsaal geeignetes Holzhaus sowie ein anschließendes Gelände,
wo geturnt und Leichtathletik betrieben werden konnte, in großzügiger
Weise kostenlos zur Verfügung. Gönner des Turn- und Sportgeschehens
in Gottschee kauften Turn-
und Sportgeräte, auf denen die Eigentumsbezeichnungen sichtbar angebracht
waren, und im Vermögensverzeichnis des Vereines wurden die Geräte
als widerrufliche Leihgaben von Dr. Hans Arko, Dr. Georg Röthel und
Alois Kresse sen. eingetragen. Damit wollte man ausdrücklich darauf
hinweisen daß ein Verbot des Vereines zukünftig weniger attraktiv
und eine behördliche Beschlagnahme der Turngeräte unmöglich
ist. Für das Fußballspielen wurde die Faberwiese gepachtet
wo auch Turnen und Leichtathletik betrieben wurden.
Aufgrund der Förderungen o. a. Landsleute, dem früheren Turnwart
des deutschen Turnvereines, Josef Pavlicek, der noch als 50jähriger
die jüngsten Zöglinge als Vorturner unterwies, dem Turnwart
und Fußballtrainer Hans Ramor und Franz Hriber war es zu verdanken,
daß die turnerische und sportliche Tätigkeit neuen Aufschwung
nahm, die Grundlage des Turnernachwuchses schuf und die Idee der sportlichen
Gemeinschaft als völkische Notwendigkeit in Gottschee starken Inhalt
und Ausdruck bekam. Nach verschiedenen behördlichen Einschränkungen
der turnerischen Tätigkeit erfolgte 1924 die behördliche Auflösung
des Vereines "Svoboda".

Der Gottscheer Turn- und
Sportverein
wurde 1925 neu gegründet, Obmann war Dr. Georg Röthel, Turnwart
Franz Hriber. Die Tätigkeit wurde dort festgesetzt, wo sie 1924 aufgehört
hatte. Besonders war man bestrebt, die Gottscheer Jugend zu erfassen,
um sie von der Straße weg zu Disziplin und Körperertüchtigung
zu erziehen. Angefangen beim Kinderturnen über Freiübungen,
Gymnastik, die Zöglinge - Buben und Mädchen -, das Frauenturnen
auf den Geräten zur ersten Riege bis zum Altherrenturnen war eine
bemerkenswerte Breitenentwicklung entstanden. Daneben wurden neue Vorturner
ausgebildet, die für die vielen Riegen notwendig waren. Die alljährlichen
Turn- und Sommerfeste im Gasthausgarten und auf der Wiese von Peter Lackner
unter der Mitwirkung des Gottscheer Gesangvereines umfaßten turnerische
Vorführungen, Volkstänze, Kinderbelustigungen sportlicher Art
wie Sackhüpfen usw. Die stets zahlreich erschienenen Landsleute aus
der Stadt und den nahe gelegenen Dörfern waren von den verschiedenen
Vorführungen der Kinder- und Jugendgruppen sowie der Turner und Turnerinnen
begeistert und mit anschließendem Tanz und Unterhaltung wurden daraus
schöne Volksfeste .
1928 ist der Gottscheer Turn- und Sportverein dem Landesverband der Turnvereine
in Jugoslawien beigetreten. Am 18. August 1929 wurde das neue Rüsthaus
der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Gottschee feierlich eingeweiht. Wehrobmann
wurde Josef Pavlicek Verbandsobmann der Gottscheer Freiwilligen Feuerwehren
Dr. Hans Arko, Schriftfuhrer beider Institutionen Franz Hriber.
Der Gottscheer Sport- und Turnverein übersiedelte mit seinen Turngeräten
in den eigenen, neu errichteten Turnsaal im ersten Stock dieses Rüsthauses
wo der Turnbetrieb weiterging. Am 25. Juni 1931 verschied nach kurzer
Krankheit der Gründer und Turnwart des Gottscheer Turn- und Sportvereines,
Franz Hriber, im 39. Lebensjahr. Mit seinem Tode verlor die Vereinswelt
in Gottschee einen aufrechten Mann, der stets mit seiner ganzen Arbeitsfreude
und Schaffenskraft und mit seinen organisatorischen Fähigkeiten in
fast allen Gottscheer völkischen Vereinen führend und leitend
tätig war.
Schauturnen
der 1. Riege des GTuSpV in Göttenitz am 27. Mai 1928
Der
Aufbau des Gottscheer Turn- und Sportvereines war sein Werk, und ihm ist
es zu verdanken, daß ausgebildete Vorturner hier waren, um den Verein
in seinem Sinne weiterzuführen. Das Turnen und die sportliche Tätigkeit
waren nicht nur für die Körperertüchtigung wichtig, sondern
darüber hinaus war das gemeinsame Auftreten der Turnerschaft ein
sichtbares Bekenntnis der Zusammengehörigkeit, was bei der Gottscheer
Bevölkerung in Stadt und Land ein gutes Echo fand. Das hatte sogar
die jugoslawische Behörde erkannt, denn der Gottscheer Turn- und
Sportverein war seit seiner Gründung bis 1941 behördlich öfter
und länger verboten als erlaubt gewesen.

3. Vorbemerkung zum "Leseverein"
Der deutsche Leseverein, der seit mehr als 25 Jahren bestanden hatte,
ist am 26. Feber 1925 von der jugoslawischen Behörde aufgelöst
worden, das Vermögen wurde beschlagnahmt, und die deutschen Bücher
wurden der slowenischen Bücherei "Citalnica" einverleibt.
Slowenen in Jugoslawien durften deutsche Bücher lesen - deutsche
Gottscheer nicht! Jahrelang hatten Geistl. Rat Pfarrer Josef
Eppich als Gebietsabgeordneter und Dr. Hans Arko als Vertreter der Gottscheer
sich um die Neugründung eines Gottscheer Lesevereines bemüht.
Am 16. November 1928 hat der Gottscheer Abgeordnete Pfarrer Eppich in
der slowenischen Gebietsversammlung in Laibach die Angelegenheit des deutschen
Lesevereines neuerlich zur Sprache gebracht. In seiner Rede sagte er u.
a., daß deutsche Gottscheer vor dreißig Jahren den deutschen
Leseverein für ihre schulentlassene Jugend gegründet haben,
jedoch die jugoslawische Behörde habe 1925 den Verein aufgelöst
und die Bücher - über 1000 Bände - widerrechtlich der slowenischen
"Citalnica" in Gottschee zugewiesen. Abg. Eppich forderte mit
aller Entschiedenheit daß der jugoslawische Staat das den Gottscheern
angetane Unrecht wiedergutmacht.

Der Gottscheer Leseverein
wurde 1929 gegründet, Obmann war Dr. Hans Arko, Bücherwart Franz
Rom. Der geeignete Raum und die Einrichtung für die Bücherei
wurden von der Gottscheer Spar- und Darlehenskasse im ersten Stock des
Sparkassengebäudes kostenlos zur Verfügung gestellt. In der
Stadt Gottschee begann eine umfassende Sammelaktion privater Bücher,
die ein großartiges Ergebnis zeitigte. 1920 Bücher wurden schließlich
als widerrufliche Leihgabe und als Eigentum namentlich angeführter
Landsleute in das Vermögensverzeichnis des Vereines eingetragen.
Diese Maßnahme war erfahrungsgemäß notwendig, um bei
einem enventuellen Verbot des Vereines die Bücher nicht wieder einzubüßen.
Der Bücherwart hatte in monatelanger Arbeit die Bücher eingebunden,
numeriert, Kataloge angelegt, und seiner liebevollen Tätigkeit "für
Gotteslohn" war es zu verdanken, daß nach und nach die 1920
Bücher in die Regale kamen und an Bücherfreunde ausgegeben werden
konnten. Die Bücherei des Gottscheer Lesevereines wurde von allen
Bevölkerungsschichten der Stadt und der umliegenden Dörfer benützt,
und jeden Dienstag war ein reger Verkehr der Aus- und Rückgabe der
Leihbucher zu vermerken. Da der Verein keine Auslagen hatte, wurden alle
Leihgebühreinnahmen für den Ankauf neuer Bücher verwendet,
die ein Landsmann kaufte und als Leihgabe mit Eigentumsvorbehalt dem Verein
zur Verfügung stellte. Auf diese Weise wuchs die Anzahl der Bücher
ständig, die Auswahl wurde größer, und letztlich wurde
mit der Bücherei des Gottscheer Lesevereines ein kulturelle Lücke
geschlossen, die allen Lesefreunden in Stadt und Land freudige Zufriedenheit
brachte.

4. Gottscheer Spar- und Darlehenskasse
(GSpuDK)
Mehrere Grund- und Hausbesitzer in der Stadt Gottschee haben eine Spar-
und Darlehenskasse, eine registrierte Genossenschaft mit unbeschränkter
Haftung gegründet. Die Mitglieder des ersten Vorstandes waren: Gastwirt
Lorenz Hönigmann (Vorsitzender), Kaufmann Hans Hönigmann, Kaufmann
Matthias Rom, Dechant Ferdinand Erker, prakt. Arzt Dr. Georg Röthel,
Schuhmachermeister Josef Hönigmann (Jüraisch) und Rechtsanwalt
Dr. Hans Arko.
Diese beherzten Gottscheer hatten mit dem Einsatz ihres gesamten Vermögens
die notwendige Haftung für das neue Geldinstitut übernommen
und arbeiteten ehrenamtlich, um hauptsächlich drei gute Zwecke zu
verwirklichen: Der Gottscheer Bevölkerung Gelegenheit zum Sparen
zu geben, die Darlehensnehmer vor überhöhten Zinsen zu bewahren
- und die Gottscheer Vereine und die wirtschaftlichen und kulturellen
Institutionen am Reingewinn zu beteiligen. Auf dem Grundstück des
Kaufmannes Hans Hönigmann wurde ein kleines Gebäude für
die Kassenräume errichtet, und schon da versuchte die slowenische
Baubehörde der Stadtgemeinde, mit behördlichen Maßnahmen
die Fertigstellung zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich schon
zwei Geldinstitute in der Stadt, die älteste - früher deutsche
- Sparkasse der Stadt Kocevje und die Merkantilbank Kocevje; beide Kassen
waren von Slowenen geleitet und genossen nicht das Vertrauen der Gottscheer.
(Seit 1919 war es behördlich verboten, den deutschen Stadtnamen Gottschee
offiziell und öffentlich zu verwenden.)
Von slowenischer Seite wurden eigens Rundschreiben in deutscher Sprache
herausgegeben, womit versucht wurde, bei der Bevölkerung Mißtrauen
gegen das geplante Gottscheer Institut zu erwecken. Die Gründer mit
ihrem unerschrockenen Beharrungswillen gaben allen Intriganten die einzig
richtige Antwort - am 1. Juli 1926 begann die Tätigkeit der Spar-
und Darlehenskasse mit kleinen, bescheidenen Anfängen, die - wie
sich später zeigte - zu einer ungeahnten Entwicklung führte
und sich wie ein Segen Gottes für die Wirtschaft im Gottscheer Lande
auswirkte. Erster Amtsleiter war Herr Scheichenbauer, ein Bankfachmann,
der die vorläufige Leitung zum Zwecke der fachmännischen Einführung
übernahm, und Lm. Wilhelm Wolf, Steueramts-Oberoffizial i. R., hatte
die leitende Vertrauensstellung im Institut inne.
Am 20. Dezember 1926 verschied Obmann Lorenz Hönigmann - ein aufrechter
Gottscheer wurde zu Grabe getragen, und eine große Trauergemeinde
und der Chor des Gottscheer Gesangvereines nahmen Abschied vom allzufrüh
verstorbenen Obmann der Gottscheer Spar- und Darlehenskasse. Die Obmannstelle
übernahm Alois Kresse sen., und im nachfolgenden Jahr wurde auch
der Amtsleiterposten durch Alois Krauland neu besetzt.
Seit 1928 waren auch in Mitterdorf und Rieg Spar- und Darlehenskassen,
die ebenfalls gemeinnützige Gottscheer Institutionen unterstützten.
1929 kaufte die Gottscheer Spar- und Darlehenskasse das ehemalige Bartelmesche
Geschäftshaus in der Stadt Gottschee, und nach einer umfassenden
Restaurierung übersiedelte das heimische Geldinstitut in sein eigenes
Haus an der Hauptstraße. In diesem großen zweistöckigen
Gebäude wurden der Gottscheer Gesangverein, der Leseverein, das Heimatmuseum,
seit Oktober 1931 der Kindergarten (Lm. Maria Cetinski, Lehrerin) und
im Nebengebäude die Gottscheer Landwirtschaftsfiliale untergebracht.
Außerdem wurde allen Gottscheer Vereinen und Institutionen gestattet,
die Sitzungs- und Versammlungsräume im Hause zu benützen. Die
Unterstützungen der SpuDK begannen bei den monatlichen Zuweisungen
an die Landwirtschaftsfiliale, Gewährung billiger Kredite zur Hebung
und Förderung der Landwirtschaft, Molkereigründungen, Edelzuchttiere
wurden angekauft und an Landwirte abgegeben, Spenden gingen an den Gauverband
der Gottscheer Freiwilligen Feuerwehren, an den Studentenunterstützungsverein
und andere Gottscheer Vereine; bei
Katastrophenfällen leistete das heimische Geldinstitut stets großzügige
Hilfe.
Während von den beiden slowenisch geführten Geldinstituten die
Merkantilbank in Konkurs ging und die andere, "alte" Sparkasse
zur Bedeutungslosigkeit herabsank, hatte die Spar- und DK in der Stadt
Gottschee - dank der geschlossenen Einigkeit der Gottscheer - sich zu
einem gutfundierten, finanzstarken Geldinstitut entwickelt.
Vor der "freiwilligen" Zwangsumsiedlung 1941/42 hatten die Gottscheer
als deutsche Umsiedler, so auch die Spar- und Darlehenskasse, ihr beträchtliches
Vermögen der deutschen Treuhandgesellschaft des Deutschen Reiches
übergeben. In den siebziger Jahren hatte die damalige Regierung der
Bundesrepublik Deutschland als rechtmäßiger Nachfolgestaat
des Deutschen Reiches "jedoch nur" für die Gottscheer-deutschen
Umsiedler, die zu dieser Zeit in den USA lebten, die gesetzliche Möglichkeit
erlassen, Anträge nach dem Reparationsgesetz einzubringen. Die Gottscheer-deutschen
Umsiedler wurden auf Grund ihrer eingebrachten Anträge entschädigt,
und damit wurde das dem Deutschen Reich übergebene Vermögen
abgegolten.
Die Gottscheer-deutschen Umsiedler jedoch, die außerhalb der Grenzen
der Bundesrepublik Deutschland und der USA leben, waren (dies gilt auch
für das Vermögen der Spar- und Darlehenskasse) bisher von dieser
Abgeltung ausgeschlossen, hoffen aber immer noch, daß die Bundesrepublik
als Rechtsstaat diese Ungleichheit vor dem Gesetz aufheben wird.
650 Jahre Gottschee Festbuch 1980, Zur Gottscheer Vereinsgeschichte, Konrad
Rom
www.gottschee.de
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