Johann Weichard Freiherr von Valvasor

"Thierlein Billich", Laibach-Nürnberg 1689.


Dr. Hugo Grothe

Die Jagd in der Gottschee, 1931







Johann Weichard Freiherr von Valvasor, "Die Ehre des Herzogthums Krain" Laibach-Nürnberg 1689. Das XXXI. Capittel des Dritten Buches.



Von den Thieren in Crain*, und zwar sonderlich von dem so genannten Thierlein Billich Unterschiedliche Gattung vierfüßiger Thiere in Crain. Lob der Karstpferde. Starcke Hunde. Das besondre Thier Billich. Selbige soll der Teufel auf die Weide führen. Wie sie sich dafür in menschliche Kleider verstecken. Dess Satans schnaltzen und pfeiffen. Die Billich-Thierlein bekommen ein Zeichen vom Teufel. Wo die Billichen ihre Nester haben.

Unterschiedlicher Fang derselben. Der Bogen-Fang. Wie der Teufel die Leute beim Billichfang äffet. Auf was Weise
solche Thiere im Herbst gefangen werden. Die Winter Löcher der Billichen. Wie einer in einem tieffen Loch sein Leben erhalten. Ein andres wunderbares Exempel. Eines Büttners Fall in eine tiefe Drachen Höle. Selbiger bleibt sechs Monat lang bey den Drachen. Seine Speise. Wird von einem Drachen wieder herausgeführt. Von dem Fleisch der Pillchen.

Crain hat die bekanntesten Thiere mit andren Europaeischen Ländern gemein; als Pferde, Rind-Vieh, Schafe, Geyse
(oder Ziegen), Schweine, Esel, Katzen, Hunde etc.

Unter den Pferden rühmt man in gantz Europa die Karst-Pferde, welche in Crain gezogen werden sonderlich wegen
ihrer Dauerhafftigkeit, denn sie leben lange und halten sowol die Arbeit, als den Ritt lang-beharrlich aus. Wie sie dann auch, weil sie noch jung, dazu gewöhnt werden, in dem man sie auf lauter Stein und Felsen lässt weiden.

Unter den Hunden (die der Crainer Pès nennt) hat Crain auch nicht die schlechteste; zumal am Karst und an der
Poigok; da man grosse und starcke Hunde hat, die dem Wolfe seinen Peltz wacker schütteln; deßwegen die Hirten
solche Hunde allezeit bey sich haben.

Es hat aber in Crain ein sonderbares Thierlein, das in andren Europaeischen Ländern schwerlich gesehn, hie zu Lande aber in gar grosser Menge gefunden und Bilch (oder Pillich) auf Crainerisch aber Pouh benamset wird. Dasselbe ist ein wenig grösser, als eine Ratze, deren es sonst in der grauen Farbe nicht ungleich. Selbiges frisst allerley Obst wie die Eichhörner, denen es auch in der Grösse gleichet. Mit den Früchten deß Buchbaums nimmt es auch vor lieb. Diese Thierlein hausen den gantzen Winter durch in der Erden; zur Sommers Zeit aber gehen sie hervor und zwar so häuffig, daß aus manchem Loch zumal in grossen Buch-Wäldern viel tausend heraus kommen.

Man sagt für gewiß, daß der Teufel sie auf die Weide führe.

Vor etlichen Jahren bin ich selber mit Andren bey der Nacht in einen solchen Wald gegangen, darinn man diese Thiere pflegt zu fangen; da wir dan ein starckes knallen und schnaltzen gehört, wie die Fuhrleute mit der Geissel klatschen.

Als nun hierauf die Billich (oder Bülich) in unglaublich grosser Menge gekommen und fortgeloffen, haben die Bauern,
welche um mich waren, ihre Röcke samt den Stiefeln ausgezogen und hingeworffen; und seynd hierauf der Billichen so viele dahinein gekrochen, daß solche Röcke und Stiefel alle davon gantz voll geworden. Nachdem solche Billich-Armee (oder Heer und Heerde von Billichen) vorbey war, hat man alle die in solcher Kleidung versteckte Billiche getödtet und heraus genommen; massen mir solches mein eigenes Gehör und Gesicht zeugen kann. Doch geschicht dieses nicht alle Nacht; sondern am Samstags Abend und auch zu andren heiligen Zeiten.



Der Teufel und die Bilche



Die Leute sagen, der Teufel habe keine Macht, solche Thierlein aus menschlichen Kleidern zu vertreiben, wann sie sich darein verstecken; und wann ein solches Peitschen-Geklatsch erschallt, auch hernach darauf gepfiffen wird, wie es gar offt geschieht; so müsse man davon lauffen; wiewol derselben keiner mir die rechte Ursach zu sagen weiß, ohne allein, daß, wie Andre ausgeben, der Satan denjenigen, welcher ihm, wann er gepfiffen, nicht ausweichen will, umstosst.

Wiederum sagen andre, der böse Geist lasse sich alsdann in erschrecklicher Gestalt sehen. Und solches habe ich von zweyen Bauren vernommen, welche vorgaben, sie hetten ihn mit Augen gesehn. Als ich aber einen von diesen beyden fragte, wie denn der Teufel ausgesehn? sagte er: Gar wild, wie ein halber Bock! Über eine lange Zeit ließ ich ihn durch einen Andren fragen von weitem, was der Teufel für eine Gestalt gehabt! Dem er geantwortet: Eine gantz grausame! wie ein halber Mensch. Derhalben kann ich keine Gewißheit geben, ob er was gesehen oder ihms geträumt habe 1).

1) Ich vermute aber gäntzlich, der Bauer habe beydes mal die Warheit geredt, und dem Herrn Haupt-Author das Gespenst beschrieben, nach der Gestalt der Untern Helffte des Leibs, die sich einem Bock verglichen; dem andren Angestiffteten aber nach der Figur deß obern Leibes, welche menschlich geschienen. Denn so man den Ober-Mentschen mit dem hintern Theil eines Bocks zusammensetzt, wird ein Wald-Gespenst daraus, nemlich ein Satyr oder Pan. In welcher Gestalt die Heiden die Geys-füssige Frauen, Panen, Sylvanen ehedessen erschienen auch noch wol heutigen Tages in grossen Wäldern Manchem, der allein dadurch wandert, also ins Gesicht treten. In gleicher Gestalt wird ohne Zweifel der Teuflische Billich-Hirt auch in dem Crainerischen Walde aufgezogen kommen, nemlich wie ein Bock-Mensch.

Unterdessen ist dieses doch gewiß, daß man ihn offt hört, die Billcih treiben, auch dabey schnaltzen, klatzschen und starck pfeiffen. Viel fürnehme Personen im Lande habens nicht wollen glauben, biß die Selbst-Erfahrung ihnen allen Zweifel benommen. Die Meisten sprechen, sie hetten von ihren Eltern gehört, man solle alsdann dem Teufel
ausweichen, wann er zum drittenmal starck pfeifft, indem er die Billich treibet.

Sonst hat man sich zu verwundern, daß ein jeder alter Billich an einem Ohr einen Schnitt hat; und wird geredt, solches Zeichen mache ihnen ihr ungesegneter Hirt. Versichert ist man dessen, daß der jungen, welche annoch nicht von dem Baum gekommen, keines gezeichnet befunden wird, wann es gleich schon groß ist.

Man dörffte sich einbilden, daß sie sich untereinander beissen, und alsdann selbst also mit ihren Zähnen zeichnen;
aber so müssten ihrer Etliche gantz zerfetzte Ohren und manche mehr als einen Biß auch wohl an beyden Ohren
haben, oder solche Fecht- und Rauff-Puncten unter ihnen selbsten veraccordirt seyn, daß keines dem andren mehr,
ohn nur in das eine Ohr, auch nicht mehr als nur einen einigen Biß versetzen sollte, und zwar nicht eher, als biß sie
vom Paum herab gekommen, wie vormals die Longobardische Duellanten gewisse Kampff-Gesetze gehabt, wodurch
gewisse Theile des Leibes dem Balg-Schwert verboten worden. Bleibt also der Argwohn übrig, und noch unerloschen, daß die alte Billich solchen Ohr-Schnitt von keinem Gebiß, sondern unnatürlich empfangen.

Es sollen aber vom Teufel diejenige nur also gezeichnet werden, welche er einmal auf die Weide treibet, wann
anderst auf der Bauren Wort zu gehen. Ob dieselbe ihn oder die Billich selbst drum gefragt haben, kann ich nicht
wissen.

Es haben diese Thierlein oben in den Löchern hohler Bäume ihre Jungen, gleichwie auch die Alten in solchen hohlen
Bäumen bey Tage sich enthalten und darinn ruhen, hingegen bey der Nacht herausgehen und das Obst oder die
Büchlen fressen. Wenn man in einem hohlen Baum den Odem zum Munde starck heraus bläset, heben die Billich
drinnen an zu murren mit einem solchen Laut: Dèrn, dèrn, dèrn, etc. Alsdenn steckt man eine lange Spiesruten ins
Loch, stört damit darinn herum, stosst dieselbe aus und ein, so kommt der Billich heraus. Dann erwischt und ergreifft man ihn mit der Hand beyn Halse und schlägt ihn todt. Doch muß der Griff mit Vortheil geschehn, weil er sonst scharff beisst.

Sonst werden auch viele auf den Bögen gefangen, deren mancher Bauer wol über hundert hat, die er hin und wieder auf die Bäume setzt. Selbige Bögen seynd gantz einfältig gemacht, gleich einem Flitsch- oder Pfeil-Bogen, also, daß sie aus dem Bogenförmigen Holtz und einem Spagat oder Schnur bestehen. Darein setzet man gedörrte Holtz-Bieren (die man in Crain Klötze nennt) und auch wol frische.

Hat Jemand hundert solcher Bögen, so müssen Ihrer aufs wenigste drey dabey seyn; sintemal ein Mensch gnug zu
thun bekommt, daß er 20 oder 30 derselben versiehet. Dann wann er solche aufstellet, muß er immerzu die gantze
Nacht durch von einem zum andren gehen, damit er vier oder fünff mal, weniger oder mehr, zu jedwedem Bogen
komme, und die gefangene Billich heraus nehme. Also werden manches Mal in einer Nacht in hundert Bögen drey-,
vier- auch wol fünffhundert Billich gefangen.

Bißweilen geschieht aber, daß man die gantze Nacht durch die Bögen loß gehen hört, und dennoch nicht einiger Billich darinn gefangen wird. Die Schuld giebt man dem Teufel, der die Bauren also äffe und vexire. Welches auch wol zu glauben. Denn solches begiebt sich gewißlich sehr offt, daß man die gantze Nacht über die Bögen spannt und setzt, und doch keinen einigen Billich bekommt.

Am allermeisten fängt man sie im spaten Herbst, da sie bereits in die Erde zu ihren Löchern hinein gehen. Und mit
diesem Herbst-Fange geht es also zu. Man macht eine große Truhen und in der Mitten ein Loch. In selbiges Loch
stecken sie das hole Rohr von einem alten Wagen-Rad. In diesem holen Rohr seynd viel scharff-spitzige eiserne Nägel dergestalt hindurch geschlagen, daß die Spitze derselben hinunterwertz gehet; daher der Pillich leicht hinein gehet, aber nicht wieder zurück kann, weil die Nägel ihm ihre Spitze vorwerffen. Solche Truhen gräbt man in die Erden in das Loch der Billichen also, daß nur allein das Loch deß Wagen-Rohrs heraus gehet; daneben aber oder umher wird Alles vermacht. Darauf gehen ihrer soviel in die Truhen hinein, als viele ihrer darinn Raum haben, und biß dieselbe gesteckt voll wird. Zu Morgens nimmt man die Gefangenen heraus, läßt aber die Truhen also stehen, und verfährt hernach also immerdar wieder.

Jedoch darff gleichwol nicht ein jeglicher Bauer die Pillich also fangen; er muß zuvor der Herrschafft, welcher der Wald gehört, ein Gewisses davon bezahlen; und giebt man insgemein von einem guten Loch 1 Cron, das ist 2 fl., auch wol etwas mehr oder weniger, nachdem das Loch gut oder schlecht. Man weiß schon, wie alle Löcher seynd beschaffen. In selbigen Löchern bleiben die Billich-Thierlein den gantzen Winter durch und zwar ohne Speise. Ich habe niemals erfahren können, daß man sie in der Erden gefunden hette; schliesse also daraus, sie müssen gar tieff sich hinab verkriechen.

Dieses aber hat man mich allein neulich erst berichtet, daß vor wenig Jahren nicht weit von Loitsch einer in ein tieffes Praecipitium oder Sturtz-gähes Loch gefallen, und etliche Wochen darinn verblieben, hernach doch gleichwol heraus gekommen. Derselbe soll gesehen haben, daß allda die Pilch einen Stein geleckt, welchen er gleichfalls geleckt, und bey solchem Tractement, da der Stein zugleich die Tafel und Speise dargestellt, sich etliche Wochen bey Leben erhalten. Woferrn nun solches wahr ist, muß etwan ein Salpeter oder etwas dergleichen dem Hinabgefallenen zur Nahrung gedient haben.

Ein fast nicht ungleicher Fall soll einem Andren begegnet seyn, mit welchem, obgleich seit dem schon ziemlich viel
Jahre verflossen, dennoch etliche annoch im Leben befindliche Leute davon geredt und die Gewißheit aus seinem
eignem Munde erlernt haben, nemlich, daß derselbe gleichfalls eine lange Zeit, ja den gantzen Winter durch, drunten bey den Pillchen verweilen müssen, endlich aber doch noch auf diese verwunderliche Weise wieder heraus
gekommen. Er hat diesen Thierlein, den Pillchen, von seinem Rock kleine Stücklein angebunden, und als dieselbe im
Frühling mit solchen Favoren und Fähnlein herausgekrochen, seynd die Leute gleich auf die Gedancken kommen, er
müsste noch leben, weil sie den Rock gekennt und vorhin schon gemutmasst, daß er mögte in ein Loch gefallen seyn. Weßwegen man angefangen zu graben, auch so lange mit der Arbeit angehalten, biß man ihn mit Stricken und Leitern herausgebracht; da er dann gesagt, er hette einen gesaltzenen doch süssen Stein geleckt, wie die Pillichen thun, und ihn dabey weder gehungert noch gedurstet. Dieses hat sich zugetragen auf dem Karst, bey dem alten Schloß Karstberg in dem anstossenden Walde.

Damit ich mich dieser zwo Geschichte recht eigendlich mögte erkündigen, habe ich allbereit etliche Mal an
unterschiedliche Geistliche hin und wieder geschrieben und gebeten, man mögte mir einen recht gründlichen Bericht
davon mittheilen, weil sie nahe dabey wohnen und die beste Wissenschaft davon haben sollen, aber nichts von ihnen erhalten können. Denn es achtet sich keiner solcher Sachen viel, da man doch kein Unrecht daran thäte, so man dergleichen Denckwürdigkeiten zu einer unverfälligen Gedächtniß beforderte.

Meines Theils hat jedweder seine Freyheit, diese Erzehlung in einen oder keinen Zweifel zu setzen; ich aber
unterstehe mich nicht, sie unter die Mährlein und Getichte zu werffen, nachdem ich bey dem Schweitzerischen
Historico Johanne Cysato, wie auch beym Kirchero in dessen zweytem Theil Mundi subterranei, und beym Schotto in der Physica Curiosa (welche beyde Authores aus dem Cysato es geschöpfft) gefunden, daß ein Büttner aus der Stadt Lucern, als er einsmal ausgegangen ins Gebirge, und in der Wildniß der Alpinischen Hügel und Wälder ein zu seiner Arbeit taugliches Holtz gesucht, drüber den Weg oder Steig zur Wiederkehr gantz verlohren; wesswegen er den gantzen Tag in der Irre gegangen, auch drüber so müde worden, daß er sich niederlegen und ein wenig ausruhen müssen, biß es angefangen tunckel zu werden; da er seinen Weg weiter fortgesetzt. Aber weil die angehende Finsterniß ihm eine begegnende grausame Klufft und weit aufgesperrten Schlund verschwiegen; ist er hinein gefallen und auf einem weich kotichten Boden zu ligen kommen, also, daß ihm kein Glied durch solche entsetzliche Stürtzung versehrt worden, sondern nur von der Angst, Furcht und Erschreckung über den Fall eine Ohnmacht zugetreten.

Nachdem er sich aber erholet und gewahr worden, was für eine mächtige Höhe ihn herab geschickt hatte, und wie ihn keine menschliche Kräffte noch Hülffe aus diesem Schlunde als der von allen Seiten mit hohen und
glatt-abgeschnittenen (oder gähen) Hügeln und Felsen verschlossen und umringt wäre, von dannen wieder erheben
könnte; hat seine Zuflucht sich zu Gott gewandt, denselben unablässig anruffend, daß er ihn aus einem so elendem
Zustande wollte erreten. Derselbe wollte ihn aber eine Weile unerhört stecken lassen und in der Gedult üben.

An den Seiten oder Ecken dieses Schlundes fanden sich tieffe Löcher, welche duch den Berg weit und breit sich
erstreckten; derwegen er hinein ging, um eine bequeme Wohnung für sich auszusuchen; aber alsobald zweener
entsetzlicher ihm entgegen kommender Drachen ansichtig, und über solchem Anblick schier ohnmächtig ward, solchein nach wieder umkehrte nach dem offenen Schlunde zu und daselbst ohn Unterlaß Gott wider solche ungeheure Bestien mit gehäufften Threnen um Schutz anflehete. Ob nun gleich die Drachen ihm kein Leid zugefügt, sondern nur bald mit dem Halse, bald mit dem Schwantze sich an ihm gerieben, muß ihm doch, wie leicht zu gedencken, solche Drachen-Freundlichkeit erschrecklich genug und seine Angst dabey viel grösser gewesen seyn, als daß sie ohne selbst eigene Erfahrung zu begreiffen. Denn wer die Grösse solcher Todes-Angst recht entwerffen wollte, der müsste nicht die blosse Einbildung, sondern auch die Empfindung selbsten darinn zur Lehrmeisterinn annehmen.

Da fand sich ein Daniel, nicht in der Leuen- sondern Drachen-Grube, und auch der Schutz-Herr Daniels, nicht ferrn von ihm, welcher sowol dißmals den Drachen, als jenes Mals den Leuen durch seinen Engel den Rachen zuhalten kunnte; angemerckt, es auch sonst unmöglich geschehen können, daß er so lang darinn ohne Speise und Tranck, dazu bey so grimmig- und gifftigen Bestien sich hette aufhalten und das Leben behalten können. Denn er ist nicht nur einen Tag oder eine Woche, sondern gantzer sechs Monaten darinn verblieben, und hat vom 6. Novembris biß an den 10. Aprilis bey solcher Haushaltung müssen vorlieb nehmen.

Was ist aber doch seine Nahrung und Speise gewest? Er hatte in acht genommen, daß die Drachen Zeit deß gantzen Winters über keine andre Speise genossen, ohn allein einer saltzigten Feuchtigkeit oder Nässe, so von den Wänden der Felsen heraus schwitzte; davon nahm er das Exempel zur Nachfolge, und hub gleichfalls an, selbigen Safft zu lecken, welcher ihn ein wenig erquickte; und bey solcher genauen Anrichtung hat er sich ein halbes jahr beholffen.

Als hernach aber die Sonne den gleichnächtigen Strich überschritten, und die Luft eine empfindliche Wärme von ihr
gewonnen hatte; spührten die Drachen, daß die Zeit, sich nach besserer Speise umzusehen, nunmehro vorhanden,
also probirte und schwang der eine seine Flügel zuvorderst, und flog darauf zu dem Schlunde hinaus. Indem aber der andre ein gleiches Vorspiel mit dem Flügel-Geflatter machte, ergriff der Bütner, welcher dieses für seine beste
Gelegenheit achtete, von der grausamen Gruben heraus zu gelangen, diesen letzten Drachen beym Schwantz, und
ward von demselben also mit hinaufgetragen. Allda er die Drachen fahren ließ, und alsofort den verlohrnen Weg auf
Lucern (ohne Zweifel durch Göttliche Führ- und Anweisung) fand. Woselbst er die Seinige, in derer Gedancken er
längst umgekommen war, durch seine Wiederkehr, noch vielmehr aber durch Erzehlung seiner begegneten
Abentheuren in tieff-erstaunende Verwundrung setzte.

Zu immerwährender Gedächtniß derselben hat er diese Geschicht auf eine Priester-Casul sticken und abbilden lassen, so noch auf den heutigen Tag bey der Kirchen des H. Leodagarii vorhanden und allen Fremdlingen gezeigt wird. Es hat zwar dieser Büttner von dem an sich der Gottseeligkeit gantz ergeben, aber nicht lange mehr gelebt, sondern, weil sein verdorbener Magen die natürliche Speisen nicht mehr annehmen wollen, nach zweyen Monaten ein christliches Ende genommen und den Geist aufgegeben.

Von unsern Pillchen aber ist dieses noch weiter zu melden, daß sie trefflich feist und viel mehr Fettes als Fleisches
haben, daher sie am besten seynd zu braten. Viel sowol Edel- als auch Burgers-Leute scheuen und enthalten sich
dieser Speiss, insonderheit die Weibs-Bilder. Etliche wenden dieses zu einer Ursach sothanes Eckels vor, daß der
Theufel diese Thiere unterhält und weidet; etliche aber diesen, daß sie den Ratzen schier gleich sehen. Der
Bauersmann aber hat desto weniger Scheu dafür, und empfindt darüber so gar kein Grauen, daß er sie in Hafen,
Fässer (oder Tonnen) einsaltzt und den gantzen Winter dran zu fressen hat. An theils Orten wird mancher Bauer
etliche tausend einsaltzen.

Es dienet aber diß Thierlein nicht zur Speise nur, sondern auch zum Kleider-Schmuck. Denn die Fellen desselben
werden in weit-entlegene Länder und Königreiche verführt, als ins Römische Reich, Holland, Spannische Niderlanden,
England, Franckreich, Italien etc. Die Kürsner betupffen solche kleine Fellen mit dem Kalch, wovon solches Pelzwerck oder Futter alsdann schwarzlechte Tüpflein gewinnt, wie ein Tiger.

Soviel von den Pilchen, von welchen ich darum alle Umstände erzehlen wollen, weil mir bißhero annoch kein Author zu Gesicht gekommen, der diß Thierlein recht hatte beschrieben. 







Die Jagd, von Dr. Hugo Grothe, 1931



Einen nicht geringen Reichtum der Wälder bildet das Getier aller Art, das sie bergen. Über die erhebliche Menge von Hoch- und Rotwild der Wälder von Gottschee weiß schon Valvasor zu berichten. Und die Jagd auf erlegbares Wild stellt keine unerhebliche Quelle des Nutzens dar. Im Urbar ist so mancher alljährlicher Abgabe von Fellen an die Herrschaft Gottschee gedacht. Es dürfte wenige Gebiete Südosteuropas geben, wo
heute noch Raubwild in derartiger Vielfältigkeit und Zahl sich gehalten hat, Bär und Wolf, Fuchs und Marder, Wildkatze, Wildschwein, Steinadler, Geier, Sperber, Habicht, wie im Gottscheer Hochland. Da die Fürstlich Auerspergsche Forstverwaltung seit dem Jahre 1768 "Schußlisten" führt, deren Einsicht mir freundlichst gegeben wurde, sind wir in der Lage, uns vom Vorkommen des Wildes, seiner Häufigkeit und seinem Verschwinden in den Gottscheer Forsten ein ziemlich genaues Bild zu machen.



Braunbär


Ein ehrwürdiger Bewohner der Wälder von Gottschee ist der Bär. Heimisch sind der große schwarze oder braune und der kleine graue Bär (Ameisenbär). Vor allem der erstere, vielfach in stattlichen schweren Exemplaren vorkommend, scheint sich in den Gottscheer Gebirgen seit Jahrhunderten zu tummeln. Die vielen Karsthöhlen, oft durch undurchdringliches Dickicht geschützt, sind ihm ein behagliches und ziemlich sicheres Versteck. Ihrer 4-5 werden im Jahr in den Auerspergschen Forsten erlegt. Der letzte Auerspergsche Fürst hat der Ausrottung des Bären ein Riegel vorgeschoben, indem er einige Schonungsreviere einrichtete. Der Bär ist ein harmloser Geselle, der, wenn er des Wildobstes seines Waldes überdrüssig wird, gern ins Tal steigt, um in Mais- und Haferäckern und in den Obstbaumanlagen an Birnen und Äpfeln sich gütlich zu tun.

Auch der Wolf fühlt sich in den dichten, über viele Kilometer sich erstreckenden Wäldern des Gottscheer Hochlandes recht wohl. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war er in starken Rudeln vertreten und ging ihm die Bevölkerung durch Anlegung von Wolfsgruben eifrig zu Leibe. 1771 schoß man 16 Wölfe, 1801 10 Stück, 1835 9 Stück. Seitdem ging dies Raubtier in der Zahl zurück. Hauffen vermeldet 1895, daß der Wolf seit 20 Jahren in der Gottschee ausgestorben sei. Aber er ist in den Jahren des Weltkrieges neu aufgetaucht und wurde wieder zum gefürchteten Feind des Rehwildes und der weidenden Herden. Der Kriegslärm in den bosnischen Wäldern hatte den Wolf wohl nach dem stilleren Kroatien getrieben, von wo er über die Kulpa nach Gottschee herüberwechselte. Sein Geheul in der Nähe der Gehöfte habe ich im Rieger Becken und im westlichen Hornwald zu hören Gelegenheit gehabt. Die Auslegung von Strichnyn vertilgt ihn heute leichter als das Jagdmachen auf dies flinke und l
istige Raubtier. Ausgerottet scheint der Luchs, der sich zuletzt im Jahre 1840 in den Schußlisten findet.

Gänzlicher Vernichtung verfiel in den Gottscheer Gebirgen das Hochwild, das in den Nachbarländern Kärnten und Steiermark die Bergforsten noch stark belebt. Ursprünglich hat es auch in der Gottschee sich zahlreich aufgehalten. 1852 kam hier das letzte Hochwild zum Abschuß.



Braunbär, erlegt in Niedertiefenbach


Die Ausrottung des Hochwildes hängt mit der 1848 eingetretenen Aufhebung des Untertanenverbands und der herrschaftlichen Jagdrechte zusammen. Ein leidenschaftlicher Jagdeifer brach bei den Bauern aus, der keine Schonzeit der Tiere kennen wollte. Gerade das Hochwild war es ja auch, das seinen Feldern manchen Schaden zufügte. Erheblich vermehrt hat sich jedoch gegen frühere Zeiten in den Gottscheer Wäldern der Rehbestand. Zur Strecke kommen seit 1900 jährlich 50-70, während es vorher ihrer nur 8-12 waren. Letzthin haben freilich die Wölfe wieder eine erkleckliche Zahl von Rehen gerissen.

Valvasor weiß von der Jagdlust des damaligen Fürsten Auersperg und vom Reichtum der Gottscheer Wälder an "rot und schwarzen Wild" wie an Bären mancherlei zu erzählen. So heißt es im 2. Buche seines Krainerwerkes "daß ein Fürst von Auersperg um 1675 im Loschiner Wald bei einer großen Bärentreibjagd in einem Tage acht Bären geschossen hat". Auch der "Wachtelbeitz" haben die Auersperger nach Valvasor lebhaft gehuldigt und soll der gleiche Fürst "innerhalb dreyer Wochen dreytausend Wachteln" erlegt haben, die den Gottscheer Boden "mit übermengten Schaaren überhäuffen". Anno domini 1666, so heißt es an dieser Stelle weiter, ist von "einem, der bey dieser Wachtel-Beitz gewesen, mit Fleiß aufgezeichnet und nach Kayserlichen Hof die Specification geschickt, was der Graf Wolf Engelbrecht von Auersperg Landshauptmann in Krain seeliger Gedächtnis innerhalb dreyer Wochen gefangen hat, nämlich Wachtel 2259, Haselhühner 120, Rebhühner 26".


Die hier angeführte Schußliste der Fürstlich Auerspergschen Forstverwaltung gibt eine Übersicht über die Häufigkeit der die Wälder der Gottschee bevölkernden Tiere.


Geschossen wurden:

(B = Bär; W = Wolf; L = Luchs; F = Fuchs; D = Dachs; M = Marder; I = Iltis; WK = Wildkatze; H = Hirsch;
R = Reh; S = Steinadler; KR = Kleine Raubvögel; A = Auerhahn)


Jahr
B
W
L
F
D
M
I
WK
H
R
S
KR
A
1768-78
25
82
-
106
1
4
9
5
15
6
2
5
6
1794-1808
37
79
2
191
-
20
35
30
15
11
-
-
3
1839-52
3
1
1
196
-
-
-
-
73
97
-
-
-
1853-92
26
4
-
445
52
443
26
22
-
1524
11
381
6


Ein charakteristisches Tier der Fauna der Gottschee verdient noch der Hervorhebung. Es ist der durch Flinkheit und Possierlichkeit wie durch sein weiches graues Fell sich auszeichnende Bilch, der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Schlafmäuse zugehörig, dem die Wissenschaft die Bezeichnung Myoxus glis gegeben hat. In Karstlöchern und hohlen Baumstämmen haben die Bilche ihre Wohnstätten, so daß die Gottscheer Gebirge dem in Südosteuropa heimischen Tier ein beliebter Tummel-und Nährplatz sind. Es heißt im Gottscheerland, die Bilche verlassen ihre Winterschlaflager nur, wenn eine reichliche Ernte von Bucheneggern bevorsteht, an denen sie sich mästen können. Bei fehlender Buchenmast sei es ihre Art, durch Jahre verborgen zu bleiben, was bis zu sieben Jahren dauern kann. Der Volksmund gebe ihnen aus diesem Grunde den Namen "Siebenschläfer". Das ist jedenfalls eine irrtümliche Vorstellung. Dem Bilch wird die Bezeichnung "Sieben"schläfer, weil er ungefähr sieben Monate (Oktober bis April) Winterschlaf hält.



"Bilch" - Siebenschläfer


Das außerordentlich lebhafte Treiben der gefräßigen Bilche, das zur Nachtzeit in den Buchen- und Eichenwipfeln der Wälder wie zu ebener Erde vor den Höhlen vor sich geht, war von jeher der Gegenstand eingehender Schilderungen. Das Gottscheer Völkchen steht mit ihnen auf vertrautem Fuße. Es stellt sich die Bilchmännchen und Bilchweibchen als geheimnisvolle, aber den Menschen wohlgesinnte Kobolde vor, die nächtliche spukhafte Feiern aufführen, auch die Bilche durch Irreführung und Schrekkung der auf sie Jagd machenden Menschen schützen.

Der Bilchfang ist lohnender Verdienst und Sport zugleich. Er muß schon vor Jahrhunderten eine geschätzte Einnahmequelle gewesen sein. Das bezeugt das vom Grafen Otto von Ortenburg 1408 gegebene Waldgesetz, das unter den Jagdrechten seiner Grundholden auch solche des Bilchfangs aufführte. Im Herbst zieht zur Nacht der Bilchfänger mit gefertigten länglichen Holzfallen, sog. "Pillichmatzeln", aus, die vor die Bilchhöhlen oder auf breite Baumäste gelegt werden. Das sind wohl die "Truhen", von denen Valvasor erzählt, daß sie zum Bilchfang in Gruben angebracht werden. Hat der Jäger Glück, so kann er des
Morgens 40-50 Tierchen heimbringen.



Holzfalle für Siebenschläfer


Am Fuße der Bäume liegende Schalen der verspeisten Kerne verraten dem Bilchfänger ihre Spur. Dann ist der Bilchfang auch kein schlechtes Geschäft, denn für das Stück des kleinen, aber weichen Fells werden von den Aufkäufern 3-4 Dinar, in Jahren, wo die Bilche rar sind, sogar mehr gezahlt. Die Felle gehen meist nach Wien, sind in Deutschland aber, namentlich im Leipziger Pelzhandel, so gut wie unbekannt. In Innlauf sah ich auf dem Hausboden eines Bilchfängers Hunderte von Bilchfellen zum Trocknen aufgehängt. Der Jäger erzählte mir begeistert vom Inventar und den Kunstgriffen des Bilchfangs. Das Hauptverbreitungsgebiet der Bilche sind die Göttenitzer und Morobitzer Gebirge, wo die Wälder besonders dicht und die Buchenbestände am reichsten sind. Aber nicht nur das Fell macht den Bilch begehrt, sondern auch sein Fleisch, das sehr saftig und schmackhaft sein soll. Bilchbraten ist den Gottscheern eine Lieblingsspeise. Übrigens hat schon das Altertum den Bilch wegen seines köstlichen Fleisches geschätzt. In Rom hielt man die Bilche in eigenen Käfigen, sog. "gliriaria", um sie für den Tisch der Reichen zu mästen.

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